«Das Wichtigste ist, dass man die Schülerinnen und Schüler gern hat»

  21.08.2019 Möhlin, Rheinfelden, Persönlich

Kinder und Jugendliche liegen Lotti Berner am Herzen. Deshalb engagierte sich die pensionierte Lehrerin nicht nur für ihre Schülerinnen und Schüler, sondern seit 15 Jahren auch für Kinder im Senegal.

Janine Tschopp

Im Jahr 2000 reiste Lotti Berner zum ersten Mal in den Senegal. Ihr wurde klar, dass sie sich für die Kinder in diesem Land einsetzen wollte. «Ich habe erlebt, wie viele Kinder auf der Strasse betteln. Auch habe ich gesehen, wie einfach die Menschen dort leben und welche Lebensfreude sie ausstrahlen.»

Sie gründete den Verein «Amis du Senegal». Im November 2004 eröffnete sie im westlichsten Land Afrikas ein Kinderhaus und gab damit 20 Kindern (Voll- und Halbwaisen) ein Zuhause. Die Kinder werden von einer Hausmutter und weiteren Personen betreut und anfangs durch eine Lehrkraft unterrichtet. «Unser Ziel ist, die Kinder zu begleiten, bis sie auf eigenen Beinen stehen können. Die beiden Ältesten betreiben heute ihr eigenes Landwirtschaftsprojekt», freut sich Lotti Berner. Weiteren 160 Kindern finanziert der Verein das Schulgeld und das Material für die Schule. Dazu reist Lotti Berner jedes Jahr im Herbst in den Senegal und kauft Schulmaterial, welches die Kinder, oft in Begleitung eines Elternteils, bei ihr abholen. Sie sichtet Zeugnisse, führt Gespräche und schreibt die Kinder und Jugendlichen für das neue Schuljahr in den verschiedenen Schulen ein.

Auch im Frühling reist sie regelmässig in den Senegal. «Das ist eine ruhigere Zeit. Wir unternehmen jedes Jahr eine Schulreise mit allen Kindern aus dem Kinderhaus. Es bleibt genug Zeit, viele der bekannten Familien und Kinder zu treffen und zu erfahren wie es ihnen geht. Zwischen Frühling und Herbst telefoniere ich regelmässig mit der Hausmutter. So bin ich stets auf dem Laufenden, wie es im Kinderhaus läuft und was allenfalls ansteht.»

Wie geht sie mit der Tatsache um, dass viele Kinder in Ländern, wie bei uns in der Schweiz, im Überfluss aufwachsen? «Die grossen Unterschiede zwischen hier und dort haben mir anfangs zugesetzt. Ich musste lernen, damit umzugehen und einsehen, dass ich die Welt nicht ändern kann», sagt die 65-Jährige mit einem Lächeln.

«Es läuft irgendwie alles über falsche Kanäle», stellt Lotti Berner fest, als wir darüber sprechen, warum die Menschen in Afrika so arm sind, obwohl der Kontinent aufgrund seiner Bodenschätze reich wäre. Die Einnahmen, die erwirtschaftet werden, kommen der Bevölkerung kaum zugute. Es sind andere Länder, die profitieren. «Sicher basiert ein Teil unseres Wohlstandes auf den Ressourcen Afrikas, und man sollte auch dort achtsam mit ihnen umgehen.»

Beruf als Berufung
Lotti Berner absolvierte die Lehrerausbildung und unterrichtete von 1976 bis 1979 an der Realschule in Rheinfelden. 1984 bis zu ihrer Pension vor zwei Jahren war sie an der Realschule in Möhlin tätig. «Ich habe sehr gerne unterrichtet. Ich liebe den Kontakt mit den Jugendlichen.» Es sei eine anstrengende, aber befriedigende Arbeit. «Es ist schön zu sehen, wie die Schülerinnen und Schüler ihren Weg suchen und finden. Ich durfte sie während einer wichtigen Zeit in ihrem Leben begleiten, meine letzte Klasse sogar beim Hinausgehen ins Berufsleben.»

Unterrichten bleibe Unterrichten, obschon sich in den letzten Jahrzehnten einiges verändert habe. «Als ich zur Schule ging, gab es ausschliesslich Frontalunterricht. Im Laufe der Zeit sind immer mehr Lehrformen dazugekommen, welche die Selbständigkeit der Schüler fördern. Davon profitieren die Jugendlichen. Sie wurden selbstbewusster.» Das grössere Selbstbewusstsein der Jugendlichen sei eine gute Entwicklung. «Es führt zu Diskussionen und zu Gesprächen, von welchen beide Seiten profitieren. Das Wichtigste ist, dass man die Schülerinnen und Schüler gern hat, dass man seine Arbeit liebt und mit viel Respekt und Wertschätzung ein gutes Lernklima schafft», findet die erfahrene Lehrerin.

Lotti Berner, die sich stets für das Wohl anderer Menschen einsetzt, hat auch selber zwei Kinder, die heute 38- und 39-jährig sind. Zur Familie gehören zwischenzeitlich auch zwei Enkelkinder. «Der regelmässige Kontakt zu ihnen bedeutet für mich eine grosse Bereicherung und lässt mich vieles nochmals ganz neu erleben. Es ist ein unglaublich schönes Geschenk, die Welt durch die Augen der Kinder sehen zu dürfen.»

Ein Riesenherz für Menschen und Tiere
Lotti Berner hat nicht nur ein riesengrosses Herz für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Tiere. Ihr Hund Gini begleitet sie fast überall hin. «Gini begleitete mich auch, als ich noch als Lehrerin arbeitete. Die Schülerinnen und Schüler hatten sie sehr gerne.» Lotti Berner und ihr Hund absolvierten die Therapiehunde-Ausbildung, und seit vielen Jahren ist Gini einmal pro Woche als Therapiehund im Einsatz. «Hunde haben eine positive Auswirkung auf die Menschen und deren Befinden. Immer erleben wir bei unseren Einsätzen viel Freude und Begeisterung seitens der Patienten. Das sind wunderschöne Momente.»

Lotti Berner, die vor 43 Jahren ins Fricktal zog, hatte seit jeher einen starken Bezug zu dieser Region. Ihre Mutter wuchs in Möhlin auf, und Lotti Berner durfte schon als Kind viel Zeit bei der Familie ihrer Gotte in Möhlin verbringen. Als sie als Erwachsene hierher kam, zog sie zuerst nach Rheinfelden, wohin sie, nachdem sie fast 30 Jahre in Möhlin lebte, vor vier Jahren zurückgekehrt ist. «Ich liebe das Fricktal mit seinen vielen Sonnentagen, den sanften Hügeln und dem Rhein. Ich könnte mir keinen andern Ort zum Leben vorstellen.»


Lehrertheater Möhlin

Seit 21 Jahren engagiert sich Lotti Berner beim Lehrertheater Möhlin, das morgen Mittwoch mit dem Stück «Frau Müller muss weg» Premiere feiert (die NFZ berichtete). Dieses Jahr hilft sie an der Kasse und bei der Produktionsleitung. War Lotti Berner auch einmal selber als Spielerin auf der Bühne? «Nein. Ich stehe nicht gerne so weit vorne.» (jtz)


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