Harte Fakten und klare Forderungen

  09.05.2019 Laufenburg

Laufenburg: Bis zu 20 Prozent Umsatzeinbussen wegen Baustelle

Das Laufenburger Gewerbe stellt klare Forderungen an den Kanton. Der Verkehrsdienst auf der Baustelle an der Kantonsstrasse muss ausgebaut werden und die Arbeiten müssen zügiger vorangehen. Mindestens mit einem Zweischicht-Betrieb soll es vorwärts gehen.

Bernadette Zaniolo

«Kein Gesuch, sondern eine Forderung», stellte Unternehmer (Gärtnerei und Whirlpool) und Geref-Vorstandsmitglied René Leuenberger zum Schluss des rund einstündigen «Kickoff-Meetings» des Gewerbes und einem Vertreter des Stadtrates am Dienstagnachmittag betreffend der Baustelle auf der Kantonsstrasse in Laufenburg klar. Das heisst, der Stadtrat solle sich nicht als «Bittgänger», sprich mittels Gesuch, an den Kanton wenden, sondern Forderungen stellen. Konkret: Die Ampelsteuerung mittels Verkehrsdienst müsse ausgebaut werden und es muss im Minimum im Zweischichtbetrieb gearbeitet werden; dies auch am Samstag. Die dritte Forderung geht an die Stadt: Das Parkieren auf der Burgmatt soll die ersten zwei Stunden gratis sein.

Sinkende Kundenfrequenzen und Umsatzeinbussen
Die Initiative zum Meeting kam von Roman Maier (Café und Bäckerei) sowie von Manfred Neumann (Apotheke). Fast alle eingeladenen Gewerbetreibenden waren anwesend; zirka zehn Personen. «Die Baustelle ist am Laufen. Jammern nützt nichts. Wir wollen die Problempunkte angehen», sagte Roman Maier. Der Tenor war einstimmig: Sinkende Kundenfrequenzen, markante Umsatzeinbussen und viele Reklamationen. Gleich zu Beginn merkte man: Es geht vereinzelt gar ums Überleben.

Bernd Siemoneit (Kindertagesstätte) musste drei Abmeldungen hinnehmen, weil die Eltern bis zu dreieinhalb Stunden pro Tag Zeit benötigen, um die Kinder in die KiTa zu bringen und sie wieder abzuholen. «Wir kommen später einmal wieder», so Kunden von Coiffeur Pino. Auch die Handwerker verlieren massiv Zeit durch den Stau. Zeit, beziehungsweise leisten Zusatzstunden, so René Leuenberger stellvertretend für die Handwerker in und um Laufenburg, «die niemand verrechnen kann. Der Zeitverlust ist eklatant». Walter Bürgler, von der Aargauischen Kantonalbank, sagte, dass es zu Terminkollisionen komme, weil die Beratungstermine nicht pünktlich beginnen können und der nachfolgende Kunde somit warten müsse. Das führe zu vielen Reklamationen.

«Wir haben sonst schon zu kämpfen»
René Schnetzler (Garage Vallanzasca) unterstrich, dass die Einfahrt zur Tankstelle zu 80 Prozent blockiert sei, da kein Freiraum gelassen wird. Auch wenn man nach der Sanierung eine super Strasse habe; die Umsatzeinbussen seien massiv. «Wir haben sonst schon zu kämpfen», sagte er mit Blick auf die Grenznähe und die damit einhergehenden Einbussen. Raphael Imhof (Kafi-Shop) machte zwar klar, dass das Angebot von Kaffeemaschinen-Reparaturen in der Region nicht gross sei und die Kunden grösstenteils doch kommen. Dennoch: Die Reklamationen der Kunden und auch der Angestellten (letztere auch von anderen Firmen) sind bezüglich der Stausituation und dem damit verbundenen immensen Fahrzeitaufwand gross. Beim Gubrist-Tunnel werde Tag und Nacht gearbeitet, warf er ein.

Apotheker Manfred Neumann stellt fest, dass die Kunden «vor allem aus den Dörfern», wie dem Mettauertal, Richtung Brugg ausweichen. Und er fügte an, dass diese dort dann auch die anderen Einkäufe tätigen. Er machte auf seinen Gratis-Hauslieferservice und der Bestellmöglichkeit per E-Mail und Fax aufmerksam. Zugleich stellte er klar, dass man trotz Massnahmen wie diesen sowie dem Aufstellen von Plakaten und den möglichen zwei Stunden «Gratis-Parkieren» nicht alles abfedern könne.

