Passt der geplante Rheinsteg wirklich?

  04.07.2019 Leserbriefe

Die kontroversen Voten an der letzten Gemeindeversammlung (19.6.) liessen Zweifel aufkommen, ob das anstehende Stegprojekt wirklich gründlich durchdacht wurde: Rheinfelden ging an das Projekt heran wie ein Neureicher: Der geplante Steg gleicht der Anschaffung einer Luxuslimousine. Rheinfelden schwimmt zwar im Geld und kann sich auch die Verdoppelung des bewilligten Kredits leisten. Nur: gäbe es nicht noch Infrastrukturprojekte von höherer Priorität, wie etwa die Rollstuhlgängigkeit des Rundweges an beiden Rheinufern? Der abenteuerliche Preis des Steges braucht zuviele Steuergelder, die andernorts mit höherem Mehrwert eingesetzt werden könnten. Passt die Architektur des neuen Steges wirklich in seine Umgebung? Rheinfelden ist geprägt von seiner Altstadt und dem Rhein. In der Altstadt dominiert die Senkrechte der Gotik. Diese Struktur wird von den rundlichen und schiefen Linien des geplanten Steges aber nicht aufgenommen. Dem freien Blick auf den imposanten Rhein steht er zudem als Hindernis im Weg. Damit wird der Steg zum isolierten Baudenkmal: Er fügt sich nicht ein, sondern drängt sich vor. Das stört aber Altstadt und Rhein als Hauptakzente. Der geplante Steg ist damit ein isoliertes Denkmal. Die Funktion des Steges wird mit allen Wörtern der Werbebranche überbetont. Rheinfelden ist aber so attraktiv, dass es nicht noch einen «Jahrhundertsteg» oder einen «Leuchtturm» für sein Selbstwertgefühl braucht. Die Distanz zwischen der alten Rheinbrücke und dem neuen Kraftwerk ist so kurz, dass sich dazwischen keine zusätzliche Verbindung aufdrängt. Der Steg verbindet nur ein Aussenquartier (CH) mit öden Industriebauten auf der badischen Seite. Eine neue Verbindung zwischen den Schwesterstädten müsste aber die Zentren verbinden. Die jetzt mit einem Referendum vorbereitete Urnenabstimmung gibt Zeit, den zu wenig durchdachten Stegbau nochmals von verschiedenen Seiten her zu beleuchten. Alles weist darauf hin, dass die Ästhetik des jetzigen Projektes so sehr verführt hat, dass dabei Einpassung, Kostenvernunft und die realistische Analyse der Funktion zu kurz gekommen sind. Das kann jetzt nachgeholt werden. Wenn der Rundweg rollstuhlgängig gestaltet würde, könnte man auch an einen verbindenden Fährbetrieb denken: Dieser würde sogar perfekt zur Stadtkulisse passen.

JÜRG KELLER, RHEINFELDEN


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