«Ich habe nicht den Anspruch, allen zu gefallen»

  03.07.2019 Hellikon

Kathrin Hasler über körperliche Arbeit, Stänkerer und weiblichen Perfektionismus

Per Ende Jahr hört Kathrin Hasler als Helliker Frau Gemeindeammann auf. Sie blickt gerne zurück auf die 18 aktiven Jahre im Gemeinderat, freut sich aber auch auf etwas mehr Freizeit.

Janine Tschopp

Kathrin Hasler und ihre Familie erleben mit der Kirschenernte gerade eine sehr strenge Zeit. Der landwirtschaftliche Betrieb, den sie vor zwölf Jahren von den Schwiegereltern übernommen haben, umfasst eine Hektare Land mit Kirschen-, Aprikosen- und Zwetschgenbäumen. Die zeitaufwändige Arbeit bereite zwar Spass, aber die Herausforderung werde mit den strengeren Vorgaben der Grossverteiler von Jahr zu Jahr grösser.

Die 63-Jährige hat schon immer gerne angepackt. «Ich bin ein handwerklicher Typ und bin gerne körperlich müde», sagt Kathrin Hasler, die ursprünglich Schreinerin lernen wollte. Es sei damals nicht üblich gewesen, als Frau eine Schreinerlehre zu machen. So besuchte sie die Kunstgewerbeschule in Basel und absolvierte anschliessend eine Lehre als Sortiments-Buchbinderin. Auch beim Restaurieren und Vergolden alter Bücher konnte sie ihr handwerkliches Geschick einsetzen.

Die aktive Frau packt nicht nur körperlich gerne an. Es ist die Mischung zwischen dem körperlichen und dem geistigen Schaffen, welche ihr Freude bereitet.

Und wenn sie einmal abschalten will, bewegt sie sich in der Natur oder verschwindet in der Küche. «Kochen und Backen ist wie eine Meditation für mich.»

18 Jahre im Gemeinderat
Vier Jahre Gemeinderätin, vier Jahre Vizeammann und zehn Jahre Ammann. Nun, nach 18 Jahren, verlässt Kathrin Hasler auf Ende Jahr die Helliker Exekutive. Sie blickt gerne auf die Zeit im Gemeinderat zurück. Besonders gerne erinnert sie sich an das grosse Dorffest 2009, wo die Gemeinde ihr 800-jähriges Bestehen feierte. In Erinnerung bleiben wird ihr auch das mediale Aufsehen, welches die Helliker Löcher verursachten.

«Die Themen sind in all den Jahren komplexer geworden», stellt Kathrin Hasler fest. Als Beispiel nennt sie die Diskussionen um die 5G Antenne oder auch allgemeine Themen wie die Bauund Nutzungsordnung und Bauprojekte. Aufgrund der Komplexität sei der Aufwand, sich in die Geschäfte einzuarbeiten, stetig grösser geworden.

«Heute befriedigen wir oftmals die Wünsche der Minderheiten, und die Mehrheit muss sich anpassen. Es stört mich, dass ‹Motzer› und ‹Stänkerer› besser bedient sind, als Bürger, die die Dinge so annehmen, wie sie sind», erklärt Kathrin Hasler eine unerfreuliche Entwicklung, die sie in den letzten Jahren erlebte.

Nachfolge geregelt
Für Kathrin Hasler ist es sehr wichtig, dass nach ihrem Abgang die Nachfolge geregelt ist. Vorgesehen ist, dass Gemeinderat Thomas Rohrer bei der Ersatzwahl als Ammann kandidiert.

Ihre politische Tätigkeit beendet Kathrin Hasler vorerst nur auf Gemeinde-Ebene. «Im Moment ist geplant, dass ich im Grossen Rat weitermache, falls ich wieder gewählt werde.»

Einen grossen Wunsch hat sie noch für den Rest ihrer Amtszeit als Helliker Gemeindeammann: «Es wäre für mich ein schöner Abschluss, wenn wir Talgemeinden es gemeinsam schaffen würden, unseren Oberstufenstandort zu behalten.»

Apropos Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden: Wie steht Kathrin Hasler zu einer Fusion im Wegenstettertal? «Spätestens in zehn Jahren wird das Thema aktuell. Es wird immer schwieriger, Gemeinderäte und Mitarbeitende für die Verwaltung zu finden.»

Von Stein nach Hellikon
Kathrin Hasler ist in Stein aufgewachsen. Durch die Heirat kam sie Mitte zwanzig nach Hellikon. Dass sie als Zuzügerin von Stein in das dörflichere Hellikon im Fokus stand, störte sie nicht. «Ich habe nicht den Anspruch, allen zu gefallen», sagt sie.

Als sie zum Vizeammann gewählt wurde, gab sie absichtlich den Austritt aus dem Frauenturnverein. «In meiner Position finde ich es wichtig, in keinem Verein zu sein.» Auf diese Weise habe sie zu allen Dorfbewohnern eine gewisse Distanz. «Jeder hat die gleichen Rechte und Pflichten.» Ansonsten könne es emotional schwierig werden. Dies sei der Preis, den man in ihrer Funktion bezahle. Sie habe dafür noch nie eine schlaflose Nacht gehabt.

Kathrin Hasler ist die erste Frau, die in Hellikon als Gemeindeammann gewählt wurde. «Ich kann gut mit Männern zusammenarbeiten. Ich habe in einem Männerberuf gearbeitet und bin Mutter von drei Söhnen. Ich glaube, manchmal denke ich selber wie ein Mann», schmunzelt sie. Sie findet es sehr wichtig, dass Gremien gemischt sind. «Ich bin froh, mit Dagmar Hasler eine weitere Frau im Gemeinderat zu haben.» Generell findet Kathrin Hasler: «Heute soll einer Frau jeder Weg offen stehen. Jedoch müssen wir Frauen, mit unserem urtypischen Perfektionismus, uns Sorge tragen und uns nicht verheizen lassen.» Zudem ist sie der Meinung, dass es in der Wirtschaft mehr Möglichkeiten für flexible Familienlösungen geben sollte. Jedes Paar sollte für sich die optimale Variante wählen können. «Das Leben muss lebenswert sein. Und die Work-Life-Balance muss in jedem Alter stimmen», ist Kathrin Hasler überzeugt.

«Ich greife nicht nach den Sternen»
Kathrin Hasler freut sich, im neuen Lebensabschnitt mehr freie Zeit zu haben und gewisse Dinge ein bisschen «unbeschwerter» anzugehen. Dass sie für ihre Grosskinder mehr Zeit haben wird, freut sie besonders. Ansonsten hat sie noch keine grossen Pläne, ausser, und da freut sie sich sehr darauf: «Ich habe mich für einen Italienisch- Kurs angemeldet. Das habe ich mir schon so lange gewünscht.» Italien gehört seit Jahren zu ihren Lieblings-Feriendestinationen. Hat sie weitere Wünsche? «Nein. Ich greife nicht nach den Sternen. Ich bin sehr zufrieden und hoffe, dass ich weiterhin gesund bleibe.»


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