«Wir hatten ein ‹Notfallbudget› für die NLA»

  01.04.2020 Handball, Möhlin

Der Präsident des TV Möhlin über den Abbruch der Saison

In bester sportlicher Ausgangslage wurde der TV Möhlin gebremst. Der Präsident Simon Mahrer erklärt, weshalb der Verein den Liga-Entscheid, die Meisterschaft nicht zu werten, nicht anfechten wird. Und: Möhlin hatte einen Plan B für den Fall eines Aufstiegs in die NLA.

Ronny Wittenwiler

«Vielleicht ein bisschen Meister?» So titelte die NFZ vor knapp zwei Wochen, nach Bekanntwerden, dass der Schweizerische Handballverband die Meisterschaft abbricht. Der Verband hielt damals fest, man werde über das Vorgehen im Hinblick auf nächste Saison – offene Fragen betreffend Meister, Cupsieger, Absteiger und Aufsteiger – «zu gegebener Zeit informieren». Mittlerweile wurden diese offenen Fragen beantwortet, und das schneller als erwartet. Die Meisterschaft wird nicht gewertet. Der erste Tabellenrang des TV Möhlin mit einem Punkt Vorsprung auf Verfolger Baden ist somit Makulatur (Baden hatte ein Spiel weniger ausgetragen). Im nationalen Eishockey, wo die Meisterschaft ebenfalls abgebrochen wurde, kam es zunächst zu einigen Zankereien – es gab Vereine, die einen Aufstieg in die höchste Spielklasse am grünen Tisch erwirken wollten. Ohne Erfolg. Für Möhlins Handballer wäre so etwas nicht infrage gekommen. Das sagt nun auch Simon Mahrer, Präsident: «Beim TV Möhlin nimmt man den Entscheid des Verbandes gelassen hin. Immerhin haben wir jetzt Planungssicherheit in Sachen Ligazugehörigkeit. Ich kann die Entscheidung nachvollziehen. Jede andere Option hätte zu viele weitere Probleme mit sich gebracht. Der TV Möhlin wird gegen den Verbandsentscheid deshalb keine Einsprache erheben.»

«Unsere Mannschaft war topmotiviert»
Möhlin zeigt damit Fairplay neben dem Platz, früh schon in der Corona-Krise liess der Verein verlauten, dass «sportliche Prioritäten zurzeit klar in den Hintergrund rücken.» Dennoch bestätigt auch Präsident Mahrer: «Der Abbruch der Handballsaison hat sehr geschmerzt. Wir haben uns so auf das Spiel gegen Baden, den Tabellenzweiten, gefreut – bis dann am Tag zuvor das Aus kam.» Dabei sah das Drehbuch der Träume etwas anderes vor. Mahrer, danach gefragt, macht keinen Hehl daraus. «Ich habe zwar nie selber Handball gespielt, bin aber schon 45 Jahre an den Heimspielen des TV Möhlin. Die erste Mannschaft hatte einen Lauf. Ich und viele andere Fans des TV Möhlin hätten die Mannschaft beim Auswärtsspiel in Baden unterstützt. Unsere Mannschaft war topmotiviert.» Mahrer gesteht: «Ich habe von einem Sieg geträumt und dann wäre die Barrage mit den Aufstiegsspielen wohl einiges näher gerückt. Und im handballverrückten Möhlin wären die Heimspiele wohl zu einem Riesenfest geworden, ob mit oder ohne Aufstieg. Und wir hätten durch diese zusätzlichen Heimspiele, wohl mit jeweils 1000 Fans in der Halle, auch einiges in unsere Vereinskasse legen können.»

Über die «irr-sinnige» Tatsache, dass der TV Möhlin mit seinen jungen Wilden quasi mit jedem erfolgreichen Spiel in akute «Aufstiegsgefahr» gerät, darüber hatte die NFZ noch vor der Corona-Krise berichtet. Der Hintergrund: Der übliche Etat dieses Dorfvereins würde eigentlich nicht ausreichen, um in der Nationalliga A bestehen zu können. Dass sich die Sportler von derart wirtschaftlichen Hürden aber logischerweise nicht bremsen liessen, liegt auf der Hand. Präsident Mahrer verrät nun: «Nachdem wir das Budget des TV Möhlin der Saison 2020/2021 bereits im Dezember 2019 verabschiedet hatten – wir waren damals auf Platz 6 der laufenden Meisterschaft – haben wir anfangs März 2020 ein ‹Notfallbudget NLA› für die Saison 2020/2021 gemacht…»

«Der Entscheid war richtig»
Mahrer, der seit seinem Antritt als Präsident immer wieder auch den Breitensport ins Zentrum rückt, sagt aber auch: «Es sind ja nicht nur die fehlenden Spiele der ersten Mannschaft in der NLB. Auch die Meisterschaftsspiele aller anderen Teams wurden von heute auf morgen abgesagt. Und auch die Trainings, die beispielsweise bei vielen handballbegeisterten Kindern ein grosses Highlight während der Woche sind, konnten plötzlich nicht mehr durchgeführt werden.» Noch am Abend des 13. März, am Tag, als der Schweizerische Handballverband den sofortigen Abbruch der Meisterschaft kommunizierte, hätten einige Eltern den Präsidenten des TV Möhlin gebeten, dass wenigstens der Trainingsbetrieb mit den Jugendlichen weiter aufrechterhalten werden könne. «Wir hätten das sehr gerne getan», sagt Simon Mahrer, und vielleicht, gerade jetzt, da alles still steht, zeigt sich nur zu gut, welch grossen Beitrag der TV Möhlin für Kinder und Jugendliche leistet – genauso, wie unzählige Vereine und Organisationen in diesem Land. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage sagt Mahrer aber auch: «Wir müssen feststellen: Der Entscheid, nun auf alle sportlichen Aktivitäten beim TV Möhlin zu verzichten, war der einzig richtige. Wir können die Massnahmen und Empfehlungen des Bundes sehr nachvollziehen und setzen diese zu einhundert Prozent um.» Sagts, auf dass danach, wenn all die Wolken vorübergezogen sind, wieder von etwas ganz Grossem geträumt werden darf beim TV Möhlin…


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