«Schlangen sind zwar wunderschön, aber keine Kuscheltiere»

  19.10.2019 Möhlin, Persönlich

Seit rund elf Jahren hält Ute Stebler aus Möhlin Schlangen bei sich zu Hause. Dabei hat sie sich ein beeindruckendes Wissen über diese faszinierenden Tiere angeeignet und gibt dieses auch gerne weiter.

Birke Luu

«Ich habe einen Tierhaushalt mit diversen Raubtieren, aber harmlosen», lacht Ute Stebler zur Begrüssung. Und dabei meint sie nicht nur ihre zehn Schlangen, mit denen sie sich ihre kleine Eigentumswohnung teilt, nein, sie hat auch noch einen Hund, drei Katzen, drei Echsen, diverse Vogelspinnen, Fische und Wellensittiche. Dennoch nehmen die Schlangen einen besonderen Platz im Leben der 66-jährigen Rentnerin ein. Sie sei mit vielen verschiedenen Tieren aufgewachsen, aber die private Schlangenhaltung wäre in ihrer Jugend noch unbekannt gewesen, erklärt die gebürtige Lörracherin, die schon seit 38 Jahren in Möhlin wohnt. Sie habe die Schlangen zunächst einfach in der Natur beobachtet.

Erst viel später, nach der Trennung von ihrem Mann, der kein Schlangenfreund war, habe sie sich dann schliesslich die Freiheit genommen ihre ersten Schlangen zu kaufen: zwei kleine Königspythons. Vor elf Jahren war das.

Faszinierende Tiere
Heute besitzt Ute Stebler inzwischen – sie zählt kurz nach – zehn Schlangen: da wären zwei Königspythons, fünf Kornnattern, eine Königsnatter und zwei Baby-Bambusnattern. Alle ungiftig. Sie verteilen sich auf diverse Terrarien, die rund um das Wohnzimmer und im Schlafzimmer aufgestellt sind. «Ich kann nicht verstehen, warum manche Schlangen ekelig finden. Angst kann man haben, es gibt ja schliesslich giftige Exemplare, aber Schlangen sind nicht hässlich, sondern traumhaft schöne Tiere!» Wundervoll sei es sie anzuschauen, schwärmt die Schlangenliebhaberin voller Respekt. Ihre runden Bewegungen seien äusserst elegant und kraftvoll, was an ihrer tollen Muskulatur liege. Schlangen anzufassen sei auch ein wunderbares Gefühl, allerdings kein Alltägliches, denn Schlangen seien keine Kuscheltiere, warnt Ute Stebler. «Ich vergleiche Schlangen gerne mit einer schönen Orchideenblüte, die selbstverständlich auch nur angeschaut und nicht geknuddelt wird!»

Besondere Erlebnisse
Das Herausnehmen aus ihrer Umgebung gefalle einer Schlange – wie übrigens einem Meerschweinchen oder Kaninchen – gar nicht und geschehe daher nur, wenn es notwendig sei wie zum Beispiel beim Füttern: Wenn dabei mehrere Schlangen im gleichen Terrarium wären, könnte es passieren, dass sich beide in das Futter, also die Maus, verbeissen und schliesslich die kräftigere Schlange die Maus mitsamt der daran hängenden anderen Schlange mit in ihr Maul hineinschlingen würde – «ein Supergau!», der Ute Stebler glücklicherweise noch nicht passiert ist. Passiert ist ihr dafür anderes. Nein, entflohen ist ihr noch keine und ja, gebissen wurde sie zwar schon, aber nur von einer jungen Schlange, die zudem nicht giftig war. Sie möchte aber etwas anderes erzählen. «Wie bereits erwähnt, mögen es Schlangen nicht, aus ihrem Terrarium herausgenommen zu werden. Meine rot-schwarz-weiss gestreifte Königsnatter ist da besonders ängstlich und so ist es mir passiert, dass dieses traumhaft schöne Tier beim Herausnehmen vor lauter Angst seinen stinkenden Kot fontainenartig durch das ganze Zimmer gespritzt hat. Das war eine riesige Sauerei und hat unheimlich gestunken», grinst sie mit verzogenem Gesicht.

Grosses Grundwissen
Wie gut, dass die Tierbegeisterte hart im Nehmen und von ihren Schlangen ansonsten überaus begeistert ist. Sie erzählt von deren Abstammung und Entwicklung, Verbreitung und Körperbau, ihren Färbungen und speziellen Eigenschaften. Besonders faszinierend findet die Autodidaktin, die sich ihr breites Wissen selbst angelesen hat, die beiden aussergewöhnlichen Organe der Schlangen: Erstens das Jacobsonsche Organ in der Mundhöhle, mit dessen Hilfe Schlangen alles riechen können, was durch ihr Züngeln dorthin befördert wurde. Und zweitens das Grubenorgan – zwei Löcher am Kopf, durch die Luft eingesogen wird, um so Wärmeunterschiede der Umgebung messen zu können. Dies ist bei der nächtlichen Jagd äusserst hilfreich, um warmblütige Tiere wie Mäuse aufzuspüren. Faszinierend!

Was sie weiss, gibt die gelernte Drogistin, die heute freiwillig im Pflegeteam der Storchenstation Möhlin arbeitet, auch gerne weiter. Neulich war sie in einer Schule in Basel eingeladen, um von ihren Schlangen zu erzählen. Und auch in einer Möhliner Klasse war sie schon mal zu Gast. Kinder seien sowieso viel offener als Erwachsene, erklärt Ute Stebler, die auch ihre interessierte Enkelin kaum bremsen kann. Dennoch betont die Schlangenbegeisterte, dass diese Tiere nichts für kleine Kinder seien. «Schlangen sind eher Tiere für Berufstätige Menschen oder ältere Kinder – immer unter elterlicher Aufsicht – da sie pflegeleichte Einzelgänger sind. Zudem sind sie sehr sauber und günstig in der Haltung und verursachen keine Allergien».

In den Urlaub zu fahren sei auch kein Problem, denn erwachsene Tiere bräuchten nur ungefähr alle drei Wochen etwas zum Fressen, allerdings müsse man damit umgehen können tote Mäuse zu verfüttern.

Wichtiges Anliegen
Und wer sich jetzt überlegt, vielleicht mal eine Schlange anzuschaffen, den möchte Ute Stebler dringlichst bitten, sich diesen Schritt extrem gründlich zu überlegen. «Bevor man ein Tier kauft, muss man sich über dessen Lebensbedingungen ausführlichst informieren. Bei Schlangen, die oft aus den Tropen stammten, sei es eine Herausforderung, im Terrarium bei 30 Grad Celcius auch 80 Prozent Luftfeuchtigkeit hinzubekommen. Weiterhin hätten Schlangen eine Lebenserwartung von ungefähr zwanzig Jahren. «Das ist für viele Besitzer dann plötzlich zu lange und so landen viele Tiere im Internet auf Tutti und Co», warnt sie aus Erfahrung. Generell würden heute mehr Schlangen gezüchtet als wirklich nachgefragt, zudem gehe es um aussergewöhnliche Farbvarianten und Musterungen. Normalfarbene Schlangen wollten heute nur noch wenige – eine davon ist Ute Stebler, die diese nicht domestizierten Wildtiere rundherum faszinierend findet, ihnen mit Begeisterung, aber auch ganz viel Wissen und Respekt begegnet, wie es jeder Tierliebhaber tun sollte.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote