Emotional geführte Debatten

  06.06.2019 Wittnau, Aargau, Kommentar

Bericht aus dem Grossen Rat

Der Grossrat traf sich am vergangenen Dienstag zu einer Halbtagessitzung. Man hatte das Gefühl, durch die zahlreichen Sitzungsausfälle in letzter Zeit waren die Ratsmitglieder besonders motiviert, man merkte dies an den teilweise emotional geführten Debatten.

Ein erstes Traktandum war das Begnadigungsgesuch eines im Jahr 2003 zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilten Dreifachmörders. Er machte in seinem Begnadigungsgesuch geltend, er sei schwer herzkrank und daher sei ihm keine Therapie zumutbar. Das Gesuch des aus der Dominikanischen Republik stammenden Mannes wurde einstimmig abgelehnt.

Standesinitiative sistiert
2018 haben die Arbeitsminister der EU-Staaten beschlossen, die Regeln für die Zahlung von Arbeitslosengeldern an Grenzgänger zu ändern. Gemäss heutigem System, müssen Grenzgänger ihre Ansprüche auf Arbeitslosenentschädigung in ihrem Wohnsitzland geltend machen. Da Grenzgänger während der Dauer ihrer Tätigkeit in der Schweiz jedoch auch in die Schweizer Arbeitslosenkasse einzahlen, entrichtet diese bis zu fünf Monate eine Ausgleichszahlung an den Wohnsitzstaat der Grenzgänger. Künftig müssten Grenzgänger ihre Ansprüche im letzten Arbeitsland geltend machen. Würden die neuen Regelungen auch hierzulande übernommen, käme das die Schweiz teuer zu stehen. Das SECO rechnet mit einem Anstieg der Kosten von mehreren hundert Millionen Schweizerfranken. Da unterdessen das EU-Parlament den Systemwechsel an die EU-Kommission zurückgewiesen hat, ist das Thema im Moment vom Tisch. Einem Sistierungsantrag der FDP-Fraktion, wurde daher mit 82 zu 47 Stimmen zugestimmt. Parlamentarische Vorstösse können heute nur anlässlich einer Grossratssitzung eingereicht werden. Durch die geringe Anzahl Sitzungen, können diese nicht regelmässig eingereicht werden und aktuelle Themen verzögern sich dadurch. Einige Grossratsmitglieder befürchteten, dass mit diesem Systemwechsel zu viele, zu wenig fundierte und dadurch qualitativ schlechte Vorstösse eingereicht würden. Die Mehrheit des Rats war jedoch anderer Meinung, das Anliegen wurde mit 67 ja zu 56 nein Stimmen relativ knapp überwiesen.

Keine Standesinitiative für Flugticketabgaben
Die SP Fraktion möchte mit einer Standesinitiative (Antrag an die Bundesversammlung) eine Flugticketabgabe einführen. Die Debatte zu diesem Thema wurde sehr emotional geführt. Dass die Flugtarife oft unverhältnismässig billig sind, darüber herrschte noch grosse Einigkeit. Auch über die Auswüchse dadurch, mit teilweise unnötigen Flugreisen mit negativen Folgen für die Umwelt. Uneinigkeit herrscht jedoch, was dagegen unternommen werden muss. Grundsätzlich ist es ein Thema der Eidgenössischen Räte und nicht des Kantons. Der Ständerat wird sich demnächst mit dem C02 Gesetz befassen und somit auch mit der Flugticketabgabe. Fragen die sich dann stellen werden: Wie hoch soll die Abgabe sein, damit sie nützt? Wird mit höheren Tarifen nicht einfach auf ausländische Flughäfen ausgewichen? Die Standesinitiative wurde schlussendlich mit 56 zu 66 Stimmen abgelehnt. An der Behandlung in Bundesbern wird sich dadurch nichts ändern.


Klimaschutz mit Augenmass

In der Diskussion über Massnahmen gegen den Klimawandel werden teilweise extreme Forderungen gestellt. So sollen Heizungen mit fossilen Brennstoffen sofort verboten werden, Verbrennungsmotoren sollen auch möglichst aus dem Verkehr gezogen werden. Welche Folgen solche Massnahmen für die Wirtschaft und für uns alle haben, darüber wird kaum ein Wort verloren. Unbestritten ist, dass die Schweiz die Verpflichtungen aus dem Klimaabkommen von Paris zu erfüllen hat. Dieses verlangt, den CO2-Ausstoss vom 1990 bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Das bis 2020 geltende CO2 Gesetz muss daher durch die Eidgenössischen Räte möglichst rasch erneuert werden. Damit das Ziel bis 2030 erreicht werden kann, sind Anstrengungen notwendig. Zum Beispiel Massnahmen gegen die Billigfliegerei. Wobei hier nur internationale Tarifanpassungen die notwendige Wirkung bringen werden. Grosses CO2-Einsparpotential sehe ich bei älteren Gebäuden. Die CVP wird in der kommenden Budgetdebatte eine Ausweitung des Förderprogramms bei energetischen Gebäudesanierungsmassnahmen beantragen. Mit finanzieller Unterstützung sollen Gebäude besser isoliert werden, zudem ist eine finanzielle Beteiligung an CO2-neutralen Heizungen vorgesehen. Solche Massnahmen sind nachhaltig, senken die Energiekosten der Hauseigentümer und bringen den regionalen Unternehmungen Aufträge. Daher Klimaschutz ja – aber mit Augenmass.

WERNER MÜLLER, WITTNAU


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