«Ich spüre meine Tiere und sie spüren mich»

  03.04.2019 Wittnau

Marianne Preiswerk aus Wittnau hat sich dem Dog Frisbee verschrieben. Zum dritten Mal organisiert sie mit dem Verein Fricky Discdog im Sommer eines von sieben Turnieren der Swiss Discdog Challenge. An die 100 Teams werden am 20. und 21. Juli in Frick erwartet.

Hildegard Siebold

In ländlicher Idylle ist Marianne Preiswerk in Wittnau zuhause. Auf dem Paddock vor dem Haus geniessen die beiden Pferde und das Pony die Frühlingssonne, gleich nebenan im Gehege tollen die Zwergziegen umher. Zum ersten Mal dürfen an diesem warmen Frühlingstag die zwei Wochen alten Ziegenkinder an die Luft. Auf dem Weg ins Haus sammelt Marianne Preiswerk ein ausgebüxtes Huhn ein. Doch damit nicht genug. Da ist noch «Finn», der Border Collie, der voller Bewegungsfreude durch den Pferdepaddock sprintet.

Ein Hund namens «Haselnüsschen»
Und da ist das neugierig schnuppernde Dackelmädchen namens «Haselnüsschen», deren Fell durch seine Brauntönung besticht. Haselnüsschen? «Ja, sie heisst wirklich so», lacht Marianne Preiswerk. Genauer gesagt steht in ihrem Stammbuch «Haselnuss vom alten Friedrich aus Moritzburg». Sie ist derzeit ebenso wie ihre Besitzerin in der Jagdausbildung. Ihr Ziel ist es, einmal Pächterin in einem Jagdrevier zu werden. Ein weiterer grosser Traum von Marianne Preiswerk ist es, mit «Haselnuss» eigene Jagdhunde zu züchten.

Da gibt es auch noch die Hündin «Ina», die bei einem Unfall ein Bein verlor. Als Marianne Preiswerk sie im Internet auf einer Auffangstation entdeckte, wusste sie sofort: «Dieser Hund gehört zu uns.» Seither ist «Ina» immer an der Seite von Marianne Preiswerk und ihrer Tochter Lucy und Sohn Finn. «Ina» ist topgesund. Und sie spielt Frisbee, so wie der Border Collie Finn. Dieser Hund, der zufälligerweise gleich wie ihr Sohn heisst, brachte Marianne Preiswerk zum Dog Frisbee. Dabei wollte sie gar keinen Rüden. Aber der drollige Welpe hat ihr Herz im Sturm erobert. «Eigentlich sollte er mit Schafen arbeiten», erzählt Marianne Preiswerk. Doch Finn hat Angst vor Schafen. Umso mehr liebt er das Spiel mit der Frisbee-Scheibe. Damit lasse der Hund sich glücklich machen.

Auf das erste Seminar bei «Disc Dog Ostschweiz» folgten viele weitere und irgendwann keimte die Idee, ganz offiziell bei Turnieren zu starten. Auf Anhieb schafften Marianne Preiswerk und Finn einen dritten Platz und qualifizierten sich für die Europa- und Weltmeisterschaft. So fuhr Marianne Preiswerk mit Finn nach Bayern zur EM, die jedoch wetterbedingt abgesagt wurde. Aber egal. Der Leidenschaft für das Dog Frisbee konnte das nichts anhaben. «Es gibt keine Preisgelder und keinen Neid. Wir sind einfach eine grosse Familie», umschreibt sie die Turniere. 2016 wurde sie von «Disc Dog Ostschweiz» angefragt, ob sie nicht in Frick ein Turnier organisieren wolle. Gemeinsam mit einer Kollegin und ihrem Ex-Partner gründete Marianne Preiswerk Fricky Discdog und organsiert seither jedes Jahr eines der Turniere der Swiss Discdog Challenge. Rund 100 Teilnehmer werden im Juli erwartet, denn es sei das einzige Turnier der erstmals siebenteiligen Serie, bei dem man sich für die EM und WM qualifizieren kann. Sie tritt mit Finn in den Disziplinen Mini Distance und Long Distance an.

Während sie so erzählt, gemütlich bei einem Kaffee am grossen Tisch, ist aus der Küche ein hungriges Miauen zu hören. «Du alte Nervsocke», sagt Marianne Preiswerk. Gemeint ist Kater «Oneway». Er kam auf der Suche nach einer Einwegpalette für einen Gartentisch zur Familie. Ja, und dann gibt es da noch «Queen», eine dreijährige Katzendame, die gerade irgendwo draussen auf Beutezug ist. So viele Tiere bedeuten eine Menge Arbeit. Sie wollen versorgt sein und sie brauchen Zuwendung. «Kein Fitnessstudio, kein Shoppen, keine Kaffeekränzchen – das machen wir alles daheim», schmunzelt Marianne Preiswerk.

Von der Schwester getrennt – und wieder vereint
In ihrem Leben gibt es keine Langeweile. Wenn sie so erzählt, wird ihre Lebensfreude spürbar. Dabei lief ihr Leben nicht immer rund. Im Kanton Schwyz geboren, kam sie als gerade mal sieben Monate altes Baby mit ihrer um zwei Jahre älteren Schwester ins Heim wegen Verwahrlosung. Bald wurden die beiden Mädchen getrennt, weil ein Kind sich leichter vermitteln liess. Als ihre Schwester Adoptiveltern fand und diesen von ihrem Geschwisterchen erzählte, machten sie die kleine Marianne ausfindig und adoptierten sie ebenfalls. Da war sie vier Jahre alt. Was wie ein Märchen klingt, mündete in einer unbeschwerten Kindheit, in der ihr unendlich viel Liebe geschenkt wurde. Seit sie sechs Jahre alt war, träumte sie davon, einmal Polizistin zu werden. «Ich wollte immer Diensthunde führen», erzählt sie. Da sie sich erst mit 21 Jahren bei der Polizei bewerben konnte, lernte sie Chemielaborantin. Ein schwerer Töff-Unfall mit 19 liess ihren Traum fast platzen. Viele Operationen und eisernes Training brauchte es, bis sie mit dem verletzten Bein wieder gehen konnte.

Im Oktober 1996 begann er dann doch noch, ihr Traum bei der Polizei. Sie erinnert sich noch gut an die Tränen ihres Vaters bei der Vereidigungsfeier. «Stolzer hätte er nicht sein können», sagt sie. Heute, mit 44 Jahren, ist sie Einsatzleiterin in der Verkehrsleitzentrale der Unfallgruppe der Stadt Basel und mit ihrem Team zuständig für das gesamte Verkehrsmanagement der Stadt. Und sie ist Polizei-Motorradfahrerin etwa bei Demos, Staatsbesuchen und Fussball-Matches. Der Beruf fasziniert sie jeden Tag. Nur Hundeführerin wurde Marianne Preiswerk nicht. «Ich habe gemerkt, dass sich das nicht vertragen würde mit der Art und Weise, wie ich Hunde führe», erklärt sie und fügt hinzu: «Ich spüre meine Tiere und sie spüren mich.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote