Gast im Leben anderer Menschen

  14.10.2019 Aargau, Kommende Events, Mettau

«Die Dargebotene Hand»: Referat am 7. November in Mettau

Die Themen und Erwartungen der Menschen, die in ihrer Not die Telefonnummer 143 anrufen, sind unterschiedlich. Sie alle wollen jedoch gehört werden. Christina Hegi Kunz ist Geschäftsleiterin von «Die Dargebotene Hand AG/SO». Sie weiss, welche Entlastung es für das Gegenüber sein kann, wenn man ihm Aufmerksamkeit schenkt.

Bernadette Zaniolo

Durchschnittlich alle zweieinhalb Minuten wählt jemand in der Schweiz die Nummer 143. «Die Frauen sind in der Überzahl», sagt Christina Hegi Kunz. Sie leitet die Geschäftsstelle Aargau/Solothurn-Ost von «Die Dargebotene Hand». Im letzten Jahr haben gemäss Christina Hegi Kunz 123 000 Frauen (68,5 Prozent) und 56 500 Männer (31,5 Prozent) eine Beratung in Anspruch genommen, sei dies telefonisch oder online. Die kostenlose und anonyme Beratung dauert im Schnitt zwischen 20 und 30 Minuten. Oft seien es «Beziehungsprobleme», die zur Sprache kommen. Dazu zählen nicht nur Probleme in der Partnerschaft oder Familie, sondern auch Probleme am Arbeitsplatz oder mit der Nachbarschaft. Häufig seien die Anliegen der Anrufenden verzwickt.

Bei älteren Leuten sei oft die Einsamkeit ein Problem. «Immer mehr Menschen haben psychische Probleme», sagt Christina Hegi Kunz. Und wie die 54-Jährige, welche früher selber als freiwillig Mitarbeitende am Telefon tätig war, verrät: «Ein Gespräch am Telefon kann viel intensiver sein, als wenn man der Person gegenübersitzen würde. Man ist voll konzentriert auf das Gegenüber.» Heisst: Durch die grössere (räumliche) Distanz entsteht mehr Nähe im Gespräch.

Persönliches Umfeld nicht mit Problemen belasten
Oft wisse man nicht, ob man der Person, die angerufen habe, helfen konnte. «An der Veränderung in der Stimme merkt man jedoch eine gewisse Entlastung.» Manchmal komme es aber vor, dass jemand am anderen Tag anrufe und sich bedanke, dass der oder die Beraterin (auch sie bleiben anonym) geholfen habe. Oft wird die Dargebotene Hand kontaktiert, weil Menschen ihr persönliches Umfeld nicht mit ihren Problemen «belasten» wollen oder glauben, diesen damit «auf den Nerv zu gehen».

«Wir aber sind für einen kurzen Moment zu Gast im Leben anderer», sagt Christina Hegi Kunz zum Engagement der freiwillig Mitarbeitenden bei Telefon 143. «Das Interesse am Menschen und seinem Schicksal» habe sie motiviert, die Ausbildung zur Telefonberaterin zu machen. «Im Kleinen, wie zum Beispiel mit einem Gespräch etwas zu bewirken, ist bereichernd.»

Doch: Bleibt die Anonymität bei einem Anruf auf die Nummer 143 auch wirklich gewährleistet? Denn, moderne Kommunikationsmittel machen es heute möglich, dass die Telefonnummer oder gar der Name angezeigt wird. «Der Nummer 143 ist eine Software vorgelagert, welche die Nummernerkennung verunmöglicht», so Christina Hegi Kunz. «So bleibt die Anonymität gewährleistet.»

Seit 2014 laden die Gemeinderäte von Gansingen, Mettauertal und Schwaderloch jährlich zu einem Vortrag zum Thema Alter ein. Am 7. November, 19 Uhr, ist Christina Hegi Kunz zu Gast in der Turnhalle Mettau. Das Referat der Geschäftsleiterin der Dargebotenen Hand AG/SO steht unter dem Titel «Darüber reden hilft…» und richtet sich nicht nur an Senioren.


143: Das «Sorgentelefon»

Durchschnittlich alle zweieinhalb Minuten wählt jemand in der Schweiz die Nummer 143 der Dargebotenen Hand. Rund ein Viertel aller Gespräche führt die Dargebotene Hand in der Nacht. Zählt man die Anrufe an Wochenenden und Feiertagen dazu, zeigt sich, dass gegen die Hälfte aller Gespräche mit Telefon 143 zu Zeiten geführt werden, in denen andere Hilfsangebote nicht oder nur schwer zu erreichen sind. «Reichtum an persönlichen Lebenserfahrungen bildet die Basis für Freiwilligenarbeit bei Telefon 143. Die freiwillig Mitarbeitenden (schweizweit über 600 Männer und Frauen) kommen aus den verschiedensten Berufen und stehen in den unterschiedlichsten Lebensphasen. Sie wenden monatlich zirka 25 Stunden für die Beratung am Telefon und für Weiterbildung auf – und sie tun dies unentgeltlich», heisst es auf der Internetseite der Regionalstelle Aargau/Solothurn-Ost.

Christina Hegi Kunz leitet die Geschäftsstelle AG/SO seit 2011. Zuvor war sie während sieben Jahren als Freiwillig Mitarbeitende am Telefon tätig, nachdem sie 2003 die Ausbildung zur Telefonberaterin absolviert hatte. Die bald 54-Jährige ist im Fricktal (in Mettau) aufgewachsen. Sie hat eine kaufmännische Ausbildung absolviert und war während vieler Jahre im Personalbereich in der Privatwirtschaft tätig. (bz)


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