«Es läuft gar nichts»

  22.05.2020 Fricktal

Zwangspause für Künstler: das Ende ist nicht absehbar

Für viele geht der Alltag nach dem Corona-Lockdown langsam wieder los. Gewisse Berufsgruppen sehen noch immer kein Licht am Ende des Tunnels. So zum Beispiel Sängerinnen, Musiker und Veranstaltungstechniker.

Janine Tschopp

«Wir waren daran, die Bühne im Musicaltheater für die Abendshow einzurichten. Dann kam die Meldung, dass die Veranstaltung nicht stattfinden würde. So eine Situation gab es noch nie», erinnert sich Tobias Degen. Seit Ende Februar wäre der Rheinfelder Eventtechniker auf Tour mit dem Cabaret-Duo «Divertimento». Am 28. Februar, am Tag, an welchem die Tour starten sollte, verbot der Bundesrat bis vorerst Mitte März Veranstaltungen ab 1000 Personen. In der Zwischenzeit wurde das Veranstaltungsverbot ab 1000 Personen bis Ende August verlängert. Tobias Degen vermutet, dass dieses Jahr keine Grossveranstaltungen mehr durchgeführt werden können.

Auch viele andere Anlässe, die der Veranstaltungstechniker üblicherweise betreut, wurden abgesagt. So zum Beispiel das Konzert der Stadtmusik und die Kulturnacht in Rheinfelden sowie viele Messen und Generalversammlungen. «Ich hoffe, dass das Versammlungsverbot bald gelockert wird, und ich kleinere Projekte wieder in Angriff nehmen kann.»

«Es ist alles ausgefallen»
Auch Leila Pfister hatte in letzter Zeit mehr Freizeit als ihr lieb war. «Es ist alles ausgefallen», sagt die Mezzosopranistin, welche bei «Die lustigen Weiber von Windsor» als Frau Reich eine Hauptrolle verkörperte. «Ich kann mir vorstellen, dass es sicher noch ein Jahr dauern wird, bis grosse Veranstaltungen wieder stattfinden können», sagt die in Möhlin aufgewachsene Sängerin. Sie habe «probiert», digitalen Gesangsunterricht zu geben. «Ich finde, das funktioniert nur dann, wenn man den Schüler oder die Schülerin sehr gut kennt. Ansonsten ist es sehr schwierig», findet Leila Pfister. Da ihre Tochter noch klein ist, hat sie für die letzten Monate nur wenige Engagements angenommen. Sie kennt jedoch viele Berufskolleginnen und -kollegen, die aufgrund der Krise zahlreiche Projekte verloren haben. «Es ist extrem, wenn alles ausfällt. Insbesondere fiel auch die Osterzeit darunter, die wie Weihnachten zu den Zeiten gehört, in welchen klassische Musiker und Sänger normalerweise sehr viel zu tun haben.»

«Wir warten ab, was jetzt passiert»
Roman Roth aus Möhlin erlebt ebenfalls eine sehr ruhige Zeit. «Es läuft gar nichts», sagt er. Üblicherweise erhält der «Simply Red»-Schlagzeuger, wenn er nicht gerade auf Tour ist, regelmässig Anfragen, bei verschiedenen Bands einzuspringen.

Die grosse mehrmonatige Tournee mit der britischen Musikgruppe «Simply Red» soll eigentlich am 6. Oktober in Newcastle starten. «Ich persönlich gehe nicht davon aus, dass wir dann auf Tour gehen können», sagt Roman Roth und erzählt, dass er selber momentan auch Mühe damit hätte, mit 10000 bis 15 000 anderen Menschen Kopf an Kopf in einem Konzertsaal zu stehen.

«Wir müssen abwarten, was passiert. Wenn es bald ein Medikament gibt, das gut wirkt, und man das Coronavirus wie eine normale Grippe behandeln könnte, wären die Leute wieder eher bereit, grosse Veranstaltungen zu besuchen», ist Roth überzeugt. Klar ist, dass sich viele Künstler noch lange in Geduld üben müssen, bis sie das nächste Mal vor grossem Publikum auftreten dürfen. Roman Roth, der es gewohnt ist, vor mehreren tausend Leuten zu spielen, sagt: «Ich freue mich, das nächste Mal auf der Bühne zu sitzen.» Wann dies der Fall sein wird, weiss niemand.


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