Lehrer Stutz kehrt zurück

  06.11.2019 Gansingen

Um die Zukunft mitzugestalten, sind Weitsicht und vor allem auch Mut zu Neuem wichtige Voraussetzungen. Ein solcher Pionier war der einstige Gansinger Lehrer Albert Stutz. Der Mitgründer und erster Präsident der Darlehenskasse Gansingen-Oberhof kehrt nun als Gemälde an seinen einstigen Wirkungsort zurück.

Susanne Hörth

Im Sitzungszimmer der Raiffeisenbank Mettauertal ist ab sofort auch Albert Stutz Teil des Geschehens. Seinen Platz vom oberen Zimmerende aus nutzt er, um mit offenem Blick die Geschicke der Raiffeisenbank zu verfolgen. Sich an den Besprechungen beteiligen wird er aber nicht. Mitgeredet, mitgestaltet und mit Mut auch die Zukunft angegangen hat Albert Stutz zu seinen Lebzeiten aber sehr wohl. Er war von 1907 bis 1935 erster Präsident der damals neu gegründeten Darlehenskasse Gansingen-Oberhof – der heutigen Raiffeisenbank Mettauertal.

«Bruno Erdin, Enkel von Lehrer Stutz, hat uns angefragt, ob wir Interesse am Portrait seines Grossvaters Albert Stutz hätten», so Stefan à Porta. Die Entscheidung sei leicht gewesen, lacht der Verwaltungsratspräsident der Raiffeisenbank Mettauertal an der kleinen Feier letzte Woche. «Wir sind stolz, Albert Stutz in unseren Räumlichkeiten willkommen heissen zu dürfen.» Bruno Erdin erklärte, dass er beim Verkauf seines Einfamilienhauses und den Umzug in eine kleinere Wohnung leider keinen Platz mehr für das Familiengemälde hatte. Der Gansinger Georg Oeschger brachte ihn auf die Idee, mit dem Bild auch ein Stück Geschichte der Raiffeisenbank zu übergeben. Das vom Kunstmaler Hermann Oeschger geschaffene Ölgemälde wurde nach seiner Übergabe aufgearbeitet und mit einem schlichteren Rahmen versehen.

Wegbereiter
Stefan à Porta liess in seinen Dankesworten auch die Geschichte der Raiffeisenbank Mettauertal einfliessen. Hatten Albert Stutz und seine Mitstreiter diese doch massgeblich mitgeprägt. Ende 1906 fand unter dem Vorsitz des Gansinger Dorfschullehrers Albert Stutz eine Versammlung des katholischen Männer- und Landwirtevereins in der Speisewirtschaft Boutellier statt. Dank eines guten Referenten liessen sich die Anwesenden vom Gedanken einer ländlichen Darlehenskasse so gut überzeugen, dass gleich 53 Männer ihre Zustimmung für eine Gründung mit Unterschrift kund taten. An der ersten Generalversammlung im März 1907 hatten sich schon 100 Mitglieder eingeschrieben. Am 1. April 1907 war es dann soweit: Die neue Kasse gab es nun offiziell. Eine Bank ohne Geld? Undenkbar. Um dieses Kapital zu beschaffen, brauchte es einige finanzkräftige Einleger. «Glücklicherweise fand sich einige im näheren Bekannten- und Verwandtenkreis von Vorstand und Kassier», so Stefan à Porta. Urs Obrist, Leiter der Raiffeisenbank Mettauertal, fügt an: «Das erste Geld, das herausgegeben wurde, ermöglichte einem Bauern den Kauf einer Kuh.»

Genossenschaftsgedanke dreht weiter
1919, 1920 und 1925 kamen mit Wil, Etzgen-Mettau und Hottwil weitere Darlehensbanken im Tal dazu. Heute bilden sie zusammen die Raiffeisenbank Mettauertal. «Wie unsere früheren Kollegen ist der Verwaltungsrat auch heute bestrebt, seine Entscheidungen weitsichtig und im Interesse der Genossenschafter zu treffen», betonte Stefan à Porta am Schluss der kleinen Feier. «Das Bild von Lehrer Sutz wird uns immer wieder daran erinnern, dass es Menschen braucht, welche neue Wege gehen und bereit sind, sich auf Neues einzulassen.»

Sich mit den Veränderungen im Bankenumfeld entwickeln und nach vorne schauen, dazu braucht es neue Wege. Die Raiffeisenbank Mettauertal möchte, vorausgesetzt die Mitglieder stimmen dem Vorhaben zu, diesen Weg künftig zusammen mit der Raiffeisenbank Regio Frick beschreiten (die NFZ berichtete).


Albert Stutz 1877–1955

Als Bruno Erdin sechs Jahre alt war, starb sein Grossvater Albert Stutz. Dennoch kann Enkel Bruno doch einiges über seinen Grossvater berichten. Die Mutter von Bruno Erdin hat kurz vor ihrem Tod eine Familienbiografie verfasst und darin natürlich einiges über ihren Vater festgehalten. Albert Stutz wuchs in Hägglingen in sehr ärmlichen Verhältnissen auf. Für den Lebensunterhalt der Familie verkaufte der Vater Strohhüte. Albert Stutz konnte trotz der bescheidenen Verhältnisse das Lehrerseminar besuchen. Seine erste Lehrerstelle hatte er in Rümikon. Dann wechselte er nach Gansingen. Mit seiner Ehefrau Elisabeth konnte er hier ein Bauernhaus mieten. Der frühe Tod seiner Frau war ein schwerer Schicksalsschlag. Albert Stutz war ein «Chrampfer». Er unterrichtete 50 bis 80 Schüler für einen Jahreslohn von 1200 Franken. Er war Organist, Mitglied des Bezirksschulrates, Kassier des Armenerziehungsvereins, Gründungsmitglied der Elektra und hatte noch viele weitere Ämter inne. Für sein grosses Schaffen wurde er später auch zum Ehrenbürger von Gansingen ernannt. Er war auch Politiker und als solcher im Grossen Rat tätig. Und er war Gründer der Raiffeisen Spar- und Darlehenskasse Gansingen-Oberhofen und gab auch den Anstoss für die Gründung weiterer Kassen im Mettauertal und Umgebung. (sh)


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