«Ich komme nie ohne Plan in den Stall»

  22.10.2019 Wil

Claudia Menotti hat als Horsemanship-Studentin schon sehr viel gelernt

Als frischgebackene Pferdebesitzerin wollte Claudia Menotti aus Wil vor vier Jahren einen Kurs besuchen, damit sie und ihr Pferd sich gut verstehen. Was in der Zwischenzeit daraus geworden ist, ist eine Lebenseinstellung.

Janine Tschopp

Der «Farmersplace» am Klingnauer Stausee in Kleindöttingen ist in den letzten Jahren zur zweiten Heimat von Claudia Menotti geworden. Hier fühlt sie sich wohl. Es ist der Ort, wo ihre Pferde daheim sind und wo sie jeden Tag herkommt, um mit ihnen zu «spielen». Sie erzählt, dass es ein Riesen-Glücksfall sei, dass sie genau hier an diesem Ort sein dürfe. Und bald wird klar, dass hinter dem Wort «spielen» viel mehr steckt.

Tiere waren immer wichtig
Tiere haben im Leben von Claudia Menotti schon immer eine grosse Rolle gespielt. «Mein erstes Geld habe ich mit ‹Hunde-Sitting› verdient», erzählt die 49-Jährige. Mit ihrem Vierbeiner habe sie als Kind kleine Kunststückchen einstudiert. Irgendwann hat sie begonnen, sich für Pferde zu interessieren. «Der Umgang im Stall hat mir früher nie gefallen. Ich dachte immer, dass es einen anderen Weg geben muss, mit Pferden umzugehen.»

Die Beziehung zwischen Menschen und Pferden interessiert sie seit ihrer Kindheit. Oftmals besuchte sie Fredy Knie junior und schaute ihm bei der Arbeit zu. Sie war fasziniert, wie er mit den Tieren umging. Er arbeitete auch mit amerikanischen Mini-Pferden und erklärte ihr viel über diese spezielle Rasse. «Er sagte, dass sie motiviert, intelligent und schnell seien», erinnert sich Claudia Menotti.

Vor vier Jahren wurde sie selbst Besitzerin eines einjährigen amerikanischen Mini-Pferdes. Für sie war klar, dass sie von Anfang an den richtigen Umgang mit dem Tier lernen wollte. Eine Bekannte erzählte ihr vom Parelli Natur Horsemanship-Programm und dass es in Kleindöttingen, nicht weit von ihrem Wohnort Wil, einen sehr erfolgreichen Coach gebe, der dieses Programm unterrichte. «Ich wollte meine Ausbildungen schon immer nur bei den Besten machen», erzählt die Verkaufs- und Marketingleiterin, welche seit 20 Jahren in der Pharmaindustrie arbeitet.

Schon der erste Kurs hat ihr Leben verändert
Vor vier Jahren besuchte sie ihren ersten Kurs in Horsemanship bei Berni Zambail. Sie beschreibt es als «Riesen-Glücksfall» von diesem Erfolgscoach lernen zu dürfen. Der charismatische Mann, wie Claudia Menotti ihn bezeichnet, mit dem geschwungenen Schnauz ist im Engadin aufgewachsen. Seit einigen Jahren wohnt der Paartherapeut für die Pferd-Mensch-Beziehung in Untersiggenthal und unterrichtet in Kleindöttingen. Berni Zambail lehrt nach den Methoden der US-Amerikaner Pat und Linda Parelli. Der Fokus des Parelli Programms liegt nicht nur auf dem Training von Pferden, sondern die Ausbildung des Menschen steht im Vordergrund. Als erster Parelli Natural Horsemanship Instruktor wurde Berni Zambail vor kurzem mit dem sechsten Stern ausgezeichnet.

Schon nach der ersten Stunde bei Berni Zambail hat Claudia Menotti festgestellt, dass sie in einem ganz grossen Thema steckt, welches sie als Mensch verändert. «Ursprünglich habe ich den Kurs nur besucht, um mein Pferd auszubilden und gefährliche Situationen zu umgehen», beschreibt sie. Daraus ist aber viel mehr geworden. Sie realisierte bald, dass sie daran ist, eine ganze Lebenseinstellung zu lernen, in welcher Kommunikation, Vertrauen und Respekt die Hauptrollen spielen. «Wenn zwischen Menschen Schwierigkeiten auftreten, geht es oft um diese drei Themen», sagt Claudia Menotti.

Sie ist überzeugt, dass sie alles, was sie in den letzten Jahren in den Horsemanship-Kursen gelernt hat, jeden Tag anwenden kann. In der Geschäftswelt, aber auch im persönlichen Umfeld. «Berni Zambail hat auf jede meiner Fragen eine Antwort.»

Nie ohne Plan in den Stall
Claudia Menotti, welche Berni Zambail als «fokussierte und ehrgeizige Studentin» bezeichnet, lernte, dass es eine Führungsqualität sei, einen klaren Plan zu haben. «Ich komme nie ohne Plan in den Stall. Das Pferd überprüft regelmässig, ob ich noch immer Leader bin, ansonsten ‹sägt das Pferd an meinem Stuhl› und übernimmt selbst die Führung.» Schliesslich gehe es darum, dass der Mensch das Pferd sicher zum Wasser führt. Menotti ergänzt: «‹Chef sein› hat nichts mit dominieren zu tun. Man muss aber einen Plan haben, wohin man gehen will.» Ganz wichtig sei, dass das Pferd immer Spass habe. «Es ist mein Job, mein Pferd zu motivieren.» Auch Lob und Streicheleinheiten seien sehr wichtig. Während sie erzählt, worauf es in der Mensch-Pferd-Beziehung ankommt, zieht Claudia Menotti viele Vergleiche mit der Eltern-Kind-Beziehung.

Sie träumt davon, in einem Zirkus aufzutreten
Welche Pläne hat Claudia Menotti für die Zukunft? «Gerne würde ich einmal meinen Kindheitstraum realisieren und mit meinen Pferden im Zirkus auftreten.» Zirkusluft hat sie schon öfters geschnuppert. Einerseits durch ihre Besuche bei Fredy Knie junior, aber auch als sie den Circus Nock während einer Woche begleitete. Sie strahlt: «Es war so befreiend, mit nur ganz wenigen Sachen unterwegs zu sein und ständig die Tiere, das Sägemehl und die Zirkusluft zu riechen.»

Dass sie zusammen mit ihren Tieren ein gutes Team ist, durfte sie im September an der «Americana» in Augsburg beweisen. An der Messe für Westernreiter hatte sie zusammen mit ihren Pferden täglich drei Auftritte. «Am Abend war ich geistig und körperlich todmüde. Dieses Gefühl hatte ich zum letzten Mal, als ich Kind war.» Aber das ist das, was Claudia Menotti vor vier Jahren wollte und was sie heute überglücklich macht. Mit ihren Pferden in Harmonie unterwegs zu sein. Dass dies ihr Leben verändern würde und sie dadurch noch authentischer, geerdeter und fokussierter werden würde, davon hat sie damals noch nicht geträumt.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote