«Auch Spiele haben Autoren»

  25.02.2019 Zuzgen

Janet Kneisel hat als Spieleerfinderin ihren Traumjob gefunden

Janet Kneisel aus Zuzgen hat auf ihre innere Stimme gehört und ihren Traum verwirklicht. Sie ist heute mit Leib und Seele Spieleautorin und hat das Ziel, auch selbst einmal ein «Spiel des Jahres» zu kreieren.

Birke Luu

Dass jedes Buch einen Autoren hat, weiss jeder, aber dass dies bei Gesellschaftsspielen auch so ist, war mir bisher nicht bewusst. Doch tatsächlich, bei genauerem Hinsehen bemerke ich, dass auch auf den meisten meiner Spiele im Schrank ein Ideengeber oder Autor steht – nur eben ganz klein und von uns Nutzern nahezu unbemerkt. Den Namen Janet Kneisel kann man bereits auf neun Spielen lesen. Sie ist 40 und lebt mit Mann und Tochter in einem gemütlichen Haus in Zuzgen. Hier entwickelt sie ihre Ideen, konkretisiert diese, bastelt dann Prototypen der Spiele, testet sie und verhandelt mit Spieleverlagen wie Ravensburger.

Erfüllung
«Als ich 26 war, ist mein Patenonkel plötzlich gestorben. Da habe ich mich gefragt, was ich wirklich in meinem Leben machen will. Worauf möchte ich einmal zurückblicken?», erklärt Janet Kneisel. Sie machte sich auf die Suche – und mehr und mehr kristallisierte sich das Thema «Spiele» heraus. «Ich habe schon immer total gerne gespielt, auch als Pharmaziestudentin, aber wusste gar nicht, dass es diesen Beruf überhaupt gibt.» Sie kündigte ihre Anstellung bei Roche und gewann 2011 das Spieleautoren-Stipendium – einmal jährlich vergeben von der Jury «Spiel des Jahres» – das ihre «Eintrittskarte in die Spielewelt» wurde. Doch erst vier Jahre später wurde ihr erstes Spiel veröffentlicht. «Das war ein langer Entwicklungsweg, der mich viel Geduld und Glauben an mich gekostet hat.» Inzwischen ist sie aber angekommen, erfindet nun auch Spiele auf konkrete Anfragen der Verlage hin und ist überzeugt, ihren «Platz in der Spielewelt gefunden zu haben». «Das ist mein Traumjob», schwärmt Janet Kneisel. Das Wichtigste daran sei, selbst mit voller Freude bei der Arbeit zu sein und diese Freude dann auch weitergeben zu können: «Wenn die Familien beim Spiel gemeinsam am Tisch sitzen und miteinander lachen, das ist so eine besondere gemeinsame Zeit! So etwas Wundervolles bewirken zu können, ist einfach eine ganz tolle Vorstellung.»

Kreativ und geduldig
Und was macht einen guten Spieleautor aus? «Man muss kreativ sein und empathisch», meint Janet Kneisel, denn jedes Spiel habe eine Geschichte und man müsse sich in die jeweilige Erlebniswelt hineinversetzen können. «Das ist wie beim Bücher schreiben oder Geschichten illustrieren – man muss sich in eine Welt einarbeiten und diese dann entstehen lassen.» Dabei recherchiert sie das jeweilige Thema intensiv, zu dem sie ein Spiel erfinden möchte oder soll – und dann heisst es warten, denn: «Die zündende, kreative Idee muss aus dem Unterbewusstsein kommen», erklärt die sympathische Autorin. Das könne ihr überall passieren, vor allem aber, wenn sie entspannt sei wie im Urlaub oder beim Meditieren.

Geduld und Ausdauer bräuchten Spieleerfinder auch für das Ideenentwickeln, da dies mitunter ein längerer Prozess sei mit vielen Änderungen und Neuanfängen. Ein fertiges Spiel zu entwickeln, könne sich über Jahre hinziehen bis sich dann alle Komponenten des Spieles zu einer «runden Sache» zusammengefügt hätten, stimmig seien. Das wäre für sie durch ihre Erfahrung heute leichter als am Anfang. Eine andere Voraussetzung für einen Spieleautor sei ein starker Glaube an sich und seine Ideen. Neukreationen gebe es viele, aber nur wenige würden letztendlich von einem Verlag ausgewählt und realisiert. Dennnoch kämen jährlich über 1000 Spiele neu auf den Markt und dann sei es noch ein langer Weg bis sich eine Neuheit etabliere und zu einem Spiel entwickle, das dauerhaft angeboten werde. Und nicht jedes Spiel schaffe das. Um letztendlich Erfolg zu haben, müsse ein Spieleerfinder zudem noch mit Verlagen korrespondieren, Spielanleitungen schreiben und realistisch Kosten einschätzen können, sowie handwerkliches Geschick bei der Herstellung von Prototypen beweisen.

«Die Ideen fliessen»
2015 erschienen drei Spiele von Janet Kneisel, danach jährlich zwei und dieses Jahr werden es wieder drei Spiele sein – es läuft also. Aber hat sie keine Angst, dass ihr mal die Ideen ausgehen? «Nein, das ist wie beim Komponieren oder Bücher schreiben», lacht sie. «Wenn der Kanal mal geöffnet ist, dann fliessen die Ideen». Und sonst hat sie ja noch ihr Ideenbuch, auf dessen reichen Fundus sie immer wieder zurückgreifen kann. «Wenn eine Idee nicht funktioniert, lässt man sie ruhen und kann später vielleicht einzelne Teile davon neu verwerten». Ein gelungenes Spiel zeichne sich jedenfalls dadurch aus, dass jeder bis zum Schluss die Chance habe, zu gewinnen und es somit spannend bleibe. Ausserdem sollte jeder während dem Spiel schon kleine Erfolgserlebnisse haben, kleine Glücksmomente erleben können.

Pläne
Für dieses Jahr hat Janet Kneisel schon viele Aufträge und Pläne, aber in der weiteren Zukunft würde es sie sehr reizen, «ein innovatives Spiel zu erfinden, das die Chance hat, von der Jury zum «Spiel des Jahres» gewählt zu werden». Das wäre sicher die Krönung ihres Schaffens, doch ein Dauerspiel etablieren zu können, kommt dem sicher auch sehr nahe. Ihr Kartenspiel «TRIout» (ab acht Jahren) könnte so ein Dauerspiel werden. Für dieses Spiel engagiert sich die Autorin daher besonders und besucht Schulen, denen sie «TRIout» gratis überreicht. «Interessierte Lehrer dürfen mich gerne kontaktieren, dann stelle ich ihnen das Spiel vor und überlasse ihnen eines als Geschenk» (janet.kneisel@gmx.ch). In Schulen und Kindergärten ist sie sowieso öfters, da sie dort ihre Spiele testet. Die Freude der Kinder dann zu erleben, bestärke sie in ihrer Arbeit. Ihre eigene Lebenserfüllung hat Janet Kneisel also gefunden und wünscht dies auch den anderen Menschen im Fricktal: «Es lohnt sich, auf seine innere Stimme zu hören, ihr zu folgen und somit dann das Leben zu führen, das einen erfüllt und glücklich macht.»


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