Vom Bass zum Piccolo

  10.02.2019 Möhlin

Dass es im Fricktal gute Musiker gibt, ist bekannt. Weniger bekannt ist vielleicht, dass dort auch gute ehemalige Beat-Musiker zuhause sind. Die Neue Fricktaler Zeitung hat den ehemaligen «Countdowns»- Bassisten Hampe Feuz getroffen.

Lukas Müller

Er muss kurz überlegen, wenn er auf seine Anfänge als Bassist angesprochen wird. Doch dann kommt Hampe Feuz in die Gänge: «Eigentlich geschah das aus einer Notsituation heraus», erzählt der 70-Jährige. «Ich bin ja grundsätzlich Gitarrist gewesen und spielte bei den «Skylines». Dort musizierten wir im Stil der «Stones» und der «Beatles». Doch dann hatten die «Countdowns» einen Abgang zu verzeichnen. Ihr Bassist zügelte mit seiner Familie fort. Ich durfte für ihn übernehmen», schmunzelt er. Die «Countdowns» agierten fortan mit folgender Besetzung: Roger Vogel (Gitarre, Gesang), Claude Pfau (Gitarre), Hampe Feuz (Bass) und Bölle Börlin (Schlagzeug). Während den wildbewegten sechziger Jahre waren die zu drei Vierteln aus Kleinbaslern bestehenden «Countdowns» sehr aktiv auf den Konzertbühnen. Mindestens drei bis viermal pro Monat standen Auftritte an, zum Teil war man auch wochenweise im «Atlantis» engagiert. Auch im Ausland gab es Auftritte, unter anderem im «Star Club» in Karlsruhe.

Den Sprung nach England gewagt
Hampe Feuz absolvierte in dieser Epoche eine Lehre als Zolldeklarant. Nach der Lehrabschlussprüfung war er dann etwas freier und konnte sich mit Volldampf der Band widmen. Doch die Konkurrenz auf dem Beat-Konzertmarkt war gross. «Im Prinzip wussten wir, dass wir als Schweizer Gruppe in unserem Herkunftsland keine Überlebenschance haben, weil es schlicht zu wenige Konzerte gibt. So haben wir dann den Sprung nach England gewagt.»

Die Finanzen für diese Reise kamen übrigens auf spannenden Wegen zustande. Verbürgt ist, dass ein windiger Manager sich mit den Musikern in einer Beiz traf und ihnen bündelweise Banknoten auf den Tisch gelegt hat. Die Moneten waren da, die Reise ins Ungewisse konnte beginnen.

Ankunft im gelobten Land
So flogen die «Countdowns» dann mit einem Linienflug in die britische Hauptstadt, wo das Beat-Fieber bereits voll am Kochen war. Jeden Abend zogen die langhaarigen Basler in die angesagten Clubs und widmeten sich den Bands, die dort auftraten. Der «Marquee Club» in der Wardour Street, der «100 Club» in der Oxford Street und das «Roundhouse» waren beliebte Anlaufstationen von ihnen.

Zum «Roundhouse» gibt es eine schöne Anekdote, die auch Hampe Feuz gerne immer wieder erzählt. Eines schönen Abends weilte er mit dem unterdessen leider verstorbenen Bölle Börlin in eben diesem wunderbaren Konzerttempel – Jimi Hendrix und Jack Bruce und ein nicht bekannter Schlagzeuger waren dort am Jammen. Mitten in diesem Auftritt wurde es für unsere Schweizer Delegation richtig spannend. Der Mann am Schlagzeug wollte nämlich eine kleine Pause einlegen. So trat Jack Bruce (damals bereits ein Weltstar der Gruppe «Cream») ans Mikrophon und sprach die folgenden Worte: «Mister Börlin from Switzerland, please come on stage.» Die Weltstars suchten also für die nächsten Nummern einen Schlagwerker. Jack Bruce mit seinem Bass war bereit, Jimi Hendrix schnallte sich ebenfalls die Gitarre um. Doch für den jungen Bölle Börlin war das Ganze irgendwie zuviel. Er bekam das Muffensausen, er tauchte ab und tat keinen Wank. Und so zog die einmalige Gelegenheit, mit Jimi Hendrix und Jack Bruce zu jammen, ungenutzt an den Baslern vorbei.

Eine neue Platte
Doch Hampe Feuz und die übrigen Basler Beat-Helden kamen dann schliesslich doch noch zu einem tollen Ergebnis ihres mehrtägigen London-Aufenthalts. In einem Studio in der Denmark Street spielten sie eine Langspielplatte ein, welche sich dann nach ihrer Rückkehr in die Schweiz sehr gut verkaufte und heute zu den raren Sammlerstücken gehört. Während dem Rückflug nach Basel vernahmen die «Countdowns» dann, dass ihr Manager eine Equipe der populären «Film-Wochenschau» an den Basler Flughafen aufgeboten hatte. Als sie auf dem Rollfeld ankamen, wurden sie von scharenweise schreienden und tobenden Fans begrüsst. Das war eine «Basler Beat-Mania wie aus dem Bilderbuch», wie sich Hampe Feuz noch heute gerne erinnert. In der Folge kamen die «Countdowns» hierzulande zu einigen grösseren Auftritten an Festivals. Doch das für Schweizer Musiker typische «Sicherheitsdenken», wie Feuz es bezeichnet, schlug durch, und aus einer Profikarriere wurde dann nichts. Hampe Feuz hätte diesen Schritt gerne gemacht. «Mit vier Verrückten, die es unbedingt wissen wollen, hätte ich es gewagt», bekräftigt der in Möhlin wohnende ehemalige Beat-Musiker heute.

Anno 1996 zog es die Band nach längerer Künstlerpause übrigens begleitet von Journalisten und einigen Getreuen nochmals nach London. Ein weiteres «Countdowns»-Album wurde dort eingespielt, auch dieses mit schönem Erfolg. Nach seiner Musikerkarriere widmete sich Hampe Feuz übrigens dem Piccolospiel (mit der legendären Formation Bajass) und später dem Bearbeiten von Bühnenstücken auf Mundart – zuerst fürs Häbse-Theater und dann während 14 Jahren als Hausautor fürs Théâtre Fauteuil. In beiden Domänen hatte er viel Erfolg. Heute geniesst der unterdessen Pensionierte mit seiner Ehefrau Anneli im schönen Fricktal das Leben auf dem Land – doch gelegentliche Ausflüge nach Berlin und in sein geliebtes London stehen immer wieder auf dem Programm.


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