Wohl dem Dorf mit guten Gasthäusern

  15.01.2019 Bözen

Kürzlich trafen wir uns an einer Klassenzusammenkunft in Buchs bei Aarau (heute 8000 Seelendorf). Die Organisatoren wollten uns etwas Besonderes bieten. Dorfrundgang mit Apéro im Dorfmuseum, Mittagessen in einer ehemaligen bekannten Dorfbeiz. Wir waren gegen 40 Zusammenkünftlerinnen und Zusammenkünftler. Gespräche und Erinnerungen standen logischerweise im Vordergrund. Mit etwas Verspätung trafen wir in der Beiz ein. Der Geschäftsführer begrüsste uns und machte darauf aufmerksam, dass das Lokal um 15 Uhr schliesse. Die Kellnerinnen wirkten gestresst; wir alle nahmen zur Kenntnis, dass sitzenbleiben nicht angesagt war. Das 10 Mal kleinere Bözen kennt solche seelenlose Treffpunkte nicht:

Im «Pöschtli» – wie wir zu sagen pflegen – steht uns die elegante Gastronomie mit den dezent eingerichteten Räumlichkeiten zur Seite. Neben dem vorzüglichen Essen empfängt uns das bewährte, langjährige und klassisch gekleidete Servicepersonal. Geradeeben wurde der ehemalige Kochlehrling, André Kneubühler, mit dem Titel «Marmite Youngster» zum Jung-Spitzenkoch 2019 erkoren. Beim Bären begegnen dem Gast eindrückliche Geschichtsimpressionen; zu Bernerzeiten wurde hier Gericht gehalten. Die Bauenstube mit ihrer «Chouscht» mit Bank, Stühlen und alten Tischen wird der Tradition Sorge getragen, eine typische Dorfbeiz. Die Metzgete ist das Aushängeschild. Beide Gasthäuser, Post und Bären, sind im langjährigen Besitz. Die Post in der siebten Generation – der Bären in der Neunten.

Die Ambiance, ein Dorfbeizengefühl zu vermitteln, versuchen Gemeindeverantwortliche – besonders in Grossgemeinden – mit dem Zukauf von ehemaligen Wirtschaften. Sie haben festgestellt, dass die zunehmende Entfremdung Gift für ein intaktes Gemeinwesen ist. Daheimzusein kann auch mit tiefsten Steuersätzen nicht vermittelt werden.

Die Zeit für eine echte Dorfbeiz, in welcher man gerne, manchmal auch (zu) lange verweilt, wird eine Renaissance antreten. Dorfbeizen sind Juwele, besonders geschätzt von älteren Zeitgenossen – Bözen hat sie.

HANS PETER JOSS, BÖZEN


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