Star Wars in der Kirche

  15.02.2020 Kaiseraugst

Fasnachtsgottesdienst in Kaiseraugt

Am vergangenen Sonntag ist im reformierten Kirchgemeindehaus zum 17. Mal der Fasnachtsgottesdienst durchgeführt worden.

Etwas war diesmal anders bei der traditionsreichen Feier: Die lokale Gugge «Grossschtadtchnulleri» zog ohne ihren Major in die heiligen Hallen ein. Man fragte sich schon besorgt, wo Kimon Sorg sei. Doch dann ging ein Schrei durch die Menge, der selbst den Lärm der Pauken und Trompeten, Sousaphone und Rätschen übertönte. Im Eingang der Kirche stand eine schwarze Gestalt mit einer Art Samurai-Helm. Langsam schritt sie durch die Reihen und übernahm vorn das Diktat.

Als die Chnulleri ihre Larven abgezogen und sich hingesetzt hatten, sprach nicht der Pfarrer, der in der verkehrten Welt der Fasnacht ganz hinten in der Kirche stand, sondern Theobald, em Pfaff sin Aff (mit von Jutta Wurm, des Pfaffen Frau geliehener Stimme), von der Kanzel das Grusswort: «Möge die Macht mit euch sein. Immer.»

Spätestens jetzt war jenen, die in der Hinsicht nicht ganz bildungsblind sind, klar, was das diesjährige Sujet der Chnulleri ist und folglich das Thema des Gottesdienstes war: «Star Wars», beziehungsweise «Chnulleri Wars».

Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes befasste sich Affe Theobald im Gespräch mit seinem Pfaffen mit der Bedeutung der «Macht», der nicht personal gedachten göttlichen Kraft. Die Reflexionen, die weit in die östlichen Religionen – etwa die Polarität von Yin und Yang im chinesischen Taoismus – hinausführten, endeten im zu zweit gesungenen Lied nach einem Text des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber: «Wo ich gehe, Du, wo ich stehe, Du, nur Du, wieder Du, immer Du, Du, Du, Du…»

Theobald, ausgewiesener Religionswissenschaftler und vergleichender Mythenforscher, wies sodann nach, dass «Star Wars» auf der Grundlage des «Heldenepos» geschrieben ist, eines in verschiedenen Kulturen nachweisbaren Sagen- Typs, der aus den Elementen «Aufbruch – Initiation – Heimkehr» besteht. Auch der Christus-Mythos entspricht dieser Struktur: Die Chnulleri gaben den zum Teil hochphilosophischen Exkursen des gelehrten Affen den bodenständigen Groove.

Die Kollekte, die an Frauenprojekte ging, führte Theobald mit einer humoristisch-statistisch-feministischen Kritik an Star Wars ein: «In den ersten drei Filmen wird insgesamt 386 Minuten geredet. Von dieser Redezeit nehmen Frauen gerade mal 63 Sekunden in Anspruch.» Die Chnulleri spielten abschliessend Jonny Nashs «It›s gonna be a bright, bright sun-shining day» – und so war es, beim bis in den Nachmittag hinein dauernden Apero mit Mehlsuppe und Fastenwähen. (mgt)


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote