«Masken machen Kommunikation kaputt»

  07.05.2020 Fricktal, Gipf-Oberfrick

Gottesdienste haben eine soziale Funktion

Aufgrund der Corona-Schutzmassnahmen sind auch die Gottesdienste ausgesetzt. Martin Linzmeier, Gemeindeleiter der Katholiken von Gipf-Oberfrick, hofft, dass Gottesdienste ab dem 8. Juni wieder möglich sind.

Bernadette Zaniolo

Die aktuelle Situation stellt auch die Kirchen vor neue Herausforderungen. Kreativität und Mut, Neues auszuprobieren, ist gefragter denn je. Einzelne Gemeinden im Fricktal bieten Gottesdienste per Livestream (Video) an. So haben auch die Seelsorger der katholischen Pfarreien Oeschgen, Frick und Gipf-Oberfrick einen gemeinsamen Osternachtsgottesdienst in die Wohnstuben gesendet. «Es ist eine neue Form, um mit den Gläubigen in Kontakt zu kommen», beschreibt es der Gipf-Oberfricker Gemeindeleiter Martin Linzmeier.

Von zirka 130 Geräten aus wurde der Gottesdienst live mitverfolgt. Die Anzahl Personen, die zugesehen haben, dürfte aber um einiges höher sein. Denn Rückmeldungen von 80-Jährigen beziehungsweise älteren Einwohnern hätten gezeigt, dass diese ihre Schwiegersöhne oder Enkel «eingespannt» hätten, damit diese ihnen die Technik einrichten. Die unter 60-Jährigen sind mit der Technik grösstenteils vertraut und wissen, wie man dies macht.

«Fernseh-Gottesdienste sind professioneller. Doch die hiesigen Kirchgänger freuen sich, wieder einmal ein vertrautes Gesicht, eine vertraute Stimme zu hören beziehungsweise zu sehen. Ihren persönlichen Seelsorger», hält Linzmeier weiter fest. Gerade auch weil Hauskommunionen bislang verboten waren und ein grosser Teil der Gläubigen zur Risikogruppe gehört, die besonders geschützt werden muss. Auf die Frage, ob die älteren Kirchgänger in Zukunft weniger zum Gottesdienst in die Kirche kommen und diesen stattdessen bequem – in Jogginghose oder Pyjama – verfolgen, sagt Linzmeier: «Wer vorher regelmässig gekommen ist, wird es auch künftig so machen.» Zudem würden die Menschen, die sich für den Gottesdienst vor den Fernseher setzen, «adäquat kleiden». Die Treffen zu Gottesdiensten in der Kirche haben gemäss Linzmeier auch eine soziale Funktion. Er geht davon aus, dass ab Phase drei der Lockerungen (ab 8. Juni) auch wieder Gottesdienste möglich sein werden.

Und dann mit mehr Kirchgängern?
«Not lehrt beten, das hat noch nie gestimmt», sagt Martin Linzmeier auf die entsprechende Frage der NFZ. Diese weitverbreitete Vermutung sei sogar wissenschaftlich widerlegt worden. Wer nicht auf religiöse Praxis zurückgreifen könne, werde dies auch jetzt nicht tun. «Die Gotteshäuser werden also wegen der Krise nicht voller.»

«Das Pfarreileben liegt lahm»
Die Mitglieder und die Verantwortlichen der Kirchgemeinde merken jedoch in dieser Zeit, was fehlt. «Das Pfarreileben liegt lahm.» Freude bereitet jedoch die Solidarität und die Hilfsbereitschaft. Immer wieder kämen spontane Anfragen, wie «wo kann ich helfen? Ich bin derzeit im Homeoffice.»

Martin Linzmeier verrät, wie er künftige Gottesdienste unter Einhaltung der Schutzmassnahmen sieht. In der St. Wendelin-Kirche in Gipf-Oberfrick sei es möglich, zum Beispiel jede zweite Kirchenbank frei zu lassen. Als sinnvoll sieht er eine Personenanzahl-Vorgabe pro Quadratmeter. Und wenn er die Kommunion mit Schutzmaske und Handschuhen austeilen müsste? «Bereits seit Anfang März ist es Praxis, dass wir die Hände unmittelbar vor der Kommunionausteilung desinfizieren», so Linzmeier. Statt Masken zu tragen, könnte man bei der Übergabe den Wortlaut «der Leib Christi» weglassen. Denn: «Masken machen die Kommunikation kaputt». Zum Schutz von Risikogruppen, wie zum Beispiel Bewohnern im Altersheim, findet er jedoch: «Lieber mit Schutzmaske als gar nicht.»

Anstelle der Gottesdienste besteht in den Pfarreien Frick und Gipf-Oberfrick ein «Impuls»-Angebot, welches den Menschen Mut, Glaube und Hoffnung vermittelt. Am 10. Mai werden voraussichtlich die «Impulse» zum zweiten Mal per Livestream in die Stuben gesendet.


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