«Ein Förster würde das nie machen, wenn er nicht müsste»

  05.10.2019 Mettau, Natur

Ausserordentlich grosser Holzschlag auf dem Mettauerberg

Im Gebiet Ischlag in Mettau hat sich der Borkenkäfer extrem schnell verbreitet. Der Forstbetrieb hat reagiert. Die einen reden von Kahlschlag, der zuständige Förster sagt: «Es ist eine Zwangsnutzung.»

Bernadette Zaniolo

Der Forstbetrieb Mettauertal ist stark am Holzen. Teilweise mussten Flächen in der Grösse von Fussballfeldern abgeholzt werden. Dass auf dem Mettauerberg viele Baumstämme aufgeschichtet und für den Abtransport bereit liegen, «sticht» bei einem Spaziergang regelrecht ins Auge. «Im Gebiet Ischlag in Mettau ist eine sehr grosse Fläche vom Borkenkäfer befallen. Gemäss Schätzungen sind rund 1500 Kubikmeter Holz davon betroffen», sagt der Förster von Mettauertal, Fabian Bugmann. Weil in diesem Waldteil der Bestand an Fichten sehr hoch ist, konnte sich der Käfer extrem schnell verbreiten. Massnahmen mussten getroffen werden, was eben zu einem ausserordentlich grossen Holzschlag führte.

Kopfschüttelnd bleiben vereinzelt Personen vor den abgeholzten Flächen stehen. Bei anderen sorgt der Anblick für Wallungen. Sie hinterfragen die Notwendigkeit dieser Aktion. Ja sie sehen in ihr einen regelrechten Kahlschlag. Rufen bei der Abteilung Wald an und erkundigen sich, ob der Förster wirklich solche radikalen Massnahmen anordnen dürfe.

«Da blutet auch mein Herz»
«Ein Förster würde das nie machen, wenn er nicht müsste. Wir reden hier von einer Zwangsnutzung. Da blutet auch mein Herz, wenn man so viele Bäume fällen muss; Bäume, die da erst seit 30 bis 40 Jahren stehen», sagt Fabian Bugmann zur NFZ. Dazu kommt: «Faktisch verschenken wir das Holz, denn wir haben so schlechte Holzpreise. Die Lager sind voll.» Er unterstreicht, dass solche Zwangsnutzungsarbeiten durch den Einsatz des Vollernters viel effizienter ausgeführt werden können.

Aber hat man für das Holz auch Abnehmer, wenn die Lager bereits voll sind? «Ja, sonst hätten wir die Bäume stehen lassen müssen», erklärt Fabian Bugmann. Dann wäre es ihnen gleich ergangen, wie den Fichten in der Etzger Halde. Dort hat der Borkenkäfer bereits solch grossen Schaden angerichtet, dass eine Ernte nicht mehr sinnvoll sei. Und im Gegensatz zum besagten Gebiet in Etzgen sei auf dem Mettauerberg alles an einem Stück. «Deshalb konnten wir so ernten.»

Die grosse Trockenheit hat in letzter Zeit auch zu vermehrten Schäden an vielen weiteren Bäumen im Wald geführt. Gemäss dem Förster des Forstbetriebs Mettauertal (bewirtschaftet die Waldungen der Gemeinden Mettauertal und Schwaderloch) sind nicht nur Fichten, sondern auch Weisstannen, Lärchen und Buchen betroffen. «Dürre Buchen mit kahlen Kronen oder braune abgestorbene Weisstannen gehören momentan leider zum Waldbild. Dennoch, es sieht im Moment schlimmer aus, als es ist», so Fabian Bugmann.

Grosse Baumpflanzaktion
Im Herbst ist eine grosse Baumpflanzaktion durch den Forstbetrieb geplant, die in Zukunft zu einer guten Waldstruktur beitragen soll. So sollen etwa einzelne, wärmeliebende Bäume wie Eichen, Kirschen, Linden, Ahorn oder Kastanien gepflanzt werden. «Bei Mischwäldern hat es sicher eine Baumart darunter, die auch in Zukunft überleben wird», ist Bugmann überzeugt.

Grosse Mengen an Neophyten
Noch keine Lösung gibt es für ein anderes Problem im Mettauertaler Wald. So hatte die Trockenheit auch Einfluss auf die Vermehrung der Neophyten im Wald. Da der Boden ausgetrocknet war, konnten sich die Pflanzen sehr schnell und effektiv vermehren und sind gut angewachsen. «Aus diesem Grund sieht man in diversen Gebieten stark auffallende grosse Mengen von diversen Neophyten», so der Förster. Nun brauche es eine Neubeurteilung zur Bekämpfung der Neophyten.

«Der Wald wird sich nicht mehr gleich präsentieren…»
Der Kanton Aargau zählt zu den waldreichsten Kantonen der Schweiz: Ein Drittel der Kantonsfläche ist mit Wald bedeckt. Wie Peter Ammann, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Waldbewirtschaftung des Kantons auf Anfrage sagt, sei der Jura (mit dem Fricktal) besonders von Trockenheitsschäden betroffen. Im Jura, wo auch sehr viele Buchen stehen, hat gemäss Ammann auch das Buchensterben begonnen. Die eher flachgründigen, steinigen (Kalkstein) Waldböden können weniger Wasser speichern, die Reserven sind erschöpft. Jetzt würden die Folgen der Trockenheit 2018, insbesondere vom Juni bis Oktober, wo es kaum geregnet hat, sicht- und spürbar. Zudem: «Mehr Wärme aufgrund des Klimawandels bedeutet auch, dass mehr Wasser verdunstet.» Wie Ammann verrät, seien die Fichten im Aargau lange Zeit ausserhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes gefördert worden. In den letzten Jahren gehe die Waldbewirtschaftung eher Richtung Mischwald, insbesondere mehr Laubals Nadelwald. Vom Kanton wird die Eiche gefördert. «Sie ist von der Ökologie und wegen des Holzes sehr wertvoll» und eignet sich sehr für trockene Standorte; Schwarzerlen lieben eher nasse Standorte.

Beim Kanton setzt man schon seit fast 30 Jahren auf natürliche Verjüngung. «Das ist in den meisten Fällen das Beste», so Peter Ammann. Zudem sollen in Zukunft vermehrt Pionierbäume wie Birke, Aspe (Zitterpappel) oder Salweide einbezogen werden. Gut sei, wenn schon Samenbäume vorhanden seien. Er plädiert für eine «möglichst breite Genetik, damit robuster Nachwuchs erzeugt wird». Für ihn ist damit auch klar: «Der Wald der Zukunft wird sich nicht mehr gleich präsentieren, wie heute.»


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