Schräge Töne unterm Kirchendach

  15.02.2019 Möhlin

Am Samstag geht in der christkatholischen Kirche Möhlin zum 18. Mal der Fasnachts-Gottesdienst über die Bühne. Die NFZ hat sich mit dem Pfarrer unterhalten.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Christian Edringer, hatten Sie nie Zweifel, ob ein Fasnachts-Gottesdienst richtig ist?
Christian Edringer:
In der Sache nicht. Damals als Neuling hatte ich trotzdem bedenken: Die Fasnacht hier mit ihrer Mundart hat ihren eigenen Stil. Und nun sollte ich mich mit meinem hochdeutschen Maul in die Kirche stellen und einen Fasnachts-Gottesdienst abhalten? Das klappt nicht. Gleichzeitig fand ich den Anlass schön und sagte mir: Ich versuch das jetzt.

Aber Zweifel, ob sich Fasnacht mit Kirche wirklich verträgt?
Nein. Fasnacht ist eng mit Kirche verbunden. Es geht darum, vor der Fastenzeit freudig und überschwänglich zu leben und noch einmal so richtig auf die Sahne zu hauen.

Ist das im Sinne des Herrn?
Unser Herr ist einer, der das Leben feiert. Im Evangelium gibt es viele Hinweise darauf: die Hochzeit zu Kana, an der Jesus Wasser zu Wein verwandelt. Er war an Festen dabei, verglich das Himmelreich mit einem grossen Festmahl. Ja, ich glaube der Herr hat grosses Verständnis dafür.

Man kann auch zu sehr über die Stränge schlagen.
Ja. Sobald mit dem eigenen Verhalten Grenzen überschritten werden, woraus Nachteile für sich oder für Mitmenschen entstehen. Man sollte das Mass schon kennen, wie überall im Leben.

Sie haben an der Fasnacht den Narren gefressen?
Erst seit ich in Möhlin bin. Als gebürtiger Dortmunder erlebte ich die Einflüsse des rheinischen Karnevals, das war okay, ich war aber nie ein Angefressener. Die Fasnacht hier erlebe ich als offenes Fest, an dem sich jeder beteiligen kann. Sie ist weniger reglementiert.

Das Experiment vor neunzehn Jahren mit dem ersten Fasnachts-Gottesdienst war aber ein Wagnis.
Total, und auch eines mit viel Widerstand.

Heute ist dieser Gottesdienst kaum mehr ein Aufreger. Hat sich die Idee dahinter noch nicht ausgelaufen?
Die Kirche ist immer sehr gut besucht, das Feedback ist super. Es gibt Leute, die an diesen Gottesdienst kommen, von denen ich nicht mal weiss, ob sie überhaupt einer Kirche angehören, und mir dann sagen: Wissen Sie, Herr Pfarrer, ich komme nur einmal im Jahr in die Kirche. An der Fasnacht.

Ist das okay?
Klar. Wer einmal im Jahr die Kirche besucht, der tut das auch regelmässig. Ich schimpfe nicht gerne über jene, die nicht jeden Sonntag kommen, sondern freue mich lieber über jene, die dann halt zu solchen Anlässen kommen.

Der Fasnachts-Gottesdienst ist ein spezieller Anlass, an dem wir gemeinsam feiern und zeigen: auch das ist Kirche.

Und die Gefahr, dabei anbiedernd zu wirken?
Wir laufen niemandem hinterher und sagen: Komm und schau, wie toll oder cool wir sind. Das wollen wir nicht. Ich weiss, dass es auch Menschen gibt, die das nicht mögen; Menschen, die an der Fasnacht verreisen und lieber die Ruhe geniessen. Diese Freiheit hat ja jeder. Wer feiern will, soll das tun, ich bin gerne dabei, wer das nicht so mag, muss nicht.

Fasnacht ist humorvoll. Wie wichtig ist Humor im Leben?
Ohne Humor sind gewisse Lebenssituationen nur schwer auszuhalten. Er ist Lebenselixier und Ventil, das uns erlaubt, Dampf abzulassen, uns neu zu positionieren.

Ich erlebe es selbst bei Abdankungen in der Kirche, wenn Angehörige Anekdoten aus dem Leben eines Verstorbenen erzählen: Lachen hilft, sich zu erinnern, aber auch, sich zu entspannen und nach vorne zu blicken. Oder das Evangelium, diese frohe Botschaft: Sie trägt uns. Also feiern wir sie, manchmal auch überschwänglich und laut.

Man darf sich auf einen ausgelassenen Gottesdienst gefasst machen?
Auf jeden Fall. Planung läuft. (lacht)

Morgen Samstag, 16. Februar, 18 Uhr, christkatholische Kirche in Möhlin: Fasnachts-Gottesdienst. Mitwirkende sind unter anderem die Ryburger Gugger und «La Guggaratscha». Man darf verkleidet erscheinen.


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