Ein Generationenhof in jungen Händen

  24.06.2019 Herznach

Sie ist jung, entschlossen und zielorientiert. Die junge Herznacherin Petra Schmid ist Landwirtin mit Leib und Seele. Auch die Schattenseiten sind bei ihr kein Tabuthema. Sie weiss damit umzugehen.

Mirjam Held

Der Hübstelhof der Familie Schmid liegt etwas ausserhalb, an einem schönen Hang in Herznach. Es ist ruhig auf dem Hof. Vor dem grossen Küchen-Fenster hüpft aufgeregt ein quirliger Hund auf und ab. Samba – ein Lagotto, besser bekannt als Trüffelhund.

Petra Schmid hat den Hof im Februar 2019 von ihrem Vater übernommen. Eine grosse Verantwortung lastet auf den Schultern der jungen Frau. «Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn die Übernahme ein paar Jahre später stattgefunden hätte.» Ihr Vater wurde aber pensioniert und so musste man eine Lösung finden. Obwohl ihr ältester Bruder auch Landwirt lernte, stand bald fest, dass er den Hof nicht übernehmen möchte. «Wir sind acht Kinder. Vier Mädchen, vier Buben.» Auch die anderen sechs Geschwister hatten kein Interesse. So kam es, dass Petra Schmid den Hof mit nur 23 Jahren übernommen hat. Vorerst hat sie den Hof für fünf Jahre gepachtet. «Das Ziel ist ganz klar, dass ich den Hof übernehmen werde. Trotzdem bin ich froh, dass ich doch noch die Möglichkeit habe, zu schauen, wie alles läuft, um dann meine definitive Entscheidung zu treffen.»

Es ist ein Generationen Hof. Im oberen Teil des Bauernhauses wohnen ihre Eltern und ihr jüngster Bruder. Er hat eine Ausbildung zum Landmaschinen-Mechaniker gemacht und hilft bei allfälligen Reparaturen. Die ganze Familie hilft in irgendeiner Art auf dem Hof mit. Im unteren Teil des Hauses haben Petra Schmid und ihr Freund sich eine Wohnung eingerichtet. Er arbeitet nicht auf dem Hof. Aber auch er nimmt sich frei, wenn seine Hilfe gebraucht wird.

Jeder Tag läuft anders ab
Früher war der Bauernhof mitten im Dorfkern. Vor rund 41 Jahren konnten Grossvater und Vater von Petra den Hof auf den jetzigen Standort aussiedeln. «Zum Glück sind wir nicht mehr im Dorf. Hier oben ist es um einiges einfacher für uns. Schon nur für die Kühe, die ihre Weide direkt um den Bauernhof haben.» Jeden Morgen um sechs Uhr trifft man Petra im Stall bei den Kühen. Sie füttert sie und schaut zum Rechten. Mutterkühe haben den Vorteil, dass man sie nicht melken muss. «Dafür tut es mir immer etwas weh, wenn die Kälbchen mit zehn Monaten zum Schlachter gehen», sagt Petra. «Aber das gehört einfach dazu.» Hündin Samba wartet unterdessen schon auf ihre morgendliche Gassi-Runde. Erst danach gibt es Frühstück für Petra.

Jeder Tag läuft etwas anders ab. Die Arbeiten, die anstehen, sind sehr abwechslungsreich. «Für mich gibt es keinen abwechslungsreicheren Job, wie der, der Landwirtin.» Lange hatte Petra das Gefühl, dass sie als Frau es nicht schaffen würde, den Hof alleine zu führen. «Irgendwie war die Vorstellung, einen Traktor zu fahren, für mich fast unmöglich.» Heute macht sie es, als hätte sie noch nie etwas anderes gemacht. Während der Oberstufe machte Petra fünf verschiedene Schnupperlehren und entschied sich dann dazu, das KV zu machen. Das war gut. So konnte sie Erfahrungen fernab von einem Bauernbetrieb sammeln. Schon während ihrer Ausbildung stand fest, dass sie den Hof eines Tages übernehmen würde. Deshalb hat sie direkt nach Abschluss der KV-Lehre ihre Lehre als Landwirtin begonnen. Nach bestandener Lehrabschlussprüfung arbeitete sie temporär im Büro und als Servicetechnikerin in der IT-Branche. Ihr Vater war noch nicht pensioniert und sie hatten nicht genügend Kapazität, um sie auf dem Hof einzustellen. Die Hilfe des Vaters ist eine grosse Entlastung. «Er unterstützt mich, wo er kann und hilft mir, Entscheidungen zu treffen. Ich kann noch viel von ihm profitieren.»

Fürs erste möchte Petra Schmid noch nicht viel ändern am Hof. Schliesslich hat der Hof so gut funktioniert. «Vielleicht werde ich in ein paar Jahren meine eigenen Ideen einfliessen lassen. Jetzt bin ich aber froh, wenn ich alles so weiterführen kann, wie gehabt.»

Schattenseiten
«Manchmal ist es auch etwas belastend,» sagt Petra Schmid. «Ich fühle mich schnell angegriffen, wenn die Landwirtschaft in den Medien an den Pranger gestellt wird. Medienkritische Berichte treffen mich. Immer wieder dieses Rechtfertigen. Egal, wie man es macht, es gibt immer jemanden, dem es nicht passt.» Vielmals ist es Unwissen, wenn Leute sich kritisch über die Landwirtschaft äussern. «Oft ist das Gerede und sich rechtfertigen zu müssen belastend. Es gibt immer zwei Seiten, von denen man es betrachten sollte. Wir spritzen unsere Obstbäume, da die Qualität der Früchte sonst nicht mehr die ist, die erwartet wird. Gerade bei sensiblen Kulturen wie Kirschen, ist es extrem schwer, ohne Pflanzenschutzmittel die gewünschte Qualität zu erreichen. Auf die andere Seite geht es um den Artenerhalt der Insekten. Viele Leute verstehen gar nicht, dass wir Bauern die ersten sind, die vom Bienensterben betroffen sind. Es liegt auch in unserem Interesse, die Bienen und andere Insekten zu schützen. Deshalb mache ich an diversen Projekten mit. Beispielsweise lasse ich immer einen Streifen der Naturwiese stehen und Mähe nicht alles. Es gibt viele solcher Projekte. Es ist jedoch unmöglich, an allen teilzunehmen. Das würde den Rahmen sprengen.»

Hofleben und Hobbies
Petra ist fit, das sieht man ihr an. Nicht nur die körperliche Arbeit auf dem Hof, auch ihr Engagement im Turnverein Herznach tragen dazu bei. Manchmal ist es etwas stressig, alles unter einen Hut zu bekommen. Nicht immer lassen sich die Arbeiten auf dem Hof mit den Wettkämpfen problemlos vereinen. «Ein Hobby muss einfach möglich sein,» sagt Petra. «Ich bin gerne bereit, abends länger zu arbeiten, um dafür am nächsten Tag am Wettkampf teilzunehmen.» Auch ihr Vater unterstützt sie dabei und übernimmt für diese Stunden die Arbeiten auf dem Hof.

So langsam wird Petra etwas unruhig, die Arbeit ruft. Sie begleitet mich nach draussen. Dicht gefolgt von Samba. Die junge Hündin kann ihre Freude nicht verbergen. Endlich läuft wieder etwas auf dem Hübstelhof.


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