Vom Schweinehändler zum Wirt, Bierbrauer, und grössten Grundbesitzer im Fricktal

  03.08.2020 Fricktal

Zum 250. Geburtstag von Franz Joseph Dietschy (1770 – 1842)

Der 250. Geburtstag – nein, damit ist weder der Komponist Ludwig van Beethoven (1770–1827), noch der Philosoph Friedrich Hegel (1770–1831) noch der Dichter Friedrich Hölderlin (1770–1843) gemeint, sondern ein Bürger der Stadt Rheinfelden, verheiratet mit einer Wittnauerin.

Rudolf Hofer

Am 19. März 1770 kam Franz Joseph Dietschy in Pfaffenberg (heute Zell im Wiesental D) zur Welt. Seine Eltern waren Kleinbauern und der Vater starb früh. So zog er mit der Mutter und seinem Bruder Michael um 1790 nach Rheinfelden. Trotz kriegerischen Zeiten verdiente er als Schweinehändler genügend, um sich zwei Jahre später in Rheinfelden als Bürger einzukaufen. Neben dem Betrag von 125 Gulden hatte er 2 Feuereimer zu stellen und 3 Eichen zu pflanzen. Zu dieser Zeit besass er schon ein Vermögen von 12 000 Gulden. (Für 1 Gulden = 60 Kreuzer bekam man um 1800 rund 6 kg Brot oder 3 kg Fleisch).

Durch Fleiss und Tüchtigkeit vermehrte er sein Vermögen und kaufte am oberen Tor der Stadt ein Haus für 28 000 Gulden.

Schwierige Zeiten
Die Zeiten waren unsicher, Teuerung, Missernten, Rechtsunsicherheit, Geldverschlechterung, ansteckende Krankheiten und fremde Truppen machten viele mutlos. So auch den damaligen Salmenwirt. Am 4. April 1799 verkaufte er das Wirtshaus «Zum Salmen» samt Bräugerechtigkeit für 11 000 Gulden an Dietschy. Um gegen den alten Zunftgeist gewappnet zu sein, erwarb er einen Meisterbrief der Brauerzunft der Stadt Fridingen an der Donau (nahe der Stadt Tuttlingen). Am Anfang stellte er rund 1050 Hektoliter Bier her und verkaufte es auch an Wirte in der näheren Umgebung. Gebraut wurde im Winter und Frühling, denn das Bier konnte für den Sommer noch nicht gekühlt werden. Auch galt das Bier damals als modern und luxuriös, da man zuvor praktisch nur Wein, meist verdünnt, trank. Dietschy schenkte im Sommer und Herbst Wein aus, um im Winter und Frühling sein Bier zu verkaufen. Wenn das Weinjahr schlecht war, braute er umso mehr Bier. Das Restaurant «Salmen» wurde zum Treffpunkt aller Stände.

Da es noch keine Banken gab, legte Dietschy seine Ersparnisse in Grundbesitz an. So kaufte er 1813 die Johanniterkomturei in der Altstadt am Rhein, der Orden wurde 1806 auf Geheiss der Franzosen verboten und aufgelöst. Der Landwirtschaftsbetrieb bewirtschaftete seine zahlreichen Acker- und Wiesenflächen. Namentlich in der Kloos kaufte er soviel Land zusammen, dass ein zusammenhängender Grundbesitz entstand. Gegen Ende seines Lebens war er der grösste Grundbesitzer im Fricktal. Dazu gehörten auch Waldpartien in den umliegenden Gemeinden, wo er der Jagd frönte.

«Schwiegereltern» verweigern Heirat
Franz Josef Dietschy war fest im Familiensinn und der Religion verwurzelt. So stiftete er einen Betrag zur Renovation eines Kreuzes in Pfaffenberg. Anna Maria Tschudin aus Wittnau, die er gerne heiraten wollte, wurde ihm von ihren Eltern verweigert. So heiratete er 1795 die 17-jährige Walburga Crescentia Leo aus Säckingen. Doch beide Töchter starben mit 6 und 10 Jahren. Bei der Geburt seiner zweiten Tochter 1800 starb auch seine Frau am Kindbettsfieber. Anna Maria Tschudin war ebenfalls verheiratet und mit 25 Jahren wieder Witwe. So kam es zur Hochzeit der beiden Witleute. Die Ehe war mit acht Kindern gesegnet, von denen aber sechs im Jugendalter starben. Nur der Sohn Alois und die Tochter Marie überlebten ihren Vater. Die Mutter starb 1826 mit 52 Jahren. Um ihrer Krankheit helfen zu können, liess er am rechten Brückenkopf auf deutscher Seite ein Haus im italienischen Stil mit Balkonen Richtung Süden erbauen, das Salmegg. Doch vor der Vollendung starb seine Frau und das Haus wurde von Dietschy nie benutzt. 1840 kaufte er das Nachbarhaus des Salmen, das Haus «zur Sonne». Es ist das heutige «Fricktaler Museum».

Rheinfelden war um 1800 in alten Traditionen festgefahren. Das Zunftwesen wurde gepf legt, auch wenn es am Bröckeln war. Industrie oder andere grössere Betriebe fehlten. Durch die napoleonischen Kriege war der Finanzhaushalt der Stadt in Unordnung geraten. Franz Josef Dietschy wurde immer wieder um Rat gefragt. Auch half er mit Darlehen verschiedenen Gemeinwesen.

Stadtammann und Grossrat mit wenig Schulbildung
So verwundert es nicht, dass er 1814 in den Stadtrat gewählt wurde und von 1821 bis 1838 Stadtammann war. Von 1816 bis 1842 sass er als Grossrat im kantonalen Parlament. Er, der als Jugendlicher nur eine ungenügende Schulbildung bekam, setzte sich für die Bildung ein. Aus eigenen Mitteln richtete er 1830 eine Stiftung für die Mädchen-Arbeitsschule «… zur Anschaffung der nothwendigen kleinen Werkzeuge. Hiebey bestimme ich ausdrücklich, dass kein Unterschied dieser Kinder in Hinsicht auf ihre Ab- und Herkunft beachtet werden soll.» Energisch setzt er sich für eine «Obere Sekundarschule» ein, die 1831 gegründet wurde und 4 Jahre später wie im ganzen Kanton in Bezirksschule umgetauft wurde.

Im Grossen Rat fehlte er nie und meldete sich immer wieder zu Wort. Als 1840 eine Eisenbahnlinie von Zürich nach Basel diskutiert wurde, stellte sich heraus, dass er der einzige Grossrat war, der jemals eine Eisenbahnfahrt im Elsass gemacht hatte. Am 26. August 1842 starb Franz Josef Dietschy an einem Herzschlag in Bad Schinznach, wo er zur Kur weilte.

Quellen: Franz Joseph Dietschy, Verein für wirtschaftshistorische Studien, Zürich, Band 15, 1964 Franz Joseph Dietschy und seine Zeit, Vom Jura zum Schwarzwald, Badisch-Fricktalische Vereinigung für Heimatkunde, Bände 9, 1934 und 10, 1935 Ansichtskarte und Briefe im Besitz des Autors.


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