Sylvia Leimgruber, Leiterin der Poststelle, sagte, dass die Post aufgrund der Digitalisierung schon Umsatzeinbussen hat. Sie befürchtet in Sachen Laufenburger Poststelle: «Wir werden es nicht überleben». Denn die Umsatzeinbussen durch die Baustelle sind gross. Sie hätten viel Geld in die Leuchtreklame investiert. Ein Ort lebe durch die Vielfältigkeit, wie Laden, Post und weitere Geschäfte und Angebote. Je vielfältiger diese seien, desto attraktiver sei der Ort.

«Die Baustelle wird Laufenburg richtig schädigen», so Leuenberger. Die Bauzeit sei zu lang. Seine Botschaft an den zuständigen und anwesenden Gemeinderat Christian Rüede war denn auch klar: «Ihr müsst den Hammer auspacken, sonst kommen wir nicht weiter.» Leuenberger betonte, dass es in Eiken viel schneller vorwärts geht. Die Baustelle im Hardwald habe gezeigt, dass es schneller – drei Monate früher – möglich ist.

Deshalb ist klar: Die Bauzeit muss kürzer werden. Gemäss Christian Rüede, der grosses Verständnis für die Forderungen der Gewerbetreibenden zeigte, geht die Bauzeit noch bis März/ April 2021. Derzeit läuft die zweite Etappe (von fünf). Roman Maier machte zum Schluss klar: der Tenor ist durch alle Branchen gleich. Zugleich unterstrich er die Bedeutung der Firma Maier als Arbeitgeber. Von den 150 Arbeitsplätzen befinden sich 70 in Laufenburg. «Niemand fährt ins Parkhaus wegen einem Weggli oder Sandwich», so Maier. Gleichzeitig sprach er von zirka 20 Prozent Umsatzeinbussen.

Die Vertreter der beiden Gewerbevereine Geref und Regio Laufenburg, Daniel Müller und Alexander Truog betonten, dass sie den «Druck» auf den Kanton unterstützen. Der Kanton müsse sich der Bedeutung dieser Strasse bewusst werden. Mit 17000 Fahrzeugen pro Tag, wie René Leuenberger betonte, die zwischen Eiken und dem Kreisel beim Grenzübergang verkehren, gehöre dieser Streckenabschnitt zu den meist befahrenen im Kanton.


KOMMENTAR

Es braucht mehr als Druck

Bis zu 20 Prozent Umsatzeinbussen. Oder noch mehr? Der Druck auf den Kanton, die Behörden und die Projektverantwortlichen ist richtig. Doch es braucht mehr. Denn die Wunde ist tief und schmerzt. Sie ist jedoch weit grossflächiger. Heisst: sie betrifft nicht nur die Laufenburger. So könnte sich der Fachkräftemangel verstärken, denn bereits jetzt seien Abwanderungen (Kündigung von Mitarbeitern) feststellbar, wie am Rand des «Kickoff-Meetings» zu hören war. Auch regionale Handwerker sind betroffen. Der Konkurrenzkampf, die knapp kalkulierten Preise und die nicht verrechenbaren Stauzeiten könnten weitere Unternehmen in Not bringen. Arbeitsplätze stehen in Gefahr. Die Folge: Sinkende Steuereinnahmen und ein weiterer Anstieg der Sozialkosten drohen.

Da ist der Druck seitens des Gewerbes ein erster Schritt. Doch es braucht mehr als «Pflästerli». Werbung, Gratis-Parkieren und weitere «Wund-Pflegemittel» oder Zückerchen. Vor allem aber braucht es innovative Ideen, solche die schnell, unkompliziert und unbürokratisch umgesetzt werden können. Aber auch gute Lösungen, die mittelfristig umsetzbar sind. Gar Pioniergeist ist gefordert, denn Staus gibt es nicht nur in Laufenburg. Gefordert sind auch Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Konsumenten. Ein Nachdenken über das eigene (Konsum-) Verhalten. Sich bewusst sein, wo die Wertschöpfung entsteht. Auch Verständnis. Nachbarschaftliches Denken. Denn der nächste Stau ist programmiert. Die Sanierung der Strasse über den Kaistenberg – die Rede ist von einem Jahr Vollsperrung – wird auch in Laufenburg und in anderen Gemeinden für «schmerzliche» Nebenwirkungen sorgen.

BERNADETTE ZANIOLO


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