tierisch mitgehört(h)

  14.07.2020 Kolumne

Jägerin auf Samtpfoten

Susanne Hörth

«Sie hat es schon wieder getan», stöhnte meine Bekannte. Der Ekel in ihrer Stimme lässt mich gleich erahnen, um was es geht. Um halbierte Fische, Innereien von Mäusen, haufenweise Federn, löchrige Einzelteile von Blindschleichen und mehr. Um all diese Beutetiere tut es mir im Herzen leid. Mitleid empfinde ich aber auch für meine Freundin. Muss sie doch regelmässig die Mahlzeitenreste ihres Büsis im Wohnzimmer wegputzen. Warum macht sie das bloss, will die Katzenbesitzerin wissen. «Ich gebe ihr doch genug zu fressen. Übrigens stets gutes und teures Futter.» Während wir darüber diskutieren, was gegen den Jagdtrieb ihres Kätzchens helfen könnte, marschiert dieses mit hocherhobenem Haupt ins Wohnzimmer. Ihre um Aufmerksamkeit gurrende Laute gehen in dem Ding, welches sie im Maul trägt, etwas unter. «Nicht schon wieder…!». Der genervte Aufschrei meiner Kollegin geht in einem Lachen unter. Das Büsi legt stolz ein gelb-weiss gestricktes Puppensöckchen vor uns hin. Nach ein paar lobenden Worten ihrer Besitzerin verzieht sich die Jägerin in die Küche und macht sich dort über ihr teures Futter aus der Dose her. «Jetzt weiss ich, was ich künftig machen werde. Ich stricke fedrige Vögel, glitschige Fische und kuschlige Mäuschen. Dann verstecke ich sie draussen im Garten. Gut gell!» Tja, ein Versuch ist es sicher wert.


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