Von Natur aus standhaft

  11.07.2019 Rheinfelden

Diese Eichen stehen für die Sterne im Stadtwappen

Seit 75 Jahren gibt es in Rheinfelden die Bezeichnung Sterneichen

Eichen sind besondere Bäume. Dies gilt im Speziellen für die «Sterneichen», welche seit 1944 die neun Sterne im Rheinfelder Wappen symbolisieren. Die Nummer sechs ist wohl der dickste Waldbaum im Kanton Aargau.

Valentin Zumsteg

Mächtig steht sie da, die Rheinfelder Sterneiche Nummer 6. Sie weist einen Durchmesser von 177 Zentimeter und einen Umfang von 5,65 Metern auf. «Das ist der wohl dickste Waldbaum im Aargau», erklärt der Rheinfelder Stadtoberförster Kurt Steck. Er schätzt, dass diese Eiche, die im Gebiet Steppberg gedeiht, 35 bis 40 Meter hoch und rund 300 Jahre alt ist. Als vor Jahren ein grosser Ast abbrach, gab das drei Ster Brennholz.

Zurück in die vorderösterreichische Vergangenheit
«Im ersten Jahrhundert ihres Eichen-Lebens war hier noch Vorderösterreich. Deswegen wird sie auch Österreicher-Eiche genannt. Beim Beitritt Rheinfeldens zur Eidgenossenschaft – in der Zeit der napoleonischen Wirren – war sie bereits ein stattlicher Baum mit über einem halben Meter Stammdurchmesser», erzählt Steck. «Wer weiss, was sie alles erlebt hat. Ob wohl schon Napoleon an dieser Eiche vorbeiritt», meint er mit einem Augenzwinkern. Imposant ist nicht nur der Umfang und die Höhe dieser Traubeneiche, sondern ebenso ihre Rinde. Tief zerfurcht präsentiert sie sich dem Betrachter.

«Eichen sind die heimlichen Wahrzeichen von Rheinfelden. Sie prägen den Stadtwald schon seit Jahrhunderten», schildert Steck. Davon zeugt auch die Geschichte der «Sterneichen»: Anlässlich der Ortsbürger-Gemeindeversammlung vom 24. Februar 1944 stellte Ernst Grell den Antrag, neun Eichen, entsprechend den neun Sternen im Stadtwappen, im Gemeindewald als «Sterneichen» mit einem Stern zu markieren. So wurde es gemacht vor 75 Jahren. In der Zwischenzeit mussten die Nummern 1, 4 und 7 ersetzt werden, die übrigen sind noch die 1944 ausgewählten Wappenbäume. Übrigens: Das Rheinfelder Stadtwappen zeigt seit 1533 neun gelbe Sterne auf rotem Grund. Eine Deutung besagt, dass diese Sterne symbolisch für die Grundtugenden der Rheinfelder Bürgerinnen und Bürger stehen: für Freiheit, Rechtschaffenheit, Biederkeit (Anständigkeit), Uneigennützigkeit, Regsamkeit (Fleiss), Ehre, Religiosität, Treue und Todesverachtung.

«Die Sterneichen zeigen die Wertschätzung für diese Baumart. Die Eiche wird damit geehrt», betont Kurt Steck. Der neue Rheinfelder Waldlehrpfad führt an der Sterneiche Nummer 6 vorbei und würdigt sie mit einer Informationstafel.

«Ein Klimawandel-Gewinner»
Heute sind rund zehn Prozent des Baumbestandes im Rheinfelder Wald Eichen; davon rund 1500 Stück über 100 Jahre alt. «Jedes Jahr werden bei der Waldverjüngung zwei Hektaren Eichenwald begründet», so Steck. Das Ziel sei, dass sich in den kommenden 100 Jahren der Anteil der Eichen im Rheinfelder Forst auf 20 Prozent verdopple. «Die Eiche ist ein Klimawandel-Gewinner. Sie kann mit wärmeren Temperaturen gut umgehen.» Steck bezeichnet die Eiche als seinen Lieblingsbaum. «Er ist ökologisch besonders wichtig, da 300 bis 500 Insektenarten auf ihm leben. Gleichzeitig ist er ökonomisch sehr wertvoll, da sein Holz gut bezahlt wird.» Glücklich sind also die Waldbesitzer, die viele Eichen in ihrem Forst haben. Und wenn man die Sterneiche Nummer 6 betrachtet und ein bisschen ins Philosophieren kommt, dann spürt man den langen Atem der Geschichte – mitten im Wald.


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