Ein Juwel zwischen zwei Zentren

  13.01.2019 Fricktal

Der «Tante-Emma-Laden» in Asp

Densbüren; eine Gemeinde mit zwei Dörfern und zwei Dorfläden. Einer dieser beiden liegt völlig abseits vom Verkehr und kann dennoch (gut) überleben.

Bernadette Zaniolo

ASP. «Da hat es Häuser?» fragt mich mein Begleiter, als wir auf der Fahrt von Frick Richtung Aarau, kurz vor dem Anstieg zur Staffelegg, rechts abbiegen. Ja, es sind gleich mehrere Häuser, die wir auf dem Weg zu unserem Ziel, dem Laden von Asp sehen. Das Dorf gehört zur Gemeinde Densbüren. Just vor dem Laden ist das Restaurant Jura, bei welchem ein Wegweiser auf eine weitere «Besonderheit» hinweist. Der Skilift da oben ist zurzeit geschlossen, der Schnee fehlt. Auch die Türen des Restaurants Jura, auf welchem Margrit und Eugen Wildhaber-Schneider während 34 Jahren wirteten, sind seit Kurzem geschlossen (NFZ vom 3. Januar).

Nebenan, eben da im Dorfladen, ist viel Betrieb. Schon beim Betreten werden Erinnerungen wach. Es ist ein «Tante-Emma-Laden», ein kleines Einzelhandelsgeschäft, das Lebensmittel und weitere Artikel des täglichen Bedarfs anbietet. Zeit, um in Erinnerungen zu schwelgen, bleibt vorläufig jedoch nicht. Man wird, wenn auch sanft, «geweckt». Vom Duft frischer Backwaren. Hier ist das Reich von Rolf Windisch. Vor 13 Jahren wurde aus einem Hobby eine wahre Leidenschaft. Jeden Morgen – ausser am Sonntag – steht Windisch bereits früh in der Backstube. «Ja, ich mache auch den Teig selber», sagt er auf die entsprechende Frage. Und dies auch ein wenig mit Stolz. «Bäckereien, die das Brot noch von Grund auf selber herstellen, sind seltener geworden», so Windisch. «Heute werden in vielen Läden gefrorene, vorgefertigte Brote aufgebacken».

Woher kommen die Kunden?
Wer kauft hier, so abseits gelegen, denn ein? «Viele unserer Kunden sind Fans», sagt Ehefrau Theres Windisch zur NFZ. Das sind nebst langjähriger, treuer Kunden aus Asp und Densbüren, auch «viele Kunden aus Frick und der Region Aarau», ergänzt sie. «Sie kommen vor allem wegen des Jurapark-Brotes sowie der Vielfalt und der regionalen Produkte», so Rolf Windisch. Bei der Herstellung von Keksen, Crèmeschnitten und weiteren Süssigkeiten wird der 57-jährige Asper von einer gelernten Konditorin-Confiseurin unterstützt

Nach der Schliessung des Asper Dorflädelis, das war 2005, entschloss sich der gelernte Verkäufer, der 27 Jahre bei einem Grossverteiler gearbeitet hat, sein Konzept zu verwirklichen. Nach dem Kauf der Scheune mit Stall an der Dorfstrasse 28, baute er die Liegenschaft zur heutigen Asper Handlung um. Wie der Name schon verrät, ist es mehr als nur ein Laden. Windisch hat sich für ein Konzept entschieden, bei welchem er selber bestimmen kann, bei wem er was und vor allem wieviel einkauft. «Die Mindestabnahmemenge, wie sie grosse Ladenketten verlangen, hätten wir nicht garantieren können», sagt der Besitzer der Einzelfirma. Dreimal pro Woche holt Windisch einen grossen Teil der Ware selbst bei den Lieferanten ab. Dies sind mittlerweile mehr als 20 an der Zahl.

Es braucht «Fingerspitzengefühl»
«Der logistische und administrative Aufwand ist höher», sagt Windisch. Und es braucht auch «Fingerspitzengefühl», welche Produkte und in welcher Zahl diese gebraucht werden. Der Asper setzt vor allem auf regionale Spezialitäten. Seinem ursprünglichen Konzept, Waren von verschiedenen Bauernhöfen und aus der Region an einem zentralen Ort anzubieten, kommt er sehr nahe.

Dank dem guten Netzwerk, das sich Windisch in den letzten Jahren aufgebaut hat, findet man da im «Tante-Emma-Laden» zwischen Schnürsenkeln, Kerzen, Fleisch und Käse im Offenverkauf, auch Spezialitäten aus Asp, der Region und der Welt. So etwa die Lachsforelle. Im Gespräch verrät Windisch, dass diese zwar nicht aus Asper Gewässern, jedoch aus Asper Produktion stammt. Und mit einem Schmunzeln ergänzt Windisch: «Graved bedeutet mariniert, nicht geräuchert.» Ein paar Asper tragen mit einer Eigenkreation dazu bei, dass auch ein lokaler Wein im Sortiment steht. Plötzlich wird das Gespräch kurz unterbrochen: Ein Asper bringt noch zwei kleine Päckchen getrocknete Morcheln vorbei, die Windisch kurz zuvor bei ihm bestellt hatte.

Das Ganze tönt alles sehr schön. Aber kann man als Besitzer eines solchen Ladens überleben? «Ja, wir leben nicht schlecht. Dafür müssen wir auch hart arbeiten. Wir wissen aber wofür. Den Entscheid haben wir nie bereut», sagt der Vater zweier Kinder (die Tochter hat Grafik-Design studiert und der Sohn befindet sich in der Ausbildung zum Informatiker). Windisch verhehlt jedoch nicht, dass er vom Laden alleine nicht bestehen könnte. Deshalb heisse es auch Asper Handlung. So beliefert er mittlerweile auch Geschäfte, wie etwa den Dorfladen in Oberflachs, mit dem feinen Jurapark-Brot. «Beliebt sind auch unsere Sandwiches. Nicht nur von unseren Direktkunden, sondern wir beliefern auch regelmässig Geschäfte damit», so Rolf Windisch.

Und wird es die Handlung beziehungsweise den Dorfladen auch in acht oder zehn Jahren noch geben? «Ja, davon bin ich überzeugt», sagt Windisch. «Bei den heutigen jungen Leuten findet bereits ein Umdenken statt. Sie sind umweltbewusster und denken ökologischer.» Der Asper ist sich bewusst, dass er preislich nicht mit den Grossverteilern mithalten kann. Dennoch: «Man kann entschleunigter einkaufen und hat keine zusätzlichen Kosten für Auto und Benzin. Deshalb bin ich überzeugt, dass es unter dem Strich für die Konsumenten günstiger wäre, wieder vermehrt im Dorfladen einzukaufen.» Weil man im Asper Laden mit modