Ein Tier im falschen Licht?

  07.05.2020 Natur, Wegenstetten

Die Fledermaus, eine Königin der Nacht, war zuletzt in aller Munde. War sie der Auslöser der Sars-Cov2-Pandemie? Wie sieht es aus mit unseren einheimischen Fledermäusen? Vielleicht ist es Zeit für eine Ehrenrettung. Obschon, so sagt der Kantonale Fledermausschutz-Beauftragte Andres Beck: das Image der Fledermaus habe nicht gelitten. Unser Bild zeigt die Grosse Hufeisennase. Von ihr lebt eine Kolonie in Wegenstetten – und sie tut niemandem etwas. (rw)


«Der Mensch ist das Problem»

Unsere Fledermäuse sind keine Gefahr für die Gesundheit

Als Kantonaler Fledermausschutz-Beauftragter beschäftigt sich Andres Beck intensiv mit diesen Tieren. Dass er mit dem «Umgang» dieses Wildtiers in China mehr als bloss seine liebe Mühe hat – daraus macht er keinen Hehl.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Andres Beck, könnte auch die Grosse Hufeisennase, wie sie in Wegenstetten vorkommt, Träger jenes Coronavirus’ sein, das auf den Menschen übergesprungen ist?
Andres Beck:
Nein. Es wurde Kot von dieser Kolonie gesammelt und analysiert und es wurde rein gar nichts an gefährlichen Viren gefunden. Auch in den Fricktaler Fledermauskolonien des Grossen Mausohrs in Sulz, Wegenstetten und Zuzgen wurde nichts gefunden und auch nicht bei den Wasserf ledermäusen in Eiken.

Ferien in der alten Trotte stellen also kein Gesundheitsrisiko dar.
Jawohl, das ist absolut kein Problem. Zudem befinden sich die Tiere im Dachstock, wo keine Gäste hinkommen.

Wie oft wurden Sie in den letzten zwei, drei Monaten mit solchen und ähnlichen Corona-bezogenen Fragen konfrontiert?
Unerwartet selten. Etwa drei, vier Hausbesitzer mit Fledermäusen haben sich gemeldet.

Hat das Image der Fledermaus unter Corona gelitten?
Fledermäuse geniessen bei uns eine hohe Sympathie. Man könnte endlos Exkursionen und Vorträge anbieten. Zudem sind wir eine aufgeklärte und gebildete Gesellschaft, die sich informiert. Den meisten dürfte klar sein, dass man Tiere nicht ohne Handschuhe anfasst oder sie gleich «fressen» soll. Das Problem sind die Chinesen. Das Image der Fledermaus dürfte bei uns nicht gelitten haben. Den meisten ist vermutlich klar, dass das Problem der Mensch selber ist.


Blick übers Fricktal hinaus

Bei seinen Angaben zu den Fricktaler Fledermauskolonien verweist Andres Beck auf ein 2019 lanciertes Projekt der Vetsuisse Fakultät (Universität Zürich) in Zusammenarbeit mit der Stiftung Fledermausschutz. Projektleiter ist Prof. Dr. Cornel Fraefel. Das Projekt untersucht einheimische Fledermausarten auf Viren. In einer aktuellen Mitteilung schreibt die Stiftung: «Es sind noch keine abschliessenden Resultate vorhanden. Grundsätzlich sind Fledermäuse aber Träger vieler verschiedener Viren, einschliesslich spezifischer Fledermaus-Coronaviren. Gemäss Prof. Fraefel dürften deshalb auch bei unseren einheimischen Fledermausarten Coronaviren auftreten. SARS-Cov2 wurde bisher trotz mehrerer Tausend Proben bei einheimischen Arten jedoch nicht nachgewiesen.» Die aktuelle Coronavirus-Pandemie habe nichts mit unseren einheimischen Fledermausarten zu tun, kommen Fachleute zum Schluss.

Eine Öko-Dienstleisterin
Fledermäuse sind bedroht und deshalb bundesrechtlich und in ganz Europa geschützt. Die Stiftung Fledermausschutz schreibt: «Sie begeistern uns nicht nur mit ihren akrobatischen Flugkünsten, sondern erfüllen durch den Verzehr riesiger Insektenmengen für unsere Land- und Forstwirtschaft wichtige Ökosystemdienstleistungen. Sie werden für die Schweiz auf mehrere 100 Millionen Schweizer Franken pro Jahr geschätzt.» (rw)

 


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