«Das wurde wohl völlig falsch verstanden»

  23.04.2020 Gesundheit, Gipf-Oberfrick

Trotz Lockerungen – das Versammlungsverbot gilt weiterhin

Die Ankündigung des Bundesrates, dass gewisse Läden und Branchen ab dem 27. April wieder öffnen dürfen, wurde wohl missverstanden. In Gipf-Oberfrick kam es zu Menschenansammlungen und einer nächtlichen Party mit Verwüstung. Jugendarbeiter Angelo Zurlino macht auf die Gefährlichkeit des Virus aufmerksam.

Bernadette Zaniolo

Seit drei, beziehungsweise nun vier Wochen, sind Angelo Zurlino und seine Frau, Cornelia Beurret, jeden Tag mehrere Stunden in Frick, Gipf-Oberfrick und Wittnau unterwegs. «Wir suchen das Gespräch mit den Jugendlichen», sagt der Jugendarbeiter. Dies, um die jungen Leute für die Schutzmassnahmen der Behörden im Zusammenhang mit dem Coronavirus zu sensibilisieren. Dabei gehe es nicht um Bussen (100 Franken pro Person) zu verteilen, sondern präventiv zu wirken. Denn wie Zurlino sagt: «Wenn wir jetzt nicht vorsichtig sind, dann wird es ganz schlimm.» Dabei erinnert er an die Spanische Grippe. «Die zweite Welle war am Schlimmsten». Der heute 61-Jährige weiss wovon er spricht. Vor 17 Jahren kehrte er von einem viermonatigen beruflichen Aufenthalt (als Bekleidungstechniker) aus China zurück, wo er mit Sars infiziert wurde. Von seinem Aufenthalt in Indien (2018) brachte er die Influenza A Positiv mit.

Grosse Schmerzen und ein Lungenrasseln
Er musste sich für zehn Tage in die Hirslandenklinik in Quarantäne begeben. «Das jetzige Virus ist zu 80 Prozent identisch», sagt der Jugendarbeiter. «Es ist schmerzhaft, verursacht ein hohes Lungenrasseln und Atemnot».

Zurlino lobt jedoch das Verhalten der Bevölkerung: «Bis letzten Donnerstag war die Kommunikation gut. Es kam zu keinen Aggressionen und die angesprochenen Jugendlichen begegneten uns mit Respekt und schätzten unsere Arbeit. Die Jugendlichen hielten sich grossmehrheitlich an die Verordnungen der Behörden.»

… und dann plötzlich dieses «Ausschwärmen»
Das änderte sich jedoch schlagartig, als der Bundesrat am letzten Donnerstag die Lockerungen bekannt gab. «Das wurde wohl völlig falsch verstanden», sagt der Jugendarbeiter. Im Gespräch hört man sein «Kopfschütteln» und Unverständnis. Denn ab Freitag waren sehr viele Menschen unterwegs und es zeigte sich eine Rücksichtslosigkeit. «Es sind jedoch nicht die Jugendlichen», hält Angelo Zurlino die «Ausschwärmerei» der Leute am Freitag, Samstag und Sonntag fest.

Beim Kreuz in Gipf-Oberfrick stellte er auf seiner Tour am Samstagabend fest, dass sich dort immer mehr Menschen versammelten und es zu einer regelrechten Party ausuferte. Der Lärm war derart gross, dass aus der Bevölkerung Reklamationen an die Polizei ergingen. Die Spuren von der nächtlichen Party waren am Sonntagmorgen deutlich sichtbar. «Eine rechte Schweinerei», wie es Gemeindeammann Regine Leutwyler beschreibt. Worte, die nur schwer über ihre Lippen kommen. Die leeren Flaschen und Büchsen hat Leutwyler eingesammelt und mit nach Hause genommen. «Es wurde sehr viel Alkohol getrunken», sagt sie zur NFZ. Und auch sie bestätigt die Wahrnehmung von Zurlino, dass es nicht Jugendliche, sondern 20bis 30-Jährige, waren. Mit mehreren Autos sei man dorthin gefahren. Auch bei der Feuerstelle auf dem Sinnespfad mussten schon Basler und Zürcher weggewiesen werden.

Leutwyler und Zurlino betonen, dass es nicht verboten sei, das Haus zu verlassen und in die Natur zu gehen. Sie erinnern jedoch daran, dass Ansammlungen von mehr als fünf Personen (ausser im gleichen Haushalt lebende Personen) immer noch verboten sind und auch der Abstand von zwei Metern weiterhin zu beachten ist.

Zeit für die Familie
Angelo weist auf das Gute in dieser Zeit hin, welchem sich die Menschen bewusst sein sollten. «Man hat Zeit für die Familie, die Frau, den Mann.» Statt zu «chlönen» rät er: «Machen wir das Beste aus der Situation.» Der Jugendarbeiter hofft, dass sich die Menschen weiterhin an die Verordnungen der Behörden im Zusammenhang mit dem Coronavirus halten und am Wochenende nicht wieder in Scharen «ausschwärmen». Und besondere Situation hin oder her: Littering ist verboten und damit macht man sich keine Freunde.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote