«Von Glückseligkeit bis zum Elend erlebe ich alles»

  15.06.2019 Zeiningen

Seit fast 30 Jahren bei der Polizei: Alex Kohler aus Zeiningen

Obschon er ursprünglich Fussball-Profi werden wollte, lernte Alex Kohler Landwirt und Forstwart. Schliesslich liess sich der heutige Zeininger Gemeinderat zum Polizisten ausbilden und leitet seit zwölf Jahren ein Ressort bei der Basler Polizei.

Janine Tschopp

«Zu Hause nannten sie mich ‹Lexu› oder ‹Xändu›, hier in Zeiningen bin ich einfach der ‹Alex› und im Geschäft rufen sie mich ‹Kohler›», lautet die ausführliche Erklärung auf die Frage, ob wir im heutigen Portrait lieber von Alex oder Alexander Kohler schreiben. Wir schliessen uns den Zeiningern an, dort ist er seit elf Jahren wohnhaft, und alle nennen ihn «Alex».

Traumberuf: Fussball-Profi
Alex Kohler wurde vor 51 Jahren in Thun geboren. Dort ist er zusammen mit seinen Eltern und einem vier Jahre jüngeren Bruder aufgewachsen und besuchte die Primar- und Bezirksschule. «Ab der siebten, achten Klasse hatte ich keine Freude mehr in der Schule und wurde zum Rebell», erzählt er. Er wusste nicht, welchen Beruf er lernen sollte, respektive hatte er nur einen Traumberuf im Kopf: Fussball-Profi. Leider ging dieser Wunsch nicht in Erfüllung. «Bis in die erste Liga habe ich es geschafft», sagt er.

Als Kind durfte er auf dem grosselterlichen Bauernbetrieb in Uetendorf (BE) helfen. Diese Arbeit gefiel ihm und er beschloss, eine Lehre als Landwirt zu absolvieren. «Ich wäre heute noch gerne Bauer», sagt er. Da der Betrieb seiner Grosseltern jedoch relativ klein war, gab es für ihn dort keine Zukunft. Später liess er sich zum Forstwart ausbilden. Auch dieser Beruf gefiel ihm sehr gut. «Sowohl als Bauer als auch als Forstwart sieht man am Abend, was man gearbeitet hat», begründet er. Er überlegte sich, die Försterschule zu absolvieren, aber auch hier waren die Zukunftsaussichten nicht rosig. «Bei uns in der Region hatte es bereits viele junge Förster.»

Er war wieder gleich weit wie nach der Schule und wusste nicht, wie es beruflich weitergehen sollte. «Polizist, das wäre etwas», kam ihm in den Sinn. Das Unbekannte reizte ihn. So bewarb er sich an den Polizeischulen in Zürich und Basel und konnte in Basel sofort anfangen. Erst 22-jährig absolvierte er für ein Jahr die Polizeischule mit der anschliessenden einjährigen Ausbildung im Bereitschaftszug. Bei der Kantonspolizei Basel-Stadt durchlief er verschiedene Stationen und ist seit 2007 Ressortleiter bei den Spezialformationen im Dienst Einsatzzug.

«Angst hatte ich noch nie»
Seine Arbeit ist sehr vielseitig, einerseits hat er als Ressortleiter administrative und Führungsaufgaben. «Ich bin auch gerne mit meinen Mitarbeitern oder als Einsatzleiter bei spontanen Anlässen, Aktionen oder grösseren Ereignissen an der Front», sagt Alex Kohler. Regelmässig ist er mit seinem Team bei Fussballspielen im St. Jakobs-Park oder an Demonstrationen im Einsatz. Zudem ist er auch Ausbildner im Bereich Ordnungsdienst des Konkordats Nordwestschweiz. Am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ist er regelmässig im Objekt- und Personenschutz tätig und für die Sicherheit von Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik verantwortlich. «Mein Beruf ist sehr interessant und abwechslungsreich. Von Glückseligkeit bis zum schlimmsten Elend erlebe ich alles», sagt er.

Kommen an der Front Ängste auf, wenn Demonstranten oder Hooligans auf ihn und seine Truppe losgehen? «Ich habe den nötigen Respekt, aber Angst hatte ich bisher noch nie während eines Einsatzes.» Eine Angst, die er aber bei Fronteinsätzen schon mit sich trägt, ist diejenige, dass einem seiner Teammitglieder etwas passieren könnte. Wie geht er mit schlimmen Erfahrungen in seinem Berufsalltag um? Trägt er sie nach Hause? «Ich weiss, dass solche Aggressionen, die ich teilweise erfahre, nicht gegen mich persönlich, sondern gegen mich in der Funktion als Polizist gerichtet sind. Sobald ich am Feierabend meine Polizeijacke ausziehe, schalte ich ab.» Natürlich gibt es einzelne Fälle, insbesondere wenn Kinder involviert sind, die den vierfachen Familienvater auch zu Hause noch beschäftigen.

Seit 1998 im Fricktal
Als Alex Kohler 1990 die Polizeischule in Basel begann, zog er von Thun nach Riehen, 1998 kam er nach Rheinfelden und 2008 zog er nach Zeiningen. Alex Kohler ist ein geradliniger Mann, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht, und was er macht, macht er richtig. «So wurde ich erzogen.» Entsprechend seriös packt er auch eigene Projekte, wie zum Beispiel den Umbau seines Eigenheims in Zeiningen, an. «Es gab viele Komplikationen, auch mit der Gemeinde.» Das war der Moment, als Alex Kohler beschloss, selber im Gemeinderat aktiv zu werden. «Damit ich ein bisschen mitbestimmen kann.» Er wurde gewählt und ist seit Januar 2018 im Amt. «Gemeinderat zu sein ist eine Bereicherung. Es ist eine interessante Abwechslung zu meinem Beruf. Ich arbeite sehr gerne lösungsorientiert mit Menschen zusammen.»

Der Thuner fühlt sich in Zeiningen sehr wohl. Er schätzt die persönlichen Begegnungen. Insbesondere seine Mitgliedschaft bei der Männerriege hat es ihm angetan. «Mit däne Giele han is guet», sagt er in seinem schönen Berndeutsch. Als Fussballer spielte er in verschiedenen Vereinen, aber bei einem Verein im eigenen Dorf dabei zu sein, sei etwas ganz anderes. In seiner Freizeit geniesst er zusammen mit seiner Frau und den Kindern auch Ski- oder Wanderferien im Südtirol oder Strandferien am Meer. Er schätzt auch «seine eigene Oase» in Zeiningen und ist gerne mit seiner Hündin Mia unterwegs.

In wenigen Tagen steht die Teilnahme mit der Männerriege am eidgenössischen Turnfest in Aarau auf dem Plan. Ob er da wirklich mitturnen kann, steht in den Sternen, weil er mit einer schmerzhaften Knieverletzung kämpft. «Ich habe in meinem Leben bisher intensiv Sport getrieben und mich bei Verletzungen immer zu wenig regeneriert», nennt er einen Grund für seine derzeitigen Knieprobleme. Bleibt zu hoffen, dass sein Knie an den entscheidenden Wettkämpfen bereit ist, ansonsten müsste sich der sportliche Mann auf den geselligen Teil des Turnfests konzentrieren.


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