Verzaubert vom frühen Licht in Westschweden

  27.01.2020 Magden

Das Atelier von Lenah Ernst-Jacobson befindet sich an in der Rheinfelder Altstadt. Wie so viele Künstler in dieser Stadt ist sie im Ausland aufgewachsen, nun jedoch fest verwurzelt im Fricktal. Schweden aber, wo sie geboren ist und dessen Sprache sie perfekt beherrscht, ist im Sommer noch immer ihr liebster Ort.

Edi Strub

Lenah Ernsts Laufbahn als Malerin und Künstlerin begann mit einem Nein: Ihre Eltern wollten nicht, dass sie sich an der Kunstgewerbeschule einschrieb. Von Kunst könne man nicht leben, das sei nutzlos, kein richtiger Beruf. Dabei empfand Lenah Jacobson (wie sie damals hiess) schon früh Malen und Zeichnen als ihre Berufung. Auf Umwegen schaffte sie es dann aber doch, ihr Ziel zu erreichen. Ihre ersten Schritte dahin machte sie in einer Firma, die den neusten Modetrends nachspürte und dazu Bulletins veröffentlichte, auf die Einkäufer und Modefachleute sich abonnieren konnten. Mit einem «frisierten» Presseausweis ging sie auf Messen und Modepräsentationen, um zu erfahren, wie die neusten Schnitte aussehen, welche Farben und Materialien im Kommen sind. Sie sass dann dort und versuchte, sich alles möglichst genau zu merken, denn fotografieren war verboten. Diskret fertigte sie im Versteckten erste Skizzen an, die sie zuhause sorgfältig ausarbeitete.

Immer gegenständlich
Stolz zeigt Lenah Ernst der Neuen Fricktaler Zeitung die Zeichnungen, die sie damals anfertigte, sie verraten bereits das Talent einer Künstlerin, die mit gekonnten Strichen die neusten Modetrends herausarbeitete: Wie die Ausschnitte in der kommenden Saison aussehen werden, Pret-a-porter-Ensembles mit den damals modischen breiten Schulterpartien sowie dunkle, elegant geschnittene, lange Roben für den feinen Ausgang. Später entwarf sie auch Ausstellungsgegenstände, arbeitete für Möbelfirmen und für alle, die eine gute Zeichnerin und Entwerferin brauchen konnten.

«Ich zeichnete zwar gerne damals, aber mit der Mode und dem damit verbundenen Kommerz und Milieu konnte ich wenig anfangen», sagt sie. Und so packte sie die Chance, als ihr Mann am California Institute of Technology in Pasadena in der Nähe von Los Angeles arbeitete: Sie bewarb sich um einen Studienplatz an einer Kunstakademie, obschon man sie vor der schwierigen Prüfung gewarnt hatte. «Das Art Center College of Design war eine harte Schule mit hohen Anforderungen, richtig amerikanisch. Aber ich habe viel gelernt dort, musste genau zeichnen und genau beobachten.»

Heute betreibt Lenah Ernst, die in Magden wohnt, ein Kunstatelier beim Zähringerplatz in der Rheinfelder Altstadt. «Das Atelier hat eine wunderbare Lage, oft kommen Leute vorbei, die sich für meine Werke interessieren und etwas kaufen wollen – oder auch nur, um über Kunst und Malerei zu plaudern.» Eine Eigenheit ihrer Kunst ist: sie malt und zeichnet immer gegenständlich, ihre Malereien sind keine naturgetreuen Nachbildungen von irgendetwas, sondern oft verfremdende künstlerische Transformationen. «Abstrakt zu malen ist mir zu willkürlich, zu unbegrenzt. Ich brauche etwas Konkretes als Ausgangspunkt: Vier Wanderer mit roten Socken, die auf einem Karren hocken und das Znüni einnehmen, oder ein Aktmodell, das ich am Tag der Papstwahl zu einem weiblichen Kirchenoberhaupt umformte.» Die Haut der Frau schimmert ungewöhnlich grün, blau und rosa, weil sie in den Augen und der Phantasie der Künstlerin so erscheint.

Manchmal malt Lenah Ernst auch nach Fotografien. Denn mit der Staffelei draussen zu malen, kann sie sich nicht vorstellen. «Ich bin zu scheu dazu, ich kann nicht malen, wenn andere mir dabei zuschauen. Vielleicht mache ich mal schnell eine Skizze als Ansatz für die weitere Arbeit im Atelier. Auch Vernissagen sind nicht meine Sache; die sind zwar wichtig, aber ich mag nicht im Zentrum stehen.» Und so verkauft Lenah Ernst ihre Bilder vor allem an Leute, die zufällig oder auf Empfehlung in ihrem Atelier vorbeikommen.

Ausschau halten in Magden
Rheinfelden und ihr Wohnort Magden sind zu ihrer neuen Heimat geworden, obschon sie in Schweden, Hamburg und am rechten Zürichseeufer aufgewachsen ist. «Ich mag es, von unserem Haus in Magden etwas bergwärts zu gehen und Ausschau zu halten über das weite Land – über die Hügel rund ums Dorf und den Schwarzwald in der Ferne.»

Jedes Jahr im Sommer fährt sie aber an die schwedische Westküste in ihr Sommerhaus. Mit Schweden verbindet sie die Erinnerung an ihre schönen Jugendjahre. Und vor allem das Licht in diesem Land mag sie so sehr. Viele ihre Malereien nehmen diese Stimmungen auf – die zarten Farben am Morgen, wenn es vielleicht noch ein bisschen dunstig oder neblig ist. Ihr gefallen auch die Menschen in Schweden, deren Unbeschwertheit und Einfachheit und deren Sinn für das, was auf Schwedisch «lagom» heisst: ausgewogen, angepasst, ohne heftige Ausschläge in die eine oder andere Richtung. Dieses Naturell widerspiegelt sich auch in ihrer Malerei: Die Bilder zeigen Unterschiedliches, aber fliessen dennoch harmonisch ineinander, weil sie irgendwie alle dieselben Wurzeln haben.


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