«Eine isolierte Betrachtung macht keinen Sinn»

  24.07.2020 Möhlin

Nachdem die Grünen Möhlin und Rheinfelden die Option ins Feld geworfen haben, beim Bahnhof Möhlin mit einer Mittelschule, dafür aber ohne zusätzlichen Wohnraum zu planen, winken die Gemeinden Möhlin und Rheinfelden ab.

Ronny Wittenwiler

Am 3. September sollen für das Gebiet nördlich des Bahnhofs Möhlin die Weichen gestellt werden. Dann befinden die Stimmberechtigten an den Gemeindeversammlungen in Möhlin und Rheinfelden gleichzeitig über den Verpflichtungskredit von rund 500 000 Franken für die Testplanung dieses Entwicklungsgebiets (die NFZ berichtete).

Kein weiterer Wohnraum
«Der Plan, hier eine Kantonsschule anzusiedeln, stiess auf Zustimmung», liessen die beiden Grünen-Parteien aus Rheinfelden und Möhlin kürzlich in einer gemeinsamen Mitteilung verlauten. Soweit, so gut. Auf horchen liess das Papier inmitten der Sommerferien aber trotzdem, und das aufgrund des folgenden Statements: «Skeptischer zeigen sich die Grünen gegenüber der Wohnüberbauung des Areals, insbesondere wenn bei einem Wegfall der Kantonsschule mit einem Wachstum von bis zu 2000 neuen Einwohnern zu rechnen ist.» Diese Skepsis bringen die Grünen mit einem Planspiel zum Ausdruck, das bislang nirgends auf der Agenda gestanden war: nämlich eine dritte Variante, wie das Areal im Grenzgebiet zwischen Möhlin und Rheinfelden entwickelt werden könne. «Momentan wird bei der Testplanung von zwei Varianten ausgegangen», hielten die Grünen (richtigerweise) fest: «Eine Variante mit Wohnüberbauung und Mittelschule, eine mit Wohnüberbauung ohne Mittelschule.» Die Grünen wollen allerdings, dass der Souverän am 3. September über eine weitere Option abstimmen kann: eine Testplanung mit nur einer Mittelschule – ohne Wohnüberbauung. Ihr Begehren machten die Grünen nicht bloss via Medienmitteilung publik, sie richteten es auch schriftlich an die zuständigen Behörden von Rheinfelden und Möhlin. Dort ist die Begeisterung für diese dritte Variante – gelinde gesagt – weniger gross als bei den Grünen selbst. Das zeigt sich anhand der Reaktionen.

Behörden sehen Vorschlag kritisch
«Eine isolierte Betrachtung, die sich beispielsweise nur auf die Planung einer Mittelschule beschränkt, macht aus unserer Sicht keinen Sinn», hält der Gemeinderat Möhlin jetzt fest und erklärt das so: «Die Gemeinden Möhlin und Rheinfelden planen gemeinsam, das Areal nördlich des Bahnhofs Möhlin zu entwickeln. Aufgrund der hohen Standortgunst eignet sich dieses Areal für verschiedene Nutzungen. Die Entwicklung findet nicht morgen statt, sondern wird sich über die nächsten zehn bis zwanzig Jahre, wenn nicht länger, hinziehen. Die Gemeinden möchten die Zukunft weitsichtig planen. Das erfordert eine Gesamtsicht auf das Areal. So sollen die Synergien, die zwischen Wohnnutzungen, dienstleistungsorientierten und gewerblichen Arbeitsplätzen, Freizeitund Versorgungsangeboten, aber auch einer potenziellen Mittelschule entstehen können, untersucht werden.» Ähnliche Signale sendet die Stadt Rheinfelden: «Für eine weitsichtige Entwicklung des Areals nördlich des Bahnhofes Möhlin ist aus verschiedenen Gründen in jedem Fall eine Testplanung anzustreben», hält Stadtschreiber Roger Erdin in einer Antwort an die Grünen Rheinfelden fest, die der NFZ ebenfalls vorliegt. Und weiter: «Mit der Testplanung können wir nach heutigen Erkenntnissen und nach bestem Wissen und Gewissen Lösungen finden, welche auch für die Siedlungsentwicklungen kommender Generationen tauglich sind. Deshalb kann sich die Testplanung nicht nur auf jene Fläche beschränken, welche für die Mittelschule benötigt wird.»

Verweis auf andere Steuerungsinstrumente
Dass die Grünen mit ihrer Variante, die Testplanung einzig auf die Mittelschule legen zu wollen, dem Bevölkerungswachstum an diesem Entwicklungsschwerpunkt eine Absage erteilen, liegt auf der Hand. Hierzu hält die Stadt Rheinfelden fest: «Die Testplanung vor diesem Hintergrund zu stoppen oder zu ‹reduzieren›, würde einer weitsichtigen Raumplanungstätigkeit widersprechen. Wenn die Gemeindeversammlung das Siedlungswachstum lenken will, tut sie dies über die eigentliche Beschlussfassung zur Nutzungsplanung, sprich den Beschluss über Neueinzonungen.» Bereits an einer öffentlichen Informationsveranstaltung vergangenen Oktober wiesen die Behörden auf diesen Punkt hin. Rheinfeldens Stadtbaumeister Urs Affolter betonte damals, die Kadenz der baulichen Entwicklung liege in den Händen der Stimmbürger, wobei die Gemeindeversammlung immer wieder Entscheide zu fällen habe, zumal eine Arealentwicklung zwingend eine Teilzonenplanänderung voraussetze. «Die Teilzonenplanänderung erfolgt in den beiden Gemeinden parallel», erklärte damals Möhlins Gemeindeammann Fredy Böni. Das allerdings wäre erst ein übernächster Schritt – im Jahr 2023. Ironie der Geschichte: Noch vor dem ersten öffentlichen Informationsanlass im Oktober 2019 erklärte Rheinfeldens Stadtammann mit einem Augenzwinkern an einer Medienorientierung: «Das Spezielle an diesem Gebiet: Es betrifft zwei grosse Gemeinden, die bislang noch nicht so viel Erfahrung hatten in der Zusammenarbeit.» Noch konnte niemand wissen, dass auch die beiden Grüne-Parteien einen Schulterschluss vollziehen würden.

Im Hinblick auf die Testplanung fanden diverse Workshops zum Entwicklungsgebiet statt. In diesen Workshops waren Bevölkerung, Parteien, Gewerbetreibende und Interessengruppen eingeladen, mitzuwirken. Die Resultate dieses Partizipationsprozesses sind nun auf den Webseiten der Gemeinden Möhlin und Rheinfelden einsehbar.


Darum geht es in der Testplanung

Die Testplanung soll den beiden Gemeinden Rheinfelden und Möhlin Aufschluss geben über das Entwicklungspotenzial auf dem 12,5 Hektaren grossen Gebiet nördlich des Bahnhofs Möhlin. Dieses Gebiet, teils auf Rheinfelder und teils auf Möhliner Boden, ist im Richtplan als Entwicklungsschwerpunkt von kantonaler Bedeutung und als Wohnschwerpunkt eingetragen. Neben den Gemeinden Möhlin und Rheinfelden würde sich die Schweizer Salinen AG, mit Abstand grösste Landeigentümerin, zu gleichen Teilen am Kredit für die Testplanung beteiligen. (rw)


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote