Hinten anstehen und an sich glauben

  13.03.2019 Frick

Squash: Nadia Pfister will an der Schweizer-Einzelmeisterschaft erneut vorne mitspielen

Squasherin Nadia Pfister führt ein Leben auf Achse und fast ohne Verdienst. Seit 2016 arbeitet die 23-Jährige, die für den Squashclub Fricktal spielt, als Berufssportlerin am Vorstoss unter die Weltbesten. Der Weg ist steinig.

Stefan Kleiser

Ist das der Duft der internationalen Squash-Welt? Wenn Nadia Pfister den Pontefract Squash & Leisure Club verlässt, riecht es nach Gummibärchen. Keine 100 Meter vom Center entfernt, in dem die 23-Jährige unter Malcolm Willstrop trainiert, werden die Fruchtgummis produziert. «Es ist nicht das, was du brauchst, wenn du ins Center hineingehst. Aber das, was du brauchst, wenn du herauskommst», schmunzelt Nadia Pfister und zieht eine Tüte mit Süssigkeiten aus der Tasche.

Zuletzt war die Spitzenspielerin aus dem Squashclub Fricktal vor drei Wochen für mehrere Tage in Mittelengland. Ihre Gastgeberin: Ü60-Weltmeisterin Julie Field. Nadia Pfister bezahlt für ein Gruppentraining in Pontefract einen bescheidenen Betrag und darf mit starken Sparringpartnern in einem internationalen Ambiente üben. «Ich habe schon Kolumbianer angetroffen sowie zahlreiche Inder.» Und Squasher aus vielen anderen Ländern.

Wichtig ist der Stress im Court
Das Entscheidende: «Ich muss mit Spielern trainieren, die mich fordern, weil ich das auf den Turnieren antreffe.» Hat Nadia Pfister genug Zeit, ist alles okay. «Ich kann jetzt bewusster Entscheidungen treffen und lasse mich nicht nur treiben oder leiten vom Gefühl, was noch gut wäre.» Das muss auch unter Druck klappen. «Ich brauche Trainingspartner, die mich stressen.»

Das Timing stimmt. Nach vier Tagen in Pontefract und einer Woche zu Hause in der Schweiz erzielte Nadia Pfister letzte Woche in Calgary ihr zweitwertvollstes Ergebnis auf der Tour der Profis. In die zweite Runde rückte sie zwar nach Abmeldungen wegen Visaproblemen kampflos vor und unterlag dort der im World Ranking 49 Plätze besseren Olivia Fiechter. Doch die 51 Weltranglistenpunkte für das Erreichen der zweiten Runde an einem Turnier der PSA-Challenger- Tour-20 sind Nadia Pfister sicher. So viele Zähler sammelte die Ramlinsburgerin, die Squash nach der Matura zu ihrem Beruf machte, erst an einem Turnier: 2016 an den British Open. Nadia Pfister will auch künftig lieber grosse als kleine Turniere bestreiten. «Das bringt mich weiter», ist sie überzeugt. Dafür lebt sie auf Abruf. In den letzten zwei Monaten war sie an einem halben Dutzend Events in Übersee eingeschrieben. Ausser in Delaware, wo sie in der ersten Runde gegen die spätere Turniersiegerin ausschied, stand sie überall nur auf der Warteliste.

Ein Beruf mit kargem Lohn
«So ist das halt», erklärt Nadia Pfister: «Wenn man höher dotierte Turniere spielen will, muss man hinten anstehen». Es sei immer «ein Rechnen und Tun», erklärt sie. Bisher hat es für einen Exploit nicht gepasst. In Edinburgh Ende Januar etwa scheiterte die 23-Jährige an Erkältung, Jetlag und zu vielen eigenen Fehlern. Doch Nadia Pfister arbeitet weiter am Durchbruch auf der internationalen Tour.

In der Schweiz hat sie sich vor einem Jahr mit dem Gewinn der Silbermedaille an der Schweizer Einzel-Meisterschaft ganz vorne etabliert. «Das Wichtigste ist der Kopf. Zu wissen, dass ich die Gegnerinnen schlagen kann.» Im Dezember unterlag sie in Monte Carlo der Französin Marie Stephan 2:3. «Sie war die Nummer eins bei den Juniorinnen. Jetzt bin ich ganz nahe an ihr dran.» Noch immer müsse sie sich aber rechtfertigten wegen ihres Berufs und viele Fragen beantworten. Etwa zum kargen Einkommen. Ja, sinniert sie: «Es wäre schön, etwas zu verdienen mit dem, was ich mache». Aber das kommt vielleicht auch noch.


Die vier Favoritinnen

Vor zwölf Monaten gewann Nadia Pfister an der Schweizer Einzel-Meisterschaft (SEM) erstmals eine Medaille. Der Einzug in den Final war für die 23-Jährige ein Meilenstein: Weil sie im Halbfinal zum ersten Mal in ihrer Karriere Gaby Huber, die achtfache Titelträgerin, schlagen konnte. Seit damals hat die Spitzenspielerin aus dem Squashclub Fricktal die frühere Nummer 29 der Welt zwei weitere Male bezwungen. «Es wäre toll, könnte ich wieder so gut abschneiden», erklärt Nadia Pfister vor der SEM von diesem Jahr, die von Donnerstag bis Sonntag in Uster ausgetragen wird. «Aber ich will mir nicht zu viel Druck machen.» Die Ramlinsburgerin weiss: Auch andere investieren viel ins Squash, namentlich Céline Walser (die ihre Lizenz ebenfalls in Frick gelöst hat), Titelverteidigerin Cindy Merlo (die sich im World Ranking auf Position 83 vorgeschoben hat) sowie Ambre Allinckx (die als grösstes Nachwuchstalent im Schweizer Squash gilt). Ebenfalls am Start aus dem Squashclub Fricktal: Nadine Frey, die Fünfplatzierte von 2018. (skl)


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