Auf die Palmen der Zeiher Oase

  13.03.2020 Leserbriefe

Anfangs Januar 2020 begannen nördlich der Röti in Oberzeihen gut hörund sichtbare Bauarbeiten, die nach und nach zu markanten Erdhügeln in der Landwirtschaftszone führten. Meine Anfrage nach einer allfälligen Baubewilligung und mein Hinweis auf die Tangierung einer im Internet (AGIS) ausgewiesenen «Biodiversitätsförderfläche BFF» wurde von der Gemeindeverwaltung Zeihen auf die «Deponierung von Abrandungsmaterial» durch den Forstbetrieb und als «nicht bewilligungsrelevant» taxiert. Ende Februar 2020 bekam ich von der Abteilung Landwirtschaft die Notiz: Es handelt sich um eine Baustelle. Ein Teil der BFF wurde dabei unrechtmässig als Humusdepot zweckentfremdet. Für die Biodiversitäts-,  Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsbeiträge (gerodete Bäume in Landschaftsqualitätsprojekt Jurapark Aargau) wurden Kürzungen in Aussicht gestellt und die Wiederherstellung verlangt. Bei den Beiträgen handelt es sich notabene um Steuergelder.

Meine erneute schriftliche Frage nach einer erteilten Bewilligung für die Deponien in der Landwirtschaftszone, diesmal an den für das Bauwesen zuständigen Gemeinderat Herrn Michel Dietiker, endeten ohne konkrete Antwort und letztlich in einem Debakel: «Sie können Ihre Anliegen gerne an der nächsten Gemeindeversammlung anbringen, wo demokratisch darüber abgestimmt wird» und «Um die Kosten für unsere Gemeindekasse zu senken habe ich nur für Sie einen neuen Emailaccount eingerichtet, an die Sie zukünftig bitte alle Ihre Mails senden: papierkorb@zeihen.ch». Die Mails gingen in Kopie jeweils an  alle Mitglieder des Gemeinderates, aber niemand hat reagiert und dem Unfug Einhalt geboten.

Die Antwort aus der Ratsstube Zeihen hat mich auf die Palmen der grünen Oase zwischen Basel und Zürich gejagt. Zwischen den Rechten und Pflichten der vereidigten Gemeinderäte (Exekutive) und der Gemeindeversammlung gibt es Unterschiede und klar getrennte Verantwortlichkeiten. Der Gemeinderat allein ist für die Vollständigkeit der Baugesuche, die Planung, die Baukontrollen, den Naturschutz, das Trinkwasser, die Information der Bevölkerung etc. zuständig. Seit 2008 hat der Kanton Aargau ein Öffentlichkeitsgesetz. Der Gemeinderat muss gestellte Fragen beantworten oder die Nichtbeantwortung schriftlich begründen. Da der angeblich eingerichtete Mailaccount nicht funktionierte, habe ich meine Feststellungen bezüglich der Landwirtschaftszone in der Röti (kein Baugesuch und keine Bewilligung für die Landwirtschaftsparzelle, untätiger Gemeinderat) der kantonalen Abteilung Baubewilligungen in Aarau geschickt. Genau drei Stunden nach Abgang meines Mails erhielt ich vom Bauherrn einen Telefonanruf: Er hätte von der Gemeinde die Aufforderung zur Einreichung eines Baugesuchs erhalten. Der Telefonanruf hat mir gezeigt, wie rasch Behörden reagieren können, und dass der gerissene Faden der Kommunikation jetzt wieder näht.

Die zunehmende Regelungsdichte, der ungehemmte Wachstumsdrang des Regierungsrates, die zahllosen nicht koordinierten Förderprogramme, die Geldschwemme, der Planungs- und Dienstleistungswahn lassen sich zusammen mit den Ansprüchen der mobil-digitalen Gesellschaft auch auf dem Land nicht mehr unter einen Hut bringen. Das kann für Nutzer und Bauherren sehr ärgerlich sein. Für Gemeinderäte sorgt die Situation im konkreten Fall offensichtlich für eine persönliche Überforderung. Das ist ein schlechtes Signal: Wenn Zeihen selbständig bleiben will, braucht es einen handlungsfähigen, verlässlichen und glaubwürdigen Gemeinderat. Wieso verweist er fragenstellende Steuerzahler als unerwünschte Kostenverursacher in den Papierkorb? Wieso nutzt er nicht die vielen Angebote für Hilfestellungen durch kantonale Amtsstellen? Im vorliegenden Fall ist es jetzt zu spät. Die Aufsichtsbehörde (Departement Bau, Verkehr und Umwelt) wird entscheiden, ob und welche Bewilligungen für die Beanspruchung der Biodiversitätsförderfläche in der Röti in Oberzeihen erforderlich sind.

HEINER KELLER, OBERZEIHEN


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