Kordia, Regina und Grace Star werden reif

  09.06.2020 Fricktal, Natur

Überall im Fricktal findet man Kirschenpflücker und Kirschenpflückerinnen im Einsatz. Sie holen die süssen Früchte von den Bäumen und leisten damit Vorarbeit, dass viele Leute sich daran freuen können. Die Neue Fricktaler Zeitung besuchte drei von ihnen.

Hans Zemp

Das schöne Wetter bis Anfang Juni hat dazu beigetragen, dass die Kirschen gereift sind. Wegen des Kälteeinbruchs reifen sie momentan etwas langsamer weiter. Viel Vorarbeit war zu leisten, dass diese beliebten Früchte in ihrer vollen Pracht genossen werden können. Wie André Steinacher aus Schupfart zeigt, ist es heute vorteilhaft, wenn Anlagen mit Insektennetzen überspannt werden. Auf diese Art werden nicht nur Hagelschäden vermieden, viel wichtiger ist das Fernhalten der Kirschessigfliege, der Drosophila Suzukii, die vor allem in der zweiten Hälfte der Kirschenerntezeit massiv auftreten kann. Daneben sind aber auch Bewässerungsvorrichtungen – Steinacher braucht für die Bewässerung je nach Jahr 400 bis 1000 Kubikmeter Wasser – und an einigen Orten Schutz gegen Kälte im Frühjahr zu organisieren. Die Erstellung meiner Anlage von einer Hektare Grösse koste ihn etwa 150 000 Franken, sagt André Steinacher.

Für das Einnetzen einer Anlage stehen drei bis vier Leute gut eine Woche im Einsatz. Gegen Kälte werden Paraffinkerzen verwendet. Diese kosten André Steinacher pro Jahr gut und gerne 10 000 Franken. Adrian Schreiber aus Wegenstetten und Martin Bürgi aus Magden haben gegen Frost keine ähnlichen Einrichtungen eingesetzt, aber ihre Tafelkirschenanlagen ebenfalls eingenetzt. Martin Bürgi sagt, er habe das System zum «schnellen Decken» gegen den Frost nicht.

Gross müssen die Tafelkirschen heute sein
Damit die Erträge möglichst nahe an die Erwartungen gebracht werden können, werden heute teilweise Wildbienen in die Anlagen einlogiert. Sie sind zwar ebenfalls varroaanfällig (die Varroa ist eine für Bienen schädliche Milbe, die wegen des milden Winters heuer bereits aktiv ist), leisten aber einen sehr nützlichen Beitrag in der Anlage. In diesem Jahr liegen die Erträge im Fricktal wegen der Kälte am 24. März bei ungefähr 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Ausfall ist sortenabhängig.

Der Tafelkirschenmarkt will heute grosse Tafelkirschen, solche, die 24 Millimeter und mehr Durchmesser haben, wie dies beispielsweise die Sorten Kordia oder Regina bringen. Was kleiner ist oder die Festigkeit nicht besitzt, geht mehrheitlich in die Biogasanlage oder wird für den Konsumationsmarkt von den Grossisten nicht mehr übernommen. Der Privatverkauf wirkt hier zum Teil etwas korrigierend. André Steinacher und Martin Bürgi erwarten gesamthaft je etwa zehn Tonnen Tafelkirschen, Adrian Schreiber weniger. Gepflückt werden die edlen Früchte bei allen drei besuchten Landwirten von Familienmitgliedern, Freunden, Rentnern. In Schupfart stehen auch Polen im Team. Was nicht selber direkt vermarktet werden kann, geht zur Landi nach Eiken und von dort zur Kalibrierung und Aussortierung und Aufbereitung nach Sursee, bevor die Früchte im Coop oder in der Migros zum Verkauf aufgestellt werden. Gesamtschweizerisch werden in diesem Jahr rund 2200 Tonnen Tafelkirschen erwartet. «In den Kalenderwochen 26 und 27 werden die grossen Kirschenwochen sein», prognostiziert der in Magden beinahe letzte Bauer mit Kirschenproduktion, Martin Bürgi.

In Wegenstetten brauchen die Kirschen noch etwa zwei Wochen bis zur Reife. In der Anlage der Familie Schreiber trifft man je nach Sorte sehr stark behangene Bäume, aber auch solche, die nicht viel an den Zweigen haben. Schreiber vermarktet ebenfalls via Landi.

Konservenkirschen wachsen meist auf Hochstammbäumen
Alle drei von der NFZ besuchten Bauern haben noch Hochstammbäume und gewinnen von diesen Konservenkirschen oder führen die Früchte der Kirschherstellung zu. Diese von den Kirschenpf lückern nicht so geliebten Hochstammbäume werden oft auch aus Naturschutzgründen gepflegt. Adrian Schreiber hat eine «Schüttelkirschenanlage» mit 35 Hochstammbäumen. Martin Bürgi hat 400 Hochstammbäume, die alle «von Hand» geerntet werden. Die Kirschen der Hochstammbäume sind für den «Frischspeisemarkt» zu klein.

Und es ist halt schon so: Wer echt frische, gute Qualität geniessen will, holt sich die süssen Früchte direkt auf dem Hof. Dort wo Hofverkauf ist, ist auch ein fairer Preis garantiert. Nach rund sechs bis sieben Wochen ist die Kirschenernte in diesem Jahr wieder Vergangenheit.


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