Vorteil China

Ronny Wittenwiler

Auf der Suche nach Abkühlung sind wir in den letzten Tagen eigentlich immer im Schwimmbad gelandet. Da erst ist mir aufgefallen, wie sehr mich alle anstarrten. Egal, ob im Schwimmbecken oder beim Anstehen am Kiosk. Fassungslosigkeit überall. «Der Typ tanzt ja völlig aus der Reihe», hörte ich hinter mir zwei Frauen tuscheln. Ein anderer sagte es ganz direkt: «So, so, gäll: provozieren um jeden Preis!» Genau, abgesehen von den Babys im Planschbecken war ich im Schwimmbi gefühlt der einzige, der noch nicht tätowiert ist.

Früher war das ja noch ziemlich anders. Hast du jemanden mit einem Tattoo erspäht, so war rasch klar: Das ist entweder ein stürmischer Seemann oder ein richtiger Rocker. Heutzutage bist du als Nicht-Tätowierter die viel grössere Rampensau. Was aber nicht heisst, dass mir Tattoos nicht gefallen. Ganz im Gegenteil. Besonders schön finde ich auf den Rücken tätowierte Lebensweisheiten in chinesischer Schrift. Da sind der Philosophie keine Grenzen gesetzt: Auch ein weinender Drache lebt ewig, so wie die Liebe; Die Augen sind der Spiegel der Seele; Güggeli im Chörbli jetzt in Ihrer Migros. Selbst ein solcher Spruch würde in chinesischer Schrift bestimmt toll aussehen.

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