Emotionen beim Einbürgerungsgesetz

  09.05.2019 Nordwestschweiz

Bericht aus dem Grossen Rat

Nach einer längeren Pause – die letzte Sitzung des Grossen Rates fand am 5. März statt – war die Traktandenliste mit 25 Geschäften üppig befrachtet. So verwunderte es nicht, dass drei Geschäfte nicht behandelt werden konnten und auf die nächste Sitzung vertagt wurden.

AARAU. Als eines der ersten Geschäfte wurde unter anderem Werner Erni aus Möhlin für den zurückgetretenen Peter Koller aus Rheinfelden in Pflicht genommen. An dieser Stelle ein herzliches Willkommen an Werner Erni im Kreise der Fricktaler Grossräte. Aus Fricktaler Sicht fielen die Ersatzwahlen am Obergericht für den Rest der Amtsperiode bis Ende 2022 erfreulich aus, wurde doch unter anderem eine Fricktalerin als Ersatzrichterin am Handels- und Strafgericht in stiller Wahl gewählt. Ich gratuliere Nicole Möckli aus Frick zur Wahl und wünsche ihr gutes Gelingen in ihrer neuen Funktion.

Als nächstes wurde die Steuervorlage «SV17» in erster Lesung behandelt. Schnell wurde klar, dass dieses vom Regierungsrat geschnürte Paket zwar für die linke Ratsseite zu viel Steuererleichterungen und für den rechten Flügel zu wenig Steuererleichterungen für die Unternehmen beinhaltet, insgesamt jedoch mehrheitsfähig ist. Der Antrag der SP für eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung für die Unternehmen von 50 % auf 60 % wurde daher mit 97 Nein zu 36 Ja Stimmen deutlich verworfen. Auch der Antrag auf Erhöhung des im Entwurf vorgeschlagenen Kapitalsteuersatzes von 0.75 % auf 1.25 % hatte im Rat mit 95 Nein zu 37 Ja keine Chance. Zwar gab der Grosse Rat zu einzelnen Fragen vertiefte Abklärungen in Auftrag. Insgesamt wurde die Vorlage mit 99 Ja zu 25 Nein zum Beschluss erhoben und zuhanden der zweiten Beratung verabschiedet.

Emotional ging es bei der Beratung des Gesetzes über das Kantons- und das Gemeindebürgerrecht (KBÜG) zu und her. Zwar war sich der Rat im Grossen und Ganzen einig, wie das geltende Recht angepasst werden soll. Ein Punkt, an dem sich die Geister scheiden, ist die Länge der Wartefrist für einen einbürgerungswilligen Kandidaten oder eine Kandidatin, nachdem Sozialhilfe bezogen wurde. Das eidgenössische Recht gibt eine Frist von mindestens drei Jahren vor. Seinerzeit konnte sich in der ersten Beratung eine «Mitte-Rechts-Mehrheit» mit einer Wartefrist von 10 Jahren für die Aargauer Gesetzgebung durchsetzen. Die Wartefrist entfällt allerdings, wenn die Gesuchstellenden die bezogenen Sozialhilfeleistungen zurückzahlen. Diese Verschärfung der Wartefristregelung führte zu emotionalen Voten aus den Reihen der Ratslinken. Aus deren Optik ist eine Wartefrist von 10 Jahren als unverhältnismässige und ungerechtfertigte Bestrafung von Leuten, die in finanzielle Not geraten sind, zu sehen. Die bürgerliche Seite sieht die Frist dagegen als Chance für die Gesuchstellenden, ihre finanzielle Unabhängigkeit nachhaltig zu sichern, was nicht mehr ist als eine wesent-liche Voraussetzung für eine Einbürgerung ist, die losgelöst von der Wartefrist zu erfüllen ist. Ein Antrag auf Reduktion der Wartefrist von 10 auf 5 Jahre lehnte der Rat mit 79 Nein zu 56 Ja Stimmen klar ab. Auch die Schlussabstimmung fiel klar für die Annahme der Vorlage aus (86 Ja zu 50 Nein).

Schliesslich reichten die Fraktionen der SP und der Grünen einen Antrag ein, die Vorlage dem Behördenreferendum zu unterstellen. Für ein Behördenreferendum gilt ein Quorum von 35 Stimmen. Dieses kam mit 43 Ja zu 87 Nein Stimmen zustande. Damit wird das Gesetz dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Die einzelnen Stimmberechtigten werden jedoch nicht wählen können, ob eine Wartefrist von 10 oder von 5 Jahren gelten soll. Sie werden nur über die Annahme oder die Ablehnung der Gesetzesänderung entscheiden können.


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