Wenn Bienen hungern

  03.10.2019 Gansingen, Natur

Zuckerteig für die Bienen statt Honig auf dem Brot

Der nasskalte Mai sorgte für schlechtes Flugwetter. Statt auszufliegen und Nektar zu sammeln, blieben die Bienen in ihren Stöcken. Im Sommer dann machte die Trockenheit den Insekten zu schaffen. Entsprechend schlecht fällt das Honigjahr 2019 unter anderem für einen langjährigen Gansinger Imker aus.

Susanne Hörth

«Ich bin jetzt in meinem 40. Jahr als Imker. Aber noch nie habe ich so etwas erlebt.» Thomas Senn schüttelt traurig den Kopf. Für seine Bienen, so der Gansinger, sei es ein sehr schlechtes Jahr gewesen. Hätte der erfahrene Imker nicht Mitte Jahr massiv zugefüttert, so wären viele der Insekten verhungert.

Das Bienenjahr beginnt im März und dauert in der Regel bis Ende September, anfangs Oktober. Sah es im milden März noch ganz passabel für das Honigjahr 2019 aus, so änderte sich das im April und Mai schlagartig. «Heuer war es besonders im Mai viel zu kalt und viel zu nass», geht Senn auf die ungünstigen Wetterbedingungen ein. Statt die blühenden Obstbäume anzufliegen, Blütenstaub und Nektar zu sammeln, blieben die Insekten in ihren Stöcken. Und hungerten.

In den zurzeit 18 Völkern von Imker Thomas Senn leben durchschnittlich 50 000 bis 60 000 Bienen. «Im Winter reduziert sich diese Zahl auf etwa 12 000 bis 8000.» Die kleinen Honigproduzenten leben in verstellbaren Kisten, sogenannten Magazinen. Zwei der darin vorhandenen Ebenen stehen der Brut, dem Bienennachwuchs, zur Verfügung. Die dritte Zarge besteht aus den Honigwaben, erklärt Thomas Senn. «In guten Zeiten wird ein Magazin pro Tag zwei bis drei Kilogramm schwerer», weiss er aus Erfahrung. Die Gewichtzunahme ist den sich füllenden Honigwaben geschuldet.

Ein Zuckerteig zur Stärkung
Als Senn bei der Ernte anfangs Juni die Honigzargen aus den Magazinen nahm, «bin ich sehr erschrocken. Im unteren Teil befand sich nur die nackte Brut und sonst nichts.» Von Nahrung für die Jungtiere keine Spur. Für den Imker sofort klar: hier braucht es dringend Unterstützung. Seine kleinen Schützlinge bekamen noch am gleichen Tag mehrere Kilogramm Zuckerteig. «Noch nie habe ich so früh, so oft und so viel zufüttern müssen.»

Normalerweise kann Senn von seinen Bienenvölkern pro Ernte an die 300 Kilogramm Honig schleudern. Die diesjährige Frühernte brachte etwa zwei Drittel davon. Auf die sonst übliche zweite Ernte beim Abräumen verzichtete der Gansinger ganz. Wie in den Vorjahren hatte er Mitte Juni einen Teil seiner Bienenvölker auf einer Wiese nahe dem Sulzer Waldrand platziert. Die Hoffnung auf feinen Waldhonig zerschlug sich aber schon bald. Wie die Wiesen präsentiert sich auch der Wald sehr trocken. Insbesondere die Fichten und Weisstannen leiden. Wo sich sonst Rinden- und Blattläuse tummeln, bröselt lediglich dürres Material von den ausgetrockneten Tannen ab. Weil die Läuse fehlen, fehlt auch deren Ausscheidung: der bei Ameisen und Bienen sehr begehrte Honigtau. Bienen saugen das Tautröpfchen auf und tragen es dann ihre Unterkünfte, wo es ein wichtiger Bestandteil bei der Herstellung von Waldhonig ist.

Für Thomas Senn ist das Honigjahr 2019 nun definitiv abgeschlossen. Nicht so aber die Hege und Pflege seiner Bienenvölker. Nebst der in diesem Jahr aussergewöhnlichen hohen Zufütterung mit Zuckerteig und Zuckerwasser, gilt es weiterhin, die Bienen gegen die tödliche Varroamilbe zu behandeln. Jetzt hofft der Gansinger Imker auf sonniges Bienenwetter und damit ein reiches Honigjahr 2020.


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