Amateure – aber auf höchstem Niveau

  24.08.2019 Frick, Persönlich

Angelo Schirinzi ist fast die Hälfte des Jahres unterwegs im Ausland – entweder mit der Schweizer Beach Soccer Nationalmannschaft oder mit seinem russischen Beach Soccer-Team aus St. Petersburg. Angelo Schirinzi ist Coach beider Teams. Fester Bezugspunkt für ihn ist aber Frick: da wohnt er mit seiner Frau und seinen vier Kindern.

Edi Strub

Was ist Beach Soccer? – Die Antwort ist einfach: Fussball im Sand. Auf einem Spielfeld von der Grösse eines Handballfelds mit vier Feldspielern und einem Torhüter. Fünf weitere Spieler können, wie im Eishockey, eingewechselt werden. Das Spiel ist schnell, der Ball ist mehrheitlich in der Luft. Fallrückzieher und Direktabnahmen aufs Tor sind eher die Regel als die Ausnahme. Beach Soccer ist spektakulär, artistisch, trendy und cool.

Erfolgreiche Amateure
Die Schweiz ist eine Macht in dieser Sportart. Schirinzi führte sie seit 2009 an vier Weltmeisterschaften. Die Schweiz spielt auch seit fünfzehn Jahren in der A-Gruppe der Euroleague. Sie gewann schon die Europameisterschaften. Einige der weltbesten Spieler haben das Schweizer Kreuz auf der Brust. Doch im Unterschied zu allen andern erstklassigen Beach Soccer-Teams, sind sie alle reine Amateure.

«Alle unsere Nationalspieler gehen einem Beruf nach. Als Zimmerleute, als Rechtanwälte, als kaufmännische Angestellte. Viermal die Woche trainieren wir in Basel, die Leute reisen dann aus Zürich, Winterthur, Bern und dem Aargau an», sagt Schirinzi. «Wenn die Mannschaft im Ausland spielt, beziehen die Spieler im Geschäft Ferien oder unbezahlten Urlaub. Ihre Arbeitgeber müssen da sehr flexibel sein und sind es gottseidank auch.» Auch Angelo Schirinzi bezieht als Coach des Nationalteams keinen Lohn, obschon er vollausgebildeter Fussballtrainer mit einer UEFA Pro Lizenz ist. Während rund zehn Jahren hat er auch selber im Soccer-Team gespielt. Gepackt habe ihn die Leidenschaft für Beach Soccer, als er 28 Jahre alt gewesen sei. 2005 wurde er dann mit seiner Mannschaft Europameister und 2009 Vizeweltmeister. Seiner «Feldfussball»-Karriere habe er nie nachrend einer Saison in der Nationalliga B kickte.

Was bringt ihn und seine Spieler dazu, alles für diesen Sport zu geben und dabei nur Spesen zu beziehen, während ähnlich erfolgreiche Spitzenfussballer oder Tennisspieler Millionen scheffeln? – «Es ist das Erlebnis, bei solchen Spielen dabei zu sein. Mit 30 000 begeisterten Zuschauern in einem Stadion im Urwald in Brasilien oder in China in einer der Millionenstädte. Welche Emotionen! Das ist wie eine Droge, das musst du immer wieder haben.» Die Spieler würden weinen, wenn er ihnen sage, dass nicht alle 15 des Kaders an die WM mitkommen können, weil nur maximal zwölf aufgeboten werden können.

Auf Weltreise als Trainer und FIFA-Instruktor
Während zwei Jahren war Angelo Schirinzi auch Trainer der Nationalmannschaft von Tahiti – ein Inselstaat mit knapp 200 000 Einwohnern in Polynesien. «Heute hat Tahiti eine der besten Beach Soccer-Mannschaften der Welt.» Finanziert werden Schirinzis Einsätze in solchen Staaten zum Teil über den Weltfussballverband FIFA. In der Schweiz ist Beach Soccer ein Nischensport, in Tahiti nun Sport Nummer eins. Auch in der Elfenbeinküste, in Liberia, in Tansania, auf den Seychellen, in Malaysia und Thailand war Schirinzi im Auftrag der FIFA als Instruktor tätig. «Wenn ich dann aus solchen Ländern heim komme nach Frick, bin ich froh, in der Schweiz zu leben. Ich liebe dieses Land, die Landschaft, das Klima, die Rechtssicherheit und die Leute, die zurückhaltend sind aber auch sehr loyal.» Schirinzi schätzt auch das Sozialsystem in der Schweiz und das politische Konstrukt. Damit sei es meist eher schlecht bestellt in den Ländern, wo er tätig gewesen sei. In Tahiti könne man eine Zeitlang als Trainer tätig sein. Man könne dort auch Ferien machen. Aber auf Dauer dort leben? – Nein, das könne er sich nicht vorstellen.

Seinen Lebensunterhalt verdient sich Angelo Schirinzi mit einer Agentur, an der er beteiligt ist. Zusammen mit einem Kollegen organisiert er Events und Marketingkampagnen. Zum Teil auch mit Beach Soccer. So wurde während ein paar Tagen in der Halle des Zürcher Hauptbahnhofs Beach Soccer gespielt. Und einmal auf dem Bundesplatz in Bern. Beides mit viel Erfolg.

Beach Soccer wird in der Schweiz sonst vor allem in Spiez gespielt. Dort gibt es ein spezielles Stadion, das 1800 Zuschauer fasst und dort finden vom 16. bis 18. August die Finalspiele der Swiss Beach Soccer League statt. Auch die international ebenfalls erfolgreichen Frauen tragen dort ihre Finalspiele aus. Abgeschlossen wird das Ganze mit einem Ländermatch Schweiz gegen Dänemark.

Doch zuvor fliegt Angelo Schirinzi noch einmal nach Russland, um an der Seitenlinie seines Klubs «Kristall» zu stehen. Es ist das wohl beste Team in Russland. 2018 gewann es die Meisterschaft in der russischen Soccer League sowie den Cup und den Super Cup.


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