Von Altnarro bis XXL ist alles dabei

  19.01.2020 Kommende Events, Tradition

Das etwas andere, närrische Alphabet

Vom 6. bis 26. Februar ist es wieder soweit: mit der Fasnacht beginnt im Fricktal die von vielen so sehnlichst erwartete fünfte Jahreszeit. 20 Tage, bei denen das Gewöhnliche für einmal ausser Kraft gesetzt wird. Die Macht gehört den Fasnächtlern. Deren ABC ist so vielfältig und abwechslungsreich wie auch die grosse Zahl der Zünfte, Cliquen, Guggen und sonstige närrischen Vereinigungen.

Susanne Hörth

A wie Altnarro
Alt ist die grenzüberschreitende Fasnachtszunft in Laufenburg wirklich. Mit ihrer Jahrzahl im Namen – Narro-Alt-Fischerzunft 1386 – wird zum einen auf den einstigen Haupterwerbszweig in der Schwesterstadt, die Salmfischerei, aufmerksam gemacht. Aus dem Jahre 1386 stammt laut Zunftgeschichte auch die Sage vom Laufenburger Fasnachtskleid. Einem Kleid, bestehend aus lauter übereinander gelegter Stoffstückchen, ähnlich den Schuppen eines Fisches. Nur viel bunter.

B wie Bürkligeist
Die Fricktaler Fasnachtshochburgen stehen in der närrischen Zeit vielfach unter speziellen Regimen. So hat etwa in Möhlin der Bürkligeist das Sagen. Am 19. Tag vor Beginn der Fastenzeit rufen ihn die Tambouren mit Trommeln zu sich ins Dorf und begleiten ihn am Aschermittwoch wieder heim.

C wie Chaischter Haldejoggeli
Zu den Fasnachtsgeistern gehört auch der Haldejoggeli in Kaisten. Er ist aus der Figur eines einst in der Region herrschenden, bösen Vogtes entstanden. Die Kaister Fasnächtler haben mit dem Haldejoggeli-Geist einen Pakt geschlossen. So darf er sein Flaschenverlies alle Jahre während der Fasnacht verlassen. Sämtliche Schandtaten im Dorf gehen dann zu seinen Lasten.

D wie Diplomatie

Diplomatisches Miteinander ist auch immer von Fasnächtlern und Nichtfasnächtlern gefordert. Sonst kann der Begriff «Du Narr» auch schnell mal ungewollte Reaktionen auslösen.

E wie Elferrat

Auch Fasnacht verlangt nach Struktur und Ordnung. In manch Fasnachtsgesellschaften kommt dem Elferrat als eigentlicher Vorstand die Aufgabe des Organisierens zu.

F wie Faissen

Im Fricktal sicherlich etwas Besonderes sind die drei Faissen (die drei Donnerstage) vor dem eigentlichen Fasnachtssonntag. Faissen kommt von Fett oder Schmalz.

G wie Guggenmusik

Nie klingen die kakofonischen Klänge der Guggenmusiken schöner als an Fasnacht. Die Formationen mit fantasiereichen Namen Gülleschränzer (Zeiningen), Grossschtadtchnulleri (Kaiseraugst), Räblüüs (Obermumpf), Laubbärgugger (Wil/ Mettauertal), Chluuri Zunft Zuzgen oder Barocker (Laufenburg) sorgen mit ihren lauten, fetzigen Klängen und den fantasievollen Kostümen stets zusätzliche Bereicherung der närrischen Anlässe und Umzügen.

H wie Häxefüür

Wer glaubt, Fasnacht sei ein bunter Haufen von Clowns, Prinzessinnen, Cowboys und so weiter, der irrt. Gerade am Hochrhein mit seinen traditionellen Zünften geben sich jedes Jahr ganz spezielle Figuren die Ehre. In Laufenburg treffen sich jeweils auch über 1000 schwarzgekleidete, nasengekrümmte, auf Besen reitende Hexen sowie andere Geister und Dämonen beim Umzug Häxefüür.

I wie Immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe

Als Teil der schwäbisch-alemannischen Fasnacht ist die Laufenburger Fasnacht im Jahre 2014 in das immaterielle UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen worden.

J wie Juchzen

Einem Juchzen gleich tönt vielfach die Begrüssung unter den Fasnächtlern. Etwa in Laufenburg mit einem lauten Narri Narro oder in der Nachbarsgemeinde Kaisten mit einem «Mülleri het sie het».

K wie Konfetti

Wie das Amen in der Kirche gehört das Konfetti zur Fasnacht. Das winzige, bunte Papierfötzeli wird tonnenweise an den Anlässen durch die Luft gewirbelt. Es bleibt in jeder Ritze, in jeder Tasche, auch lange nach Ende der fünften Jahreszeit als kleine Erinnerung hängen.

L wie Larve
«Jetzt zeigt ihr euer wahres Gesicht, bis jetzt war’s nur die Larve», heisst es in Friedrich Schillers «Maria Stuart». Während der Fasnacht aber darf das wahre Gesicht für einmal sehr bewusst hinter den von Hand kunstvoll gefertigten Larven verschwinden.

