Manchmal reicht es einfach nicht

  30.10.2020 Möhlin

Fasnachtzunft unterstützt Lebensmittelhilfe Aargau

Jeder Rappen zählt und die Fasnachtzunft Ryburg hatte vom Narrentreffen noch ein paar Franken übrig. Das Geld geht an die Organisation «Cartons du Coeur».

Ronny Wittenwiler

Bei Regenwetter folgte die Checkübergabe zugunsten derer, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Denn es gibt sie auch hier, wie Hans Oesch sagte: «Schicksale, die man in der reichen Schweiz kaum vermuten würde.» Die Rede ist von Menschen, bei denen es hinten und vorne nicht reicht fürs Leben, geschweige denn für Lebensmittel.

Dorthin, wo es nötig ist
Hans Oesch aus Magden steht im Einsatz für «Cartons du Coeur». 1993 ins Leben gerufen, in Neuenburg, versucht die Organisation, auf unbürokratische Weise mit Lieferungen von Lebensmitteln aktuelle Not zu lindern. Seit 1997 als Organisation auch im Aargau tätig, gehen «Lebensmittel dorthin, wo es gerade nötig ist», sagt Oesch. Ausgesteuerte, Arbeitslose, Kranke und «ja», sagt der 81-Jährige aus Magden, mit Blick auf seine rund zehnjährige Tätigkeit als ehrenamtlicher Helfer im unteren Fricktal: «Da gibt es Beispiele, da stehen einem die Haare zu Berge.»

Allein im Aargau verteilte «Cartons du Coeur» im vergangenen Jahr 80 Tonnen Lebensmittel. Oesch zeichnet mit anderen Helfern für die Verteilung im unteren Fricktal verantwortlich. Meistens würden Sozialämter, Pfarrämter oder schlicht auch Nachbarn mögliche Adressaten zutragen, «selten rufen Betroffene selbst an», sagt Oesch. Die Hemmschwelle ist gross.

Für einen guten Zweck
Von der Effektivität dieser prompten Hilfe war die Fasnachtzunft Ryburg (FZR) angetan. Vom 54. Internationalen Narrentreffen vergangenen Februar, das die Zunft als Gastgeber nach Möhlin geholt hatte, blieb noch ein bisschen Geld in der Schatulle. Zunftmeister Steve Krebs konkretisiert: «Beim offiziellen Empfang am Sonntagmorgen vor dem grossen Umzug ist es Tradition, dass die Vertreter der mitwirkenden Gruppen jeweils ein Geschenk mitbringen.» Die Zunft habe sich aber entschieden, statt Geschenken den einen oder anderen Geldbetrag entgegenzunehmen – um damit eben aktiv werden zu können für einen sozialen Zweck. Nachdem die Fasnachtzunft den zusammengekommenen Betrag selbst noch etwas nach oben frisiert hatte, ist am Ende eintausend Franken zustandegekommen. Der Vorschlag von Gemeindeammann Fredy Böni schliesslich, den Betrag «Cartons du Coeur» zukommen zu lassen, schien dem restlichen Organisationskomitee des Narrentreffens zu gefallen.

Dem Gemeindeammann wurde von Amtes wegen die Funktion als sogenannter Schirmherr des Narrentreffens zuteil, normalerweise sammelt er als Mitglied des Lions Club Fricktal Lebensmittel für «Cartons du Coeur». Nur dieses Jahr ist eben alles anders: wegen Corona, einmal mehr. Und auch Hans Oesch, der die Kisten mit den gespendeten Lebensmitteln jeweils an Familien und Einzelpersonen verteilt, kommt in diesem Jahr gerade mal auf sechs Auslieferungen – seit Februar werden stattdessen Gutscheine für Nahrungsmittel abgegeben, die betroffene Personen in Anspruch nehmen können. Eines aber, Ausnahmejahr 2020 hin oder her, ist gleich geblieben: Manchmal reicht es einfach nicht zum Leben. Hans Oesch weiss das aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit. Warum aber arbeitet er seit rund zehn Jahren für die Hilfsorganisation? «Ich bin gesund, mir ging es immer gut und ich hatte immer ein Auskommen. Ich möchte etwas weitergeben.»

Eine Aussage, so prompt und unkompliziert, wie die Hilfe selbst.


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