Ein ständiger Kampf ums «Überleben»

  12.11.2019 Fricktal, Sport

Die 24-jährige Fricktaler Profisquasherin, Nadia Pfister, lebt im Überlebensmodus. Sie reist viel und ihre Tage sind prall gefüllt. In den nächsten zwei Wochen spielt sie an Turnieren in Frankreich und England und versucht Punkte für das Vorrücken im World Ranking zu sammeln.

Stefan Kleiser

Partystimmung. Laut und fröhlich tönt es aus dem Hintergrund. «Ein Junggesellinnenabend», erklärt Nadia Pfister am Telefon. «Alle sind aufgetakelt und es gibt Prosecco.» Allerdings bloss im benachbarten Abteil des Schnellzuges. Die Profi-Squasherin ist unterwegs von Leeds nach Manchester, von wo sie in die Schweiz fliegt. In England war die Nummer 87 der Welt zum wiederholten Mal bei Malcolm Willstrop zum Training. Dort sei es «ein wenig gemütlicher» zugegangen, erzählt die 24-Jährige aus dem Squashclub Fricktal. Weil der Trainingsorganisationsstress entfiel. «Der September war anstrengend», blickt sie zurück. Nadia Pfister war am Europacup und startete an Turnieren in Hong Kong sowie Malaysia. «Zwei Mal in einem Monat nach Asien reisen, das ist genug.» Aber zwei Trainings am Tag, füllten den Tag auch. «Und in England im Supermarkt den «Zmittag» holen dauert auch länger, da komme ich mir immer und immer wieder vor wie Alice im Wunderland», schmunzelt sie. «Es ist auch spannend, weil es die Leute vor Ort ein Stück weit spiegelt.»

Wettkampfpraxis suchen
Nun ist wieder Turnierbetrieb. Nächste und übernächste Woche startet Nadia Pfister in Créteil und London. Warum sie gerade diese Events in ihren Terminkalender genommen hat? «Es war die einzige vernünftige Auswahl», antwortet die Ramlinsburgerin. An einem Tour-5-Event wie dem in Créteil muss sie den Halbfinal erreichen, um ihren Punktschnitt zu halten. «Das ist es nicht wert, weit zu reisen.» Ein Vorort von Paris liegt aber grad noch drin. Das Los ist jedoch nicht glücklich. «Ich treffe in der zweiten Runde auf die Nummer eins, da haut es mich vielleicht raus», mutmasst die Nationalspielerin. «Aber das ist immer noch besser als keine Wertung.» Diese Saison hat Nadia Pfister erst drei PSA-Turniere bestritten – an den anderen war sie nur auf der Warteliste oder sortierte sie aus, «da der Aufwand zu gross gewesen wäre». Dafür sieht es für den Tour-10-Event in London gut aus. «Da sollte ich in der ersten Runde gewinnen.» Danach würde sie auf Anna Serme, die Nummer 63 der Welt, treffen. Die Möglichkeit auch diese Runde für sich zu entscheiden bestünde. Denn 2017 besiegte Pfister die Tschechin in den NLA-Playoffs. Neu wird die Nationalliga-A-Meisterschaft aber nur noch an zwei Wochenenden ausgetragen. Auch da geht Wettkampfpraxis verloren. Mit Pontefract bestritt Nadia Pfister darum schon zwei Spiele der Yorkshire League. «Und wenn ich zu Hause bin, versuche ich hier mit den Herren zu spielen.» Am 3. November wurde sie in Birrhard Aargauer Meisterin. «Darauf habe ich die ganze Zeit hingearbeitet», scherzt die Squasherin. Trotz drei Siegen ohne Satzverlust hatten aber auch diese Matches ihren Sinn. «Es war ein tolles Erlebnis und ein angenehmer Event.»

Es ist alles vorhanden
«Manchmal bin ich froh, wenn ich drei Spiele in einer Woche habe, um das im Match anzuwenden, woran ich vorher im Training gearbeitet habe», erklärt Nadia Pfister. Nach Hong Kong war sie frustriert, weil sie gegen Salma Youssef, damals in der Weltrangliste auf Platz 62 geführt, zwar fast gleich viele Punkte gewann, aber trotzdem verlor. «Squash ist eine tägliche Herausforderung: Am Morgen trainierst du gut, am Nachmittag nicht, und du weisst nicht wieso.»

Derzeit beschäftige sie sich stark mit dem positiv denken, verrät Nadia Pfister. Der Trainer sagt ihr: «Du musst dir bewusst sein, dass es sehr viele gibt, die das schon machen, seit sie fünf Jahre alt sind». Nadia Pfister begann erst als 12-Jährige mit Squash. «Natürlich ist es ein Langzeitprojekt», sagt sie über ihre Karriere: «Aber die Uhr tickt». In England hat sie mit James Willstrop (PSA 18) und Chris Simpson (PSA 45) geübt. «Ich konnte gut mit ihnen trainieren.» Und was meinte Vater Willstrop? «Wenn du gegen die bestehen kannst, dann hast du alles, was du brauchst.»

Alle Hände voll zu tun
Pfister ist in Pontefract in den Squash-Trainings von Malcolm Willstrop nicht nur Schülerin, sondern gelegentlich auch selber Trainerin. Sie beübt regelmässig Schulkinder. «Das ist Nadia», wird sie dann jeweils vorgestellt: «Sie ist im Schweizer Nationalteam und extra für euch da». Es sei Ehrensache, da mitzumachen, sagt die Profi-Squasherin. «Und das darf auch nicht jeder. Und ein bisschen Geld bekomme ich dafür auch.» Selbst regelmässige Trainings anbieten ist noch keine Option. Dafür fehlt die Zeit. «Ich habe alle Hände voll zu tun mit meinem eigenen Squashleben», sagt sie. «Ich bin immer ein bisschen im Überlebensmodus.»


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