M wie Mehlsuppe
Zum Salz in der Suppe gehört während der Fasnachtszeit auch das Mehl dazu. Mit Wasser verflüssigt gehört diese Mahlzeit schon zum frühmorgendlichen Narrenspeiseplan.

N wie Narrenlaufen
Am Dienstag vor Aschermittwoch wird etwa in Laufenburg und Kaisten seit vielen Jahren das Narrenlaufen praktiziert. Insbesondere in Laufenburg ist diese Tradition schon sehr alt. Sie wurde ins Leben gerufen, um mit dem Verteilen von Orangen, Weggen und Würsten die Witwen und Waisen zu unterstützen. Heute dient der Anlass vor allem dazu, den kleinen Fasnächtlern das bittere Ende der fünften Jahreszeit etwas zu versüssen.

O wie Original
Wo Original Fasnacht draufsteht, ist auch Original Fasnacht mit allem Drumherum drin. So etwa die Original Chaischter Strossefasnacht.

P wie Proklamation
An der grenzüberschreitenden Fasnacht in Laufenburg wird am 3. Faissen beidseits des Rheins die Fasnacht ausgerufen. An diesem Tag findet auf deutscher Rheinseite auch die Salmanlandung statt. Mit dem dicken Fisch, welcher den Narronen stets mit absoluter Garantie ins Netz geht, startet offiziell die Städtlefasnacht.

Q wie Querulant
Leute, die mit Fasnacht so überhaupt nichts am Hut haben, sich aber gleichwohl unter das Narrenvolk mischen und dann lautstark gegen das ausgelassene Tun schimpfen. Auf ihr Recht auf Ruhe und Ordnung pochen, werden von den Fasnachtsbegeisterten schon gerne auch mal als Querulanten wahrgenommen.

R wie Rätsche
Eine richtige Rätsche oder auch Ratsche ist aus Holz gefertigt. Lärm erzeugt man damit, indem man mit drehenden Handbewegungen die Holzplättchen am Instrument über das Zahnrad schleifen lässt. Je schneller, desto mehr knattert es.

S wie Schnitzelbänke
In den Dörfern passiert das ganze Jahr hindurch so manch Lustiges, Kurioses, Unverständliches oder auch das eine oder andere Ärgerliche. In den Schnitzelbänken werden diese kleinen und grossen Begebenheiten mit spitzer Zunge beleuchtet und kommentiert. So etwa auch an der Chaiseraugschter Fotzelschnitte. In anderen Fricktaler Gemeinden trifft man die Schnitzelbänkler in den Beizen oder bei den Umzügen an.

T wie Tschättermusik
Musik stimmt im Falle von Tschättermusik nur bedingt. Den Tschättern muss vor allem eines sein: ein schrecklich lautes Getöse. Mit Stangen, Blechdeckeln, Trommeln und sonstigen «Instrumenten» ausgerüstet wird vor allem an den Morgen und Abenden der drei Faissen getschättert.

U wie Usbrüelete
Alles Schöne hat auch ein Ende. So auch die Fasnacht. In Rheinfelden wird dieses Ende bereits am Sonntagabend mit der Usbrüelete und der anschliessenden Verbrennung von Frau Fasnacht am Obertor zelebriert.

V wie Verbrennung
Ein paar närrische Tage mehr als Rheinfelden gönnen sich einige Fricktaler Gemeinden. So landet die Fasnacht in Laufenburg erst am Aschermittwochabend auf dem Scheiterhaufen. In Kaisten wird der Fasnachtsgeist nicht verbrannt, sondern für trostlose, lange Monate in sein dunkles Flaschenverlies zurückverbannt.

W wie Waldstädte
Rheinfelden (CH und DE), Bad Säckingen, Laufenburg (CH und DE) und Waldshut sind nicht nur alle Fasnachtshochburgen. Sie alle sind auch eine Waldstadt.

X wie XXL
Zugegeben, dieser Buchstabe lässt an Ideenvielfalt etwas zu wünschen übrig. Aber ganz ehrlich: Während der Fasnachtszeit ist doch alles etwas grösser. Angefangen von der Lust am närrischen Treiben, dem Spass bei der Verkleidung, dem ausgelassenen Feiern und vielem mehr. Und am Schluss bleibt neben dem XXL-Vergnügen auch ein XXL an nachzuholendem Schlaf.

Y wie Yeti
Das behaarte Fabelwesen aus dem Himalaja ist wohl kaum an der Fasnacht in unserer Region anzutreffen. Gestalten hingegen, die dem Schneemenschen ähneln, mit grosser Sicherheit schon.

Z wie Zepter
Mit Beginn der so sehnlichst erwarteten fünften Jahreszeit müssen die Dorfoberhäupter vor so viel närrischer Macht kapitulieren. Das Zepter sowie die Schlüssel für das Regierungsgebäude werden den Fasnächtlern ausgehändigt. Ruhe kehrt erst wieder mit Aschermittwoch ein. Dann heisst es: «Es goht degäge!» Die nächste Fasnacht kommt bestimmt.


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