Kirschendiebstahl auf dem Chornberg

  05.01.2020 Ueken

Eine Geschichte aus vergangenen Zeiten

Schon früher wurde für Recht und Ordnung gesorgt. Wer sich an Naturgütern von Fremdpersonen vergriff und vom Flurhüter dabei erwischt wurde, der musste mit einer satten Geldstrafe rechnen. Dies passierte auch acht jungen Burschen aus Gipf-Oberfrick, wie die Dorfchronik von Ueken berichtet.

Miriam Häusler

Bis ins 20. Jahrhundert war es geläufig, dass ein Flurhüter die Wiesen, Äcker und Felder in der Umgebung überwachte. Sah er dabei Jemanden, der Unrechtes tat, so wurde dieser vor dem Gemeinderat angezeigt und mit einer Geldbusse bestraft.

Im Jahr 1893 lebte der «Jägersepp» auf dem Willihof in Herznach. Er war der erste Dirigent der Musikgesellschaft Herznach, wie in der Dorfchronik von Ueken bekannt wird. Nebenbei gab er interessierten Knaben aus der Umgebung Musikunterricht.

Als sich an einem Sonntag die kleine Schar von Knaben nach dem Unterricht auf den Heimweg nach Gipf-Oberfrick begab, gingen sie über den Chornberg und stiessen auf einen Kirschbaum. Prompt liefen sie auf den Baum los und begannen die Kirschen zu essen und zu pflücken. Allerdings blieben sie dabei nicht unentdeckt, denn der Flurhüter von Ueken beobachtete sie dabei.

Anzeige des Gemeinderats
Kurz darauf erhielten die betroffenen Burschen eine Anzeige und mussten vor dem Gemeinderat in Ueken erscheinen. Von den insgesamt zehn Knaben waren dem Flurhüter nur von dreien die Namen bekannt und so wurden als erstes diese drei eingeladen. Allerdings erschienen nur zwei zum Termin. Sie wurden angezeigt, weil sie mit ihren Freunden gemeinsam über einen Kirschbaum hergefallen seien und dann Kirschen sowie ganze Äste vom Baum gerissen hätten. Die Angeklagten bestritten ihre Schuld. Sie behaupteten, dass sie es nicht getan hätten und dass sie ebenso keinen Flurhüter an diesem Ort gesehen hätten. Alles Lügen nützte nichts und sie mussten eine Geldstrafe von je 10.50 Franken bezahlen.

Da nicht alle erschienen waren, wurde eine zweite Sitzung einberufen, zu welcher dann alle, inklusive zweier Väter, erschienen. Wieder wurde alles abgestritten. Zudem begannen die Väter, ebenso die Söhne, herumzuschreien und die Anwesenden zu beschimpfen. Nach einer Beratung bekannte der Gemeinderat die Angeklagten für schuldig und sie mussten eine Geldstrafe von 6.65 Franken bezahlen. Auf das Urteil begannen die Knaben und ihre Väter wieder mit lauten Stimmen zu erwidern und herumzuschreien. Auch der Aufforderung des Gemeindeammanns, den Saal zu verlassen, folgten sie nicht, sondern fluchten weiter und bewegten sich nicht von der Stelle.

Geld oder Gefängnis
Am Folgetag beschloss der Gemeinderat dann, die Schuldigen noch vor dem Bezirksamt wegen ihres schändlichen Benehmens anzuzeigen. Dieses leitete darauf Untersuchungen ein und die Staatsanwaltschaft empfahl dem Gemeinderat, die Beschuldigten mit Ordnungsbussen zu bestrafen. So fällte der Gemeinderat von Ueken erneut ein Urteil: «Durch ihr rohes Benehmen, durch Schreien und Schelten und förmlicher Widersetzlichkeit haben die Beklagten die öffentliche Ruhe und Ordnung in grober Weise gestört. Sie sind hierfür zu bestrafen.» Die erneute Busse für die insgesamt acht Verurteilten betrug zwischen 5 und 15 Franken. Wer nicht bezahlen konnte, hatte die Möglichkeit seine Geldbusse in eine Gefängnis. strafe von rund ein bis vier Tagen einzutauschen.


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