Schleichend in die Vergessenheit

  21.06.2020 Schwaderloch

Eine Hommage an den Männerchor Schwaderloch

2019 konnte der Männerchor Schwaderloch auf sein 150-jähriges Bestehen zurückblicken. Die Singstimmen sind jedoch schon länger verstummt.

Bernadette Zaniolo

Der Männerchor Schwaderloch konnte 2019 auf sein 150-jähriges Bestehen zurückblicken. 1869 wurde die erste Vereinsfahne angeschafft. «Seither war der Verein für viele Sänger und Dirigenten ein Hort, wo man sang, Geselligkeit übte, an Auftritten und Veranstaltungen teilnahm und gemeinsam Reisen unternahm», heisst es im Bericht zur diesjährigen Generalversammlung. Zudem: «Der Männerchor Schwaderloch hatte beim Fricktalischen Sängerbund einen sehr guten Namen und seine Darbietungen an Wettsingen und Festen wurden sehr oft mit Goldlorbeeren und speziellen Erwähnungen gekrönt.»

Doch das war einmal. Mittlerweile ist der Verein markant geschrumpft. Ein Dirigent fehlt und Auftritte sind nicht mehr möglich. Die verbleibenden Mitglieder treffen sich aber ab und zu bei einem geselligen Hock, bei dem man gerne über Vergangenes und Aktuelles spricht. Gemäss Aktuar Alfons Knecht, der schon 50 Jahre im Chor ist, feierte der Männerchor unter dem Stab des Schwaderlocher Lehrers Oswald Müller und Roman Näf aus Döttingen «sehr gute Erfolge». Sie sind ihm als «ehrgeizig», im positiven Sinne, in Erinnerung.

In seinen besten Jahren zählte der Verein 24 aktive Sänger und dies über eine längere Zeit. «Früher war es eine Ehre, immer in die Probe zu gehen», verrät Knecht. In jener Zeit war es auch Gebrauch, dass man am Son ntag nach m ittag ü bte. Das Stammlokal war das «Central», welches seine Türen schon seit längerem geschlossen hat.

Ein Stück Dorfkultur geht verloren
Der Niedergang hat laut Knecht in den 1990er-Jahren begonnen. «Singen war nicht mehr populär», sagt er etwas wehmütig. Aktuell zählt der Verein noch sieben Mitglieder. Dies sind Ehrenpräsident Heinz-Peter Eckert (1965 bis 1973 Aktuar und ab 1974 bis 1994 Präsident), «Jüngling» Beat Erdin, Niklaus Jehle, Alfons Knecht (Aktuar), Erwin Schmid (Präsident), Armin Treier und Hermann Vögeli (Ehrenmitglied). Vögeli feiert morgen Samstag den 90. Geburtstag; er ist das älteste Mitglied. Der letzte Dirigent, Hans-Peter Kressig aus Laufenburg, musste den Stab aus gesundheitlichen Gründen 2016 niederlegen. Er nimmt jedoch noch heute gerne an den Treffen der Sängerkollegen teil.

Das grosse Sängertreffen und weitere Höhepunkte
1969 wurde das 100-jährige Bestehen des Männerchors Schwaderloch mit einem grossen Sängertreffen gefeiert. Die zweite Fahne, welche der Verein seit 1947 hatte, kostete 1280 Franken. 1979 wurde beschlossen, eine neue Fahne anzuschaffen. Die Weihe fand 1986 mit einem Sängertag in Schwaderloch statt. Die Anschaffung der dritten Fahne kostete 6500 Franken. 1994 wurde das 125-Jahre-Jubiläum mit einem Festakt mit den Dorfvereinen gefeiert; die Dorfvereine schenkten den Sängern neue Krawatten.

Über viele Jahre hinweg pflegte der Männerchor Schwaderloch auch die Theatertradition. Früher fanden die Aufführungen im Bahnhofsaal statt. Nach der Turnhalleneröffnung 1975 wurde die Theatertradition wieder aufgenommen, bis 2007. Seit dann läuft dies unter der Regie einer Theatergruppe. Der Männerchor hatte jedoch immer mal wieder Auftritte, sei dies an Geburtstagen oder an Kirchenkonzerten in Schwaderloch (2008 und 2010).

Brücke zu den Jungen fehlt
Seit der Dirigenten-Posten verwaist ist, sind die einst gewaltig erklingenden Männerstimmen «verstummt». «Uns fehlt die Brücke zu den Jungen», hält Alfons Knecht gegenüber der NFZ fest. Der Verein «läuft sich aus» sind sich Knecht und seine Männerchorkollegen bewusst. Doch «Trübsal» wird bei den sieben Mitgliedern nicht geblasen. «Wir freuen uns auf den nächsten Hock auf dem Campingplatz», so der Aktuar. Dann und an jährlich zirka drei weiteren Treffen ist «gemütliches Höckle» angesagt, an welchen auch der ehemalige Dirigent Hans-Peter Kressig – je nach gesundheitlichem Befinden – teilnimmt.


Dirigenten, Ehrenmitglieder und Präsidenten

Zu den Ehrenmitgliedern gehören Heinz-Peter Eckert (seit 1992 Ehrenpräsident), Hermann Vögeli (Kassier von 1957 bis 1974), Otto Knecht, Willi Gurzeler und Oswald Müller. Den Stab führte bis 1980 der ehemalige Lehrer Oswald Müller. Als Übergangsdirigent bis zur Ablösung durch Fritz Fehr im 1982 wirkte Stellvertreter Ekkehard Zimmermann. Ab 1984 wirkte Roman Näf, 2002/2003 Hermann Geugis und 2004/2006 Florin Farcas. Ihm folgten Hans-Peter Weber (August 2006) und Hans-Peter Kressig (bis 2016). Paul Knecht präsidierte den Verein von 1961 bis 1973, von 1974 bis 1994 war es Heinz-Peter Eckert (er war zuvor von 1965 bis 1973 Aktuar). Von 1995 bis 2000 hatte Erwin Schmid das Präsidium inne und in den Jahren 2001 und 2002 übernahm der frühere Kassier (1980 bis 1984) Ekkehard Zimmermann die Vereinsführung; ihm folgte Marcel Peterhans (2003 bis 2007). Danach übernahm Erwin Schmid wieder und leitet den Verein noch heute. «Trotz starker beruflicher Engagements nimmt er sich immer wieder Zeit für den Verein», verrät Vorstandskollege Alfons Knecht der NFZ. (bz)


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