«Jäten hat für mich etwas Meditatives»

  18.08.2019 Rheinfelden

Marga Huber verkauft Gemüse und Konfitüren für Hilfsprojekte in Peru

Als Kind hasste sie es, im Garten ihrer Mutter zu jäten. Nun als 78-Jährige kann sie es stundenlang tun. Es habe für sie etwas Meditatives, sagt Marga Huber. Das Gemüse und den Salat, den sie in ihrem Schrebergarten zieht, verkauft sie zusammen mit ihren Konfitüren an einem Stand oberhalb des Rheinfelder Bahnhofs. Der Erlös geht an soziale Projekte für Kinder und Frauen in Peru. Ein Teil dieses Selbstgemachten kommt natürlich auch auf ihren Tisch, für sie und ihren Mann.

Edi Strub

Bis nachts um drei Uhr steht Marga Huber manchmal in der Küche und rührt in ihren Suppen und Konfitüren. Vor allem die Konfitüren schmecken wie aus einer andern Welt: zwei Teile Früchte, nur ein Teil Zucker. In allen Variationen und Kombinationen: Erdbeeren mit Rhabarber, Aprikose mit Pfirsich oder Bitterorange zum Beispiel. Einen Teil dieser Früchte kauft sie in Bioqualität, andere zieht sie selber oder bekommt sie von ihren Nachbarn im Schrebergarten geschenkt. Etwa 800 Gläser jährlich werden so abgefüllt. Der Erlös geht ungeschmälert an den Verein Solidarität Schweiz – Peru.

Das Gemüse im Garten, die Tomaten, Zucchini, Kürbisse, Gurken und Bohnen sind zu 100 Prozent giftfrei gezogen. Marga Huber versprüht keine Insektizide oder Unkrautvertilger. Den Kampf gegen die Schädlinge führt sie höchst persönlich, indem sie zum Beispiel die Drahtwürmer, die das Gemüse angreifen, von Hand ausgräbt und den Singvögeln zum Frass hinstellt. Die Saatkrähen, die die Salatsetzlinge ausrupfen und wie zum Zeitvertreib durch die Luft werfen, versucht sie wegzuscheuchen. Meist mit wenig Erfolg: die warten nur bis Marga Huber den Garten verlässt. Den Igeln, die sich an ihren Zuchetti zu schaffen machen, stellt sie sogar Wasser hin in der Hoffnung, dass sie die zarten Blütenknospen und das Junggemüse dann in Ruhe lassen. Welche Methoden die besten sind, Früchte und Gemüse vor den Schädlingen zu bewahren, das wird jeweils abends erörtert im Gespräch mit den Nachbarn im Garten. «Ich verstand anfänglich gar nichts vom Gärtnern», sagt Marga Huber. Gelernt habe sie das meiste von den italienischen und kroatischen Garten-Nachbarn. Inzwischen ist sie selber so erfahren, dass sie ihrerseits gute Ratschläge erteilen kann. Tagsüber sei es meist still im Garten, abends höre sie die Stimmen und das Lachen der Nachbarn. Beides gefalle ihr sehr.

Zweite Karriere
Früher war Marga Huber Lehrerin in Oberwil im Kanton Basel-Landschaft. 15 Jahre lang sorgte sie für ihren behinderten Sohn und musste mit der Schule aussetzen. Als sie dann pensioniert wurde, sei sie mit ihrem Mann ins Kapuzinerquartier in Rheinfelden gezogen. Und da begann ihre zweite Karriere als Gärtnerin, Konfitürenund Suppenköchin. Ziel war es, etwas Geld zu verdienen zur Unterstützung des Hilfswerks Solidarität Schweiz - Peru. Früher, als sie noch Lehrerin war, hatte sie mit ihren Kindern allerlei Dinge gebastelt, die sie nachher zugunsten der Kinder und der Armen in Peru verkaufte.

Mit ihren 78 Jahren spürt sie manchmal die Anstrengungen der harten Gartenarbeit – besonders im Sommer, wenn es heiss ist, viel Arbeit anfällt und die Pflanzen viel Wasser brauchen. Hat sie nicht schon daran gedacht, aufzuhören und in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen? Natürlich, habe sie das. Aber dann denke sie an die Kinder in Peru, denen das Geld, das sie mit ihrem Gärtnern und Kochen verdient, zu Gute kommt. Erst kürzlich habe sie Peru zusammen mit der Gründerin der Hilfsorganisation Gertrud Bärtschi besucht und gesehen, wie bitter nötig ihre Hilfe sei.

Gemeinsam hätten sie zum Beispiel eine Familie besucht, die dank der Gelder aus der Schweiz von Tuberkulose geheilt werden konnte. Die Familie lebe in bitterer Armut. «Sie haben kein fliessendes Wasser, keinen Strom, kein WC. Das knapp ein Meter breite Bett der Eltern steht gleich neben der Kochstelle, die Kinder schlafen am Boden in einer Kartonschachtel.» Marga Huber bricht in Tränen aus, als sie das erzählt. Sie war zuvor nie in Peru gewesen. Die Reise und die Übernachtungen habe sie selber berappt. Kein Franken kam von den Spendengeldern. Als sie gesehen habe, in welchem Elend und in welcher Armut die Leute dort zum Teil leben, habe sie gewusst, dass sie weitermachen müsse.

Gleich in vier «Plastik-Häusern» zieht Marga Huber Tomaten. Daneben auch im Freiland. Sie wirft ungern Setzlinge weg. Auch die Tomaten werden von allerlei Ungeziefer angegriffen, doch die meisten leuchten nun schon rot und der Geschmack ist unvergleichlich. Ein Teil geht in den Direktverkauf, andere werden von ihr zu Sugo verarbeitet, wie es die Italiener mögen. Eine Spezialität von Marga Huber sind die Bärlauch- und die Basilikumpesto. Alles in den Gläsern wird fein säuberlich angeschrieben, so wie es die Lebensmittelverordnung vorschreibt. «Statt eine Mittags-Siesta zu halten, habe ich heute Etiketten geschrieben», sagt Marga Huber. Nachher nahm sie sich Zeit für ein langes Gespräch und ein Fotoshooting für die Neue Fricktaler Zeitung.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote