Ein Mann des Ausgleichs tritt ab

  10.11.2019 Persönlich, Wegenstetten

Willy Schmid ist kein Mann der lauten Töne, sondern ein stiller Schaffer. Auf Ende Jahr hört der Gemeindeammann von Wegenstetten auf. Er freut sich auf weniger Termine und mehr Zeit mit seiner Frau.

Valentin Zumsteg

Willy Schmid sitzt am Küchentisch seines Einfamilienhauses und blickt zurück auf die vergangenen 22 Jahre. So lange gehört er dem Gemeinderat von Wegenstetten schon an; acht Jahre davon als Vizeammann und zehn Jahre als Gemeindeammann. Schmid ist ein Mann des Ausgleichs. Er stellt die Sache in den Vordergrund und nicht sich selber. «In den 22 Jahren hatte ich nur einen Ausraster. Da wurde ich am Telefon wirklich laut. Doch das ist abgehakt», erzählt der 64-Jährige. Die Gemeinde liegt ihm am Herzen, deswegen war für ihn klar, dass er sich für das Dorf engagiert. Den Schritt hat er nie bereut. «Ich habe viel gelernt und durfte Leute kennenlernen, die ich sonst nie getroffen hätte. Es ist eine sehr gute Erfahrung.»

«Wir hatten es immer gut»
In den vergangenen Jahren hat sich vieles verändert. «In der Anfangszeit als Gemeinderat hatte ich das Ressort Hochbau. In zwölf Jahren gab es nur eine einzige Einsprache. Diese war in der Verhandlung nach zehn Minuten abgehakt. Heute ist das anders, heute kommt jeder gleich mit dem Anwalt. Auch die Gemeinde muss deswegen immer häufiger die Dienste von Anwälten in Anspruch nehmen», bedauert Willy Schmid. Für ihn ist klar: «Man redet heute zu wenig miteinander. Und man gönnt dem Nachbarn nichts. Das ist schade.»

Ende Jahr hört er nun auf und legt das Amt nieder. «Eigentlich wollte ich das schon vor zwei Jahren, doch damals fehlte noch ein Nachfolger. Deswegen stellte ich mich nochmals zur Wahl. Ich habe aber immer gesagt, dass ich nicht mehr die ganze Amtsperiode vollenden werde.» Jetzt sei der Zeitpunkt ideal, um kürzer zu treten. Die gesundheitlichen Probleme, die er im März erlitten hatte, haben mit dem Entscheid nichts zu tun, wie er betont. Es falle ihm dadurch aber noch etwas leichter. Seinen Ratskollegen und der Verwaltung windet er ein Kränzchen. «Wir hatten es immer gut.»

«Wir wollten hier nie weg»
Schmid ist in Wegenstetten aufgewachsen, ebenso seine Frau. «Wir wollten hier nie weg. Wegenstetten ist unsere Heimat, hier haben wir unsere Freunde und Kollegen.» Während vieler Jahre arbeitete der gelernte Sanitär- Installateur beim Festungswachkorps in Frick und Brugg, später bei der Armasuisse (Bundesamt für Rüstung). Seit zwei Jahren ist er frühpensioniert.

Die Gemeinde mit ihren rund 1050 Einwohnern stehe heute gut da, in den vergangenen Jahren sei viel in die Infrastruktur investiert worden. «Wir sind aber nicht auf Rosen gebettet. Der finanzielle Spielraum ist klein, vieles wird vom Kanton vorgegeben. Allein die Ausgaben für die Bildung machen 45 Prozent unseres Budgets aus», erzählt Schmid. Für ihn steht ausser Frage, dass irgendwann eine Fusion mit den anderen Gemeinden im Tal zum Thema wird. «Wir arbeiten heute schon in vielen Bereichen zusammen.» Derzeit setzen die vier Gemeinden alles daran, um die Sekundarschule in Wegenstetten behalten zu können. Auch im Bereich Primarschule wollen Wegenstetten, Hellikon, Zuzgen und Zeiningen künftig enger zusammenrücken. Die Beziehung zu Möhlin, das künftig keine Schüler mehr ins Tal schicken will, habe in jüngster Zeit etwas gelitten.

Spazieren, walken und schreinern
«Als Gemeindeammann hat man immer eine volle Agenda», sagt Schmid. Er freut sich nun darauf, künftig weniger Termine und mehr Zeit mit seiner Frau zu haben. Gemeinsam gehen sie spazieren und walken. Er schreinert auch gerne und geniesst es, in Ruhe ein Buch lesen zu können. Die vier Enkelkinder, von denen Bilder an der Küchenwand hängen, sollen ebenfalls nicht zu kurz kommen. «Ich werde aber auch weiterhin an den Gemeindeversammlungen teilnehmen und mich am Dorfleben beteiligen», sagt Schmid, der im Vorstand der Männerriege mitarbeitet.

Zum Schluss noch die entscheidende Frage: Heisst es eigentlich Wegenstetter- oder Möhlintal? Willy Schmid lacht. «Offenbar gibt es ein Dokument im Staatsarchiv, in dem Möhlintal steht. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass es hier in der Bevölkerung jemals Möhlintal hiess. Wir halten es im Gemeinderat so: Wenn die vier Gemeinden im Tal etwas gemeinsam machen, dann sprechen wir vom Wegenstettertal. Ist Möhlin mit dabei, dann nennen wir es Möhlintal.» Ein Tal mit zwei Namen: Das ist der pragmatische Weg – und typisch Willy Schmid.


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