«Der Antisemitismus ist leider noch nicht verschwunden»

  30.10.2020 Olsberg

Ab dem 18. Jahrhundert durfte die jüdische Bevölkerung der Schweiz nur in den beiden Aargauer Gemeinden Endingen und Lengnau leben. Das Buch «Jüdischer Kulturraum Aargau» widmet sich dem Judentum im Aargau. Eine der Autorinnen ist Diemuth Königs aus Olsberg.

Valentin Zumsteg

Heute kann man sich das kaum mehr vorstellen, doch im 18. Jahrhundert gab es keine Niederlassungsfreiheit für die Jüdinnen und Juden in der Schweiz. Sie waren gezwungen, in den beiden Gemeinden Endingen und Lengnau im Surbtal zu leben. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts errangen die Schweizer Juden nach und nach die gleichen Rechte wie die übrige Bevölkerung. Viele von ihnen zogen dann in Schweizer Städte oder ins Ausland. Einige von ihnen machten Karriere in den USA. Aber Endingen und Lengnau blieben so etwas wie das «Rütli» der Schweizer Juden, wie es im neuen Buch «Jüdischer Kulturraum Aargau» heisst, das von Jacques Picard und Angela Bhend kürzlich herausgegeben wurde.

«Das Buch ist wichtig»
Zum über 40-köpfigen Autorenteam gehört Historikerin Diemuth Königs aus Olsberg, die 2016 das Buch «Juden im Fricktal – Geschichte einer Minderheit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert» veröffentlichte. Aufgrund dieses Werks ist sie für einen Beitrag im neuen Buch angefragt worden, wie sie erzählt. Die Mitarbeit bezeichnet sie als Ehre. «Aus meiner Sicht ist das Buch über den jüdischen Kulturraum Aargau sehr wichtig. Es gibt einen guten Überblick über das jüdische Leben im Kanton und es präsentiert sich facettenreich. Etwas Vergleichbares gab es bisher noch nicht», sagt Königs. Die Autorinnen und Autoren schreiben über den Alltag, die Emanzipation, die Bedrohungen in schweren Zeiten, aber auch über Erfolge der Schweizer Jüdinnen und Juden.

«Eine andere Sichtweise»
Gerade in der heutigen Zeit sei eine solche Publikation bedeutsam, findet Königs. «Wie wir alle wissen, ist der Antisemitismus leider noch nicht verschwunden. Vielleicht kann das Buch helfen, eine andere Sichtweise auf das Judentum und die Jüdinnen und Juden zu erhalten.»

In ihrem Beitrag befasst sich Königs mit dem Thema «Juden im mittelalterlichen Aargau». Sie konnte sich dabei auf ihr eigenes Buch sowie auf neue Archiv-Recherchen abstützen. «Im Fricktal lebten im Mittelalter einige Juden in Laufenburg und in Rheinfelden. Sie waren aber immer eine verschwindend kleine Minderheit. Es gab im Fricktal keine Synagoge. Wahrscheinlich haben sie in Privathäusern kleine Betstuben eingerichtet», erklärt Königs. Sie wünscht dem Buch, das sich an ein breites Publikum richtet, viele Leserinnen und Leser.

Mittlerweile befasst sich Diemuth Königs bereits mit einem neuen Thema. Bis in rund zwei Jahren soll ihr Buch über «Frauen in Rheinfelden» erscheinen.

Das Buch «Jüdischer Kulturraum Aargau» ist im Hier & Jetzt Verlag erschienen. Es umfasst zirka 720 Seiten und rund 160 Abbildungen.


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