Hitze im Hoch, Borkenkäfer auch

  11.07.2019 Fricktal, Natur

Auch dieses Jahr macht der Borkenkäfer den Fricktaler Wäldern zu schaffen

Die Hitze macht Fichten besonders anfällig für Angriffe des berüchtigten Borkenkäfers. Das merken Förster im Fricktal immer stärker.

Andrea Marti

Die Hitze und die Trockenheit belasten wohl alle: Jung und Alt, Mensch und Tier – und Wald. Diesen treffen Hitze und Trockenheit gleich doppelt. Denn die Trockenheit schwächt die Widerstandskraft der Bäume, während die Hitze die Vermehrung des Borkenkäfers begünstigt. Dieser bohrt sich durch die Borke der Fichtenstämme und legt Eier darunter. Die sich entwickelnden Larven fressen bis zum Ausflug immer dicker werdende Gänge unter der Rinde. Dadurch zerstört der Käfer Gänge, die Nährstoffe aus der Baumkrone in die Wurzeln transportieren, wo diese für die Wasseraufnahme gebraucht werden. Darüber hinaus verstopfen Pilze, die der Käfer bringt, die Wasserleitungen des Baumes.

So führt der Käfer zum langsamen Verdursten der Fichten. Diesen Vorgang kennen leider auch die Fricktaler Förster: In den Wäldern hat der Borkenkäfer dafür gesorgt, dass es weniger Fichten hat als früher. Förster Oliver Eichenberger vom Forstbetrieb Kaisten meint sogar: «Die Fichte könnte bis in 30 oder 50 Jahren im Fricktal ausgestorben sein.» Schon dieses Jahr ist es laut dem Möhliner Förster Urs Steck besonders schlimm, da die ersten Borkenkäfer bereits Mitte Juni ausgeflogen sind. Deshalb werden vermutlich dieses Jahr noch mehrere Käfergenerationen folgen. Eine Linderung des Problems ist nicht in Sicht: Förster Eichenberger erwartet, dass die Fricktaler Fichten in den nächsten Jahren noch merklich mehr leiden werden. Der Grund dafür ist die wiederkehrende sommerliche Hitze und die vermehrt langanhaltende Trockenheit. Deswegen sind auch die Forstgebiete Möhlin und Rheinfelden sowie einzelne Regionen in den Jura-Wäldern besonders stark vom Käferbefall betroffen. Die steinigen Böden dort verhindern, dass Regenwasser gespeichert werden kann. Deswegen litten die Bäume in diesen Gebieten noch mehr unter der Trockenheit als in anderen Gebieten, erklärt Urs Steck.

Abholzen ist die einzige Lösung
Oliver Eichenberger bedauert, dass man gegen den Borkenkäfer nichts machen kann. Denn chemische Mittel sind im Wald nicht erlaubt, und andere Mittel gibt es nicht. Somit ist der einzige Weg, den Käfer zu bekämpfen, die befallenen Bäume so schnell wie möglich zu fällen und aus dem Wald zu schaffen. Dies verhindert, dass der Baum zu einer Brutstätte für weitere Borkenkäfer wird.

Allerdings ist auch das Abholzen nur noch teilweise eine Lösung. Da der Borkenkäfer nicht nur die Wälder im Fricktal, sondern auch in vielen anderen Regionen der Schweiz und Europas befällt, finden sich mittlerweile kaum mehr Abnehmer für das gefällte Holz. Zwar zahle der Kanton inzwischen einen gewissen Betrag, wenn das Holz ausserhalb des Waldes gelagert werde, so Förster Eichenberger. Das sei aber auch nur eine Lösung, wenn sich innerhalb eines Jahres doch noch Abnehmer finden liessen. Und das ist im Moment alles andere als sicher. Deswegen ist auch der Holzpreis im Keller. «Unter Förstern reden wir gar nicht mehr von Holzpreis. Der Absatz ist gar nicht mehr vorhanden.» so Eichenberger. Somit bleibt oft nur noch, die befallenen Bäume trotzdem einfach stehen zu lassen und als Totholz der Natur zurückzugeben.

Lichtblick für die Biodiversität
Einzig für die Biodiversität ist der Borkenkäfer von Vorteil. An Stelle der Fichten wachsen vor allem standortsgerechte Laubbäume wie Eichen, Linden oder Ahorn. Diese neuen Baumarten ziehen wiederum andere Tiere an und vergrössern so die Vielfalt in den Fricktaler Wäldern. Bis zu dieser Entwicklung wird aber noch Zeit vergehen. Es könnten Jahrhunderte vergehen, bis sich der Wald natürlich an die veränderten Bedingungen angepasst hätte, meint Urs Steck. In der Zwischenzeit können Forstbetriebe den Wald auf Trockenperioden vorbereiten, indem wärmeliebendere Baumarten gepflanzt werden. Ausserdem könnten Bäume früher genutzt, sprich, geerntet werden. Denn «bei Bäumen ist es wie bei den Menschen: Die Jungen sind einfach widerstandsfähiger», so Steck. Steck bleibt denn auch trotz anhaltend starken Käferbefällen optimistisch: «Der Wald wird überleben. Er wird sich einfach verändern.»


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