«Flüchtlingsdasein»

  12.02.2019 Leserbriefe, Gipf-Oberfrick

Als stark elektrosensible Person möchte ich all jenen rund 10 Prozent der Bevölkerung, die in unterschiedlicher Intensität an Elektrosmog leiden, eine Stimme geben in der aktuellen Diskussion rund um die Einführung des 5G-Netzes. Dabei muss man diese 5G-Kehrseite in Kombination mit der vielfältigen übrigen Strahlung sehen. Die Dunkelziffer der Betroffenen dürfte sogar noch höher sein, da viele Leute gar nicht wissen, worunter sie leiden. Die Esmog-Symptome und ihre verheerenden Wirkungen auf den Organismus sind hinlänglich bekannt durch unabhängige Forschungen. Ich selbst habe in Blindtests exakt sagen können, wann bestrahlt wurde und mit welchen Frequenzen. Wird ein Betroffener genug verstrahlt, etwa in einem Einkaufsladen, kommt er meist wie tot krank wieder heraus mit furchtbaren Schmerzen und komplett abgebauten Lebenskräften für Stunden oder den Rest des Tages. Wer noch irgendwie am Leben teilnehmen kann, wird seine Elektrosensibilität tunlichst verbergen, um Job und soziales Umfeld nicht zu verlieren oder um nicht als psychisch krank gebrandmarkt zu werden. Wer es körperlich nicht mehr schafft, verschwindet in der Isolation. Man hört meist nichts mehr von ihm.

Irgendwo hinzugehen, ist ohne Qualen nicht mehr möglich. Cafés, Läden, Schulen, Universitäten, Arztpraxen, Spitäler, Coiffeuresalons, Museen, Transportmittel, Häuser, Wohnungen, selbst die Bergwelt… alles ist verstrahlt. Wer ein esmogmässig einigermassen auszuhaltendes Zuhause hat (und zwar nicht abgeschieden in der Isolation!), darf von Glück reden. Man hat keinerlei Rechte
– der Nachbar darf ungeniert die anliegenden Wohnungen verstrahlen. Nicht belächelt und von New Age verschont zu werden, ist schon ein Fortschritt. Anlaufstellen gibt es nicht. Man wird zum Flüchtling im eigenen Land. Längere Strecken mit Zug, Bus, Tram oder modernen Autos zurückzulegen, ist unmöglich. Eine Esmog-Abschirmung ist problematisch, da sich Strahlung physikalisch hochkomplex und teils wie Licht verhält (z.B. Reflexionen). Und gewisse Frequenzen wie bei Vectoring-Kupferkabeln oder Radio DAB+ sind von der Wellenlänge her praktisch nicht abzuschirmen. Es gibt weder Therapien noch Medikamente. An Seminaren, Salben, Amuletten usw. wird gut verdient. Begegnungen mit Menschen können einen so verstrahlen, dass man sie lieber meidet und auf der Strasse um die Menschen herumgeht bzw. um ihre Handys im Sack, die meistens alle Funktionen von Wlan, Bluetooth, GPS etc. aktiviert haben. Vom nur teilweise erforschten, immer aber stillen Leiden derTiere und Pflanzen unter dem Esmog gar nicht zu sprechen.

Ich bin in keiner Weise technikfeindlich – die esmog-freie Glasfaser-Kommunikation wäre sogar leistungsfähiger – noch in irgendeiner Art ideologisch. Aber ich will einfach wieder am Leben teilnehmen können anstatt diese endlose Hölle durchzumachen – wofür auch immer.

Rechtfertigt das Bisschen mehr an technischer Revolution die Tatsache, dass ein Teil der Bevölkerung – mit 5G werden es noch mehr – schwer leiden muss und vom Leben total ausgeschlossen wird?

EVELYN REIMANN, ZÜRICH/GIPF-OBERFRICK


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote