«Ich konnte nicht Nein sagen»

  21.09.2019 Obermumpf, Persönlich

Über viele Jahre engagierte sich Elsbeth Gürtler für die Pro Senectute

Während 33 Jahren leitete Elsbeth Gürtler den Mittagstisch von Pro Senectute in Obermumpf. Im März gab sie die Leitung ab und legte sie in die Hände ihrer Nachfolgerin Ruth Hasler. Aber auch sonst war sie für die gemeinnützige Stiftung über viele Jahre hinweg tätig.

Hildegard Siebold

Elsbeth Gürtler und ihr Mann Peter verbringen ihren Lebensabend im sogenannten «Stöckli», einem schmucken Anbau hinter ihrem ehemaligen Wohnhaus in Obermumpf. Dort sind jetzt ihr Sohn Benedikt und seine Frau Priska zuhause. 1973 zogen Elsbeth und ihr Mann in das kleine beschauliche Dorf im Fricktal. Der Anschluss liess nicht lange auf sich warten. «Der Kirchenchor und der Frauenturnverein fragten mich an», erinnert sich Elsbeth Gürtler. Und nicht nur das, schnell übernahm sie als Präsidentin des Frauenturnvereins Verantwortung. «Ich konnte nicht Nein sagen», schmunzelt sie. So übernahm sie 1986 auch ohne gross zu überlegen den Posten der Ortsvertreterin von Pro Senectute. Da galt es, die Einwohner zu ihrem 75. Geburtstag zu besuchen und bei der Herbstsammlung von Haus zu Haus zu gehen, um Geld für die wichtige Arbeit von Pro Senectute zu sammeln.

40 Personen am ersten Mittagstisch
Damals keimte auch die Idee, einen monatlichen Mittagstisch für alle Leute ab 60 Jahren ins Leben zu rufen. Diese Aufgabe übernahm Elsbeth Gürtler, knüpfte die Kontakte zum örtlichen Gasthaus Engel und machte den Mittagstisch publik. Rund 40 Personen kamen zum ersten Mittagstisch, der einlud zum Essen, zum «Schwätze» und zum Jassen. Das war ein grosser Erfolg. «Guet und gnueg», musste das Essen sein, auch wenn es eigentlich eher um die Geselligkeit ging, beschreibt Elsbeth Gürtler. «Es war mir nie verleidet», sagt sie über die langen Jahre, in denen sie sich um den Mittagstisch kümmerte. Als der «Engel» mangels Nachfolger zumachen musste, wechselte man ins «Rössli», wo sie auch beim Servieren mithalf. Schliesslich holte sie ihre Schwiegertochter Priska und deren Catering-Service ins Boot, nachdem auch das «Rössli» vor drei Jahren die Türen schloss. Seither findet der Mittagstisch im christkatholischen Pfarrsaal statt.

Nachlassende Resonanz… und das grosse Fest
Am Tag des Treffens mit der NFZ war Elsbeth Gürtler Gast beim Mittagstisch. Sie erzählt vom feinen Menü aus gemischtem Salat, Gemüsecremesuppe, Schweinsbraten mit Weinsosse und Zwetschgenkuchen zum Nachtisch. «Wir waren 14 Gäste», sagt Elsbeth Gürtler und bedauert ein wenig die nachlassende Resonanz. Aber die Menschen seien halt einfach mobiler heute. Bis 2014 hatte Elsbeth Gürtler die Ortsleitung von Pro Senectute inne und denkt gerne an die Zeit zurück. Dennoch ist sie froh, mit ihren fast 80 Jahren keine Verpflichtungen mehr zu haben.

Am kommenden Sonntag feiert sie den runden Geburtstag mit einem grossen Fest im Kreis von vier Kindern, elf Grosskindern, neun Urgrosskindern und ihrem Mann Peter, mit dem sie seit 61 Jahren verheiratet ist. Sie war 18 Jahre alt, als sie ihn kennenlernte. «Er spielte Theater in der Jungmannschaft und mimte einen Kardinal», erzählt sie. Und er hat sie sehr beeindruckt. Als er sie nach der Aufführung zum Tanz aufforderte, hat es gefunkt. Ein Jahr später waren sie verheiratet und zogen nach Riehen, wo 1958 Sohn Elmar zur Welt kam. 1961 folgte Tochter Monika, 1963 erblickte Benedikt das Licht der Welt. Als 1973 Martina geboren wurde, kauften sie das Haus in Obermumpf. «Sie ist die Sonne unseres Alters», sagt Elsbeth Gürtler über die Nachzüglerin und fügt hinzu: «Wir haben ganz g’freuti Chinder.»

Immer fand sie neben der Familie Zeit, sich im Dorf einzubringen. 14 Jahre lange leitete sie das Altersturnen von Pro Senectute und gemeinsam mit einer Mitarbeiterin organisierte sie mehrmals Seniorenferien von Pro Senectute.

Die Geburt der «Silver Singers»
Darüber hinaus gründete sie mit ihrem Mann Peter vor 25 Jahren den Seniorenchor «Silver Singers» von Pro Senectute. Als ihr Mann nach 20 Jahren den Taktstock abgab, weil er lieber selbst singen wollte, übernahm sie den Posten der Präsidentin, den sie bis vor zwei Jahren innehatte. Heute zählen die «Silver Singers Fricktal» rund 25 Sängerinnen und Sänger und feiern dieser Tage ihr 25-Jahre-Jubiläum. Elsbeth und Peter Gürtler halten dem Chor nach wie vor als Passivmitglieder die Treue. Aktiv singen sie nicht mehr, vielmehr geniessen sie den Lebensabend. «Wir unternehmen gerne Flussreisen», verrät Elsbeth Gürtler. Die Rhone und Saone haben sie schon befahren, den Rhein und die Donau und waren drei Mal in Irland auf dem Hausboot. Und das alles ohne Auto.

«Alles kein Problem»
Die Familie hat nie einen fahrbaren Untersatz besessen. Das klingt schier unglaublich in heutiger Zeit. «Wir haben die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt, wir hatten drei Läden, einen Metzger und einen Bäcker im Dorf», sagt Elsbeth Gürtler und fügt schmunzelnd hinzu: «Es Ziitli bin ich mit em Töff zum Einkaufen gefahren – schön brav mit Helm.» Ansonsten seien sie lieber gewandert, hätten mit der Familie gepicknickt und in Urlaub seien sie ganz einfach mit dem Zug gefahren. «Alles kein Problem», sagt Elsbeth Gürtler mit ihrem herzlichen Lachen, mit dem sie ihr Gegenüber ohne Umschweife für sich einnimmt.


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