«Ich liebe nicht den Abfall, aber die Recycling-Thematik»

  01.04.2019 Zuzgen

Geschäftsstellenleiter eines Abfallverbandes zu werden, rangierte sicher nicht unter den Top Ten seiner jugendlichen Berufswünsche, aber manche Jobs sind viel interessanter als gedacht. Markus Amsler jedenfalls kann beim GAF sein Flair für`s Recycling voll einbringen.

Birke Luu

Vor drei Tagen habe ich so eine aufladbare GAF-Karte gefunden, mit der man an Bioklappen seinen organischen Abfall entsorgen kann. Ich wollte sie zurückschicken, aber die Adresse war veraltet. Also merkt euch, das GAF ist jetzt in Zuzgen und zwar im Gemeindehaus. Dort besuche ich Markus Amsler, 58, der inzwischen seit über zwei Jahren Geschäftsstellenleiter des GAF ist. Dabei steht GAF für Gesamter Abfall des Fricktals – so jedenfalls lautet meine Version, denn die offizielle kann ich mir einfach nicht merken: Gemeindeverband Abfallbewirtschaftung Unteres Fricktal. Selbst Markus Amsler muss augenzwinkernd zugeben: «Ich versuche immer diese Langversion zu vermeiden». Aber das habe schon auch noch einen ernsten Grund, denn die Funktion des Verbandes habe sich über die Jahre geändert. Früher sei es rein um die Entsorgung des Abfalls gegangen, heute ginge es mehr ums Recycling, was sich im Namen so nicht widerspiegle.

Synergien nutzen
Und was genau ist und macht der GAF heute? 16 Gemeinden des unteren Fricktals und des angrenzenden Baselbiets haben sich zusammengeschlossen, um ihren Abfall gemeinsam durch eine zentrale Stelle bewirtschaften zu lassen. Der Verband plant alles rund um den Müll, die Gemeinden sind dadurch entlastet und profitieren – durch das grössere Abfallvolumen – deutlich von einer effizienteren Einsatz- und Tourenplanung sowie günstigeren und einheitlichen Preisen. Der GAF versteht sich als Dienstleister mit ökologischer Verantwortung, muss aber kostendeckend arbeiten. Er bezahlt die Unternehmen, die vor Ort den Müll abholen, sowie die Kosten für die Kehrrichtverbrennung und auf der anderen Seite erhält er Einnahmen durch die verkauften Kehrrichtvignetten und alle recycelbaren Abfälle. Und wenn wir Fricktaler unser Recyclinggut zu privaten Firmen wie Waser oder SuperDreckskescht bringen? Markus Amsler verzieht das Gesicht und lacht: «Ja, da haben wir dann halt nichts davon.»

Umfangreicher Job
Ich merke schnell, dass das Thema Recycling Markus Amslers Steckenpferd ist. «Ich war früher 20 Jahre in der Bauindustrie, da habe ich schon viel mit diesem Thema zu tun gehabt». Für seinen jetztigen Job brauche es genau dieses Interesse, aber noch einiges mehr: Man müsse die oft sehr technischen Berichte verstehen können, mit den Entsorgungsunternehmen reden, sich auf Finanzen wie auch auf Ein- und Verkauf verstehen und dann habe seine Arbeit zudem noch viel mit Kommunikation und Werbung zu tun. Diese Vielfalt passt gut zu dem gebürtigen Aarauer, der seit 15 Jahren mit Frau und Kindern in Zeihen wohnt. Er ist interessiert, offen, pragmatisch und lernt gern dazu. «Ich schaue alles sowohl von der finanziellen als auch von der ökologischen Seite aus an. Ich bin da nicht dogmatisch, sondern hinterfrage die Dinge und lasse mich durch Fakten gern überzeugen». Und er ist ein Mann der Tat: «Man muss etwas machen, einfach mal anfangen, denn wenn wir das Perfekte suchen, passiert gar nichts». Aus diesem Grund fährt er privat ein Elektroauto und sucht beruflich nach neuen Lösungen in Bezug auf den Kunststoffabfall. Rund zwei Jahre lang lief ein Pilotprojekt des GAF, betreut von der FHNW, zur separaten Sammlung von Kunststoffabfällen. Momentan wird eine Folgestudie über die Recycelbarkeit von diesen Kunststoffen durchgeführt: Was wird wo und wie recyceld? Warum gerade die Gemüse/Obst-PET-Schalen nicht? Sobald die Ergebnisse der FHNW vorliegen, möchte Markus Amsler dann handeln, denn: «Wir in der Schweiz stecken beim Kunststoff-Recycling noch in der Anfangsphase». Während dies in Deutschland schon seit 20 Jahren gemacht werde, setzte die Schweiz bislang auf ihre zahlreichen Verbrennungsanlagen – was sich nun aber auch langsam ändere. Und dazu trägt Markus Amsler seinen Teil bei.

Beratungswillige gesucht
So gern wie die Recycling-Thematik hat der GAF-Leiter auch den Kontakt mit Einwohnern und Firmen. Leider mache diese Beratertätigkeit nur einen ganz kleinen Teil seiner Arbeit aus, daher gehe er von selbst auf Architekten zu, die eine grössere Überbauung planten. «Für Architekten ist die Containerplanung nur ein notweniges Übel am Ende aller anderer Planungen, dabei kann frühzeitiges Einplanen alles einfacher, günstiger und optisch schöner machen». Der Salmenpark in Rheinfelden wäre so ein positives Beispiel. Doch auch viele Privatleute sind beratungsunwillig. «In die GAF-Bioklappen wird trotz all unserer Informationsbemühungen immer wieder Grüngut in Plastiksäcken eingeworfen». Diese zu entfernen, sei sehr aufwendig. «Wenn es viele Plastiktüten sind, dann müssen wir alles in den Kerricht geben, denn der Biomüll wird gehäckselt und wenn dann da übersehene Plastiktüten als Mikroplastikteile in den Kompost gelangen, wäre alles verunreinigt». Ein sinnvolles Plädoyer für Kompostbags und unsere Mitarbeit.

Rat und Tat
Auf der Homepage des GAF findet man Ratschläge zum Recycling wie auch zur Abfallvermeidung. Es ist leicht, diese Vorschläge zu machen, jedoch oft schwer sie auch umzusetzen. Und wie geht es da dem Profi? Markus Amsler lacht. Ja, im Büro nehme er Umweltschutzpapier und drucke wirklich auch alles beidseitig aus, sogar in schwarzweiss statt in Farbe. Gut, gut, und natürlich ist da noch das Elektroauto – Test bestanden. Markus Amsler hat aber den Sinn meiner Fragen verstanden und gibt offen zu: «Die Bewohner sind wirklich am Anschlag, wenn sie es seriös machen wollen. Es muss sich da noch einiges tun». Ich merke, auch ein Thema wie Abfall kann äusserst spannend sein, vor allem wenn man mit so jemand informierten und engagierten wie Markus Amsler darüber spricht. Manche Jobs sind eben tatsächlich viel interessanter als gedacht. Meine Abfallplaketten werde ich jetzt jedenfalls mit ganz anderen Augen sehen.


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