«Der Lockdown war für mich zunächst ein riesiger Schock»

  30.09.2020 Persönlich, Sulz

Sarah Neuhaus strahlt viel Zuversicht aus

Vor zehn Jahren hat Sarah Neuhaus ihr Geschäft «hair and body» in Sulz eröffnet. Der Lockdown war eine Herausforderung. In der Freizeit spielt sie Querflöte und ist Präsidentin der Musikgesellschaft.

Dieter Deiss

Beim Besuch der NFZ sind es genau zehn Jahr her, seit Sarah Neuhaus ihr Geschäft «hair and body» im Büroteil des ehemaligen Sulzer Lagerhauses eröffnet hat. Schon beim Eintritt in den Vorraum sticht die geschmackvolle Einrichtung ins Auge und fallen die zahlreichen kleinen Geschenke auf, welche hier die Geschäftsbesitzerin zum Kauf anbietet. Auch im eigentlichen Coiffeursalon empfängt den Besucher eine warme Ambiance. Hier treffen wir eine viel Optimismus und Freude ausstrahlende Sarah Neuhaus.

Dass ihre grosse Liebe der Musik gehört, ist alles andere als zufällig, pflegen doch ihre Eltern ebenfalls dieses Hobby, ihr Vater als Schlagzeuger bei der Blasmusikkapelle Rhybuebe und ihre Mutter als Trompeterin bei der Musikgesellschaft Sulz. Für ihre Eltern sei es deshalb selbstverständlich gewesen, dass auch sie ein Musikinstrument spielen durfte. So lernte sie an der Musikschule Frick das Spiel der Querflöte, dem sie bis heute treu geblieben ist.

Sulz wurde zum Lebensmittelpunkt
Auf den ersten Blick mag es etwas erstaunen, dass die 35-jährige heimatberechtigte Zeiherin, die auch in Zeihen aufgewachsen ist, heute Beruf und Hobby in Sulz pflegt. Zufällig ist dies freilich nicht, denn ihre Mutter stammt aus Sulz und spielt trotz des Wohnortwechsels nach Zeihen weiterhin in der Musikgesellschaft Sulz mit. «In meiner Kindheit weilte ich oft bei meinen Sulzer Grosseltern in den Ferien», führt Sarah Neuhaus dazu aus und weiter: «Weil die Musikgesellschaft Sulz mir gefiel, trat ich denn auch diesem Verein bei.» Als dann 2010 ein Raum im Lagerhaus frei wurde, packte sie die Gelegenheit beim Schopf, mietete die Räumlichkeiten und verwirklichte damit ihren Traum vom eigenen Coiffeur- und Massagesalon sowie von der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Sulz wurde damit definitiv zu ihrem Lebensmittelpunkt.

Vor sechs Jahren suchte die MG Sulz dringend eine Präsidentin oder einen Präsidenten. Niemand zeigte an dieser Aufgabe Interesse. «Da ich damals bereits dem Vorstand angehört hatte, stellte ich mich mehr oder weniger gezwungenermassen in letzter Minute zur Verfügung», erzählt sie vom Anfang ihrer Präsidialzeit und fügt an: «Mir war jedoch von Beginn weg klar, dass ich nicht einfach eine Verlegenheitspräsidentin sein will. Ich hatte klare Vorstellungen über die Arbeit der MG Sulz und brachte denn auch meine Visionen ein.» Dies habe freilich nicht überall Begeisterungsstürme ausgelöst, im Gegenteil, es habe sich Widerstand geregt. Einzelne Mitglieder wollten nicht so richtig mitziehen. Offensichtlich habe sie die Leute mit ihren neuen Ideen überfordert, meint sie dazu. Der Widerstand war teilweise so gross, dass sie nach dem ersten Musikkonzert den Bettel hinschmeissen wollte. Seither habe sich aber das Blatt gewendet. Die Arbeit als Präsidentin mache ihr heute Freude, der Vorstand und die Mitglieder engagieren sich zusammen mit ihr.

Dem Lockdown getrotzt
Auf besondere Weise habe man die Zeit des Lockdowns überbrückt. So habe Dirigent André Schreyer wöchentlich allen Mitgliedern ein Video übermittelt, worin er ein Repertoirestück ausführlich kommentierte mit der Auflage, dass die Musikantinnen und Musikanten ihren Part entsprechend der Direktionsvorgabe üben. Auch der Vorstand kontaktierte seine Mitglieder jede Woche mit einem Video, worin besondere News und weitere interessante Dinge vermittelt wurden. Diese Massnahmen hätten dazu geführt, dass bereits an der ersten möglichen Probe nach dem Lockdown das Ensemble wieder vollzählig habe proben können, berichtet eine ganz offensichtlich zufriedene Präsidentin. Auch das am 28. November geplante Jahreskonzert werde stattfinden, wenn auch unter etwas speziellen Voraussetzungen. Dies ist typisch für Sarah Neuhaus, die sich von Unannehmlichkeiten nicht so leicht unterkriegen lässt.

Gezielte Nachwuchsförderung
Sorge bereitet Sarah Neuhaus das Nachwuchsproblem. Dass viele Jugendliche in der Musikschule kein Blasinstrument wählen, sei Teil dieses Problems. Sie macht auch keinen Hehl daraus, dass der gut geführte Turnverein, der die Jugendlichen mit dem Muki-Turnen bereits im Kleinkind-Alter abhole, eine starke Konkurrenz ist. Die MG Sulz arbeite jedoch intensiv an der Jugendförderung, so sei beispielsweise das «Chinderkonzärt» ein grosser Erfolg gewesen. Im Moment bereite der Verein ein Konzert mit den «Schlagzeugkindern» vor. Man habe nämlich festgestellt, dass es in Sulz etliche Schülerinnen und Schüler gibt, die Schlagzeugunterricht besuchen. So möchte man jetzt diesen einen speziellen öffentlichen Auftritt ermöglichen.

Die MG Sulz habe sich aber auch in der Auswahl der gespielten Literatur verändert. So verzichte man heute bewusst auf hochstehende, klassische Blasmusik und habe so den Weg zurück zum Einfachen gefunden. Mit schwierigen Konzertstücken seien die Mitglieder zumeist überfordert, zudem ziehe das Publikum Märsche, Polkas, Walzer und ähnliches vor. Es sei grundsätzlich falsch, wenn eine kleine Musikgesellschaft, wie dies Sulz ist, grosse Blasmusiken nachzuahmen versuche. Sarah Neuhaus strahlt grosse Zuversicht aus, dass sie mit den Sulzer Musikantinnen und Musikanten auf dem richtigen Weg ist. Neuerdings führt die Sulzer Präsidentin zudem noch das Sekretariat des Aargauischen Musikverbandes.

Plötzlich fehlten die Einnahmen
Sie war allerdings nicht nur mit ihrem Hobby vom Lockdown betroffen, auch bei ihrer beruflichen Tätigkeit. «Vom einen Tag auf den anderen stand ich plötzlich ohne jegliche Einnahmen da. Dies war für mich ein riesiger Schock», erzählt die gelernte Coiffeuse, der man nach Abschluss der Bezirksschule von dieser Berufslehre abgeraten hatte. Vergeblich habe sie deshalb eine Lehrstelle als Arztgehilfin gesucht und sei dann doch wieder zu ihrem Berufswunsch Coiffeuse zurückgekommen. Mit der Ausbildung zur Medizinischen Masseurin und später in Magglingen zur Sportmasseurin hat sie sich ein zweites Standbein geschaffen. Deshalb auch der Geschäftsname «hair and body».

Im vergangenen Lockdown sieht sie übrigens nicht nur Negatives, im Gegenteil meint sie: «Es tat auch einmal gut, für ein paar Wochen völlig abzuschalten.» Im Gegensatz zu anderen Bereichen habe sich ihr Unternehmen zudem rasch wieder erholt. Beim Coiffeurgeschäft gab es bei der Kundschaft einen grossen Nachholbedarf. Lediglich der Bereich Massage leide immer noch unter den Ängsten rund um das Corona-Virus. Die Arbeit sei heute zudem etwas aufwändiger, da bei ihrer Arbeit zahlreiche Schutzmassnahmen zu beachten sind. Die Kundschaft, aber auch sie selber, gewöhne sich aber rasch daran. Vieles sei heute schon selbstverständlich, meint eine initiative und zuversichtliche Sarah Neuhaus.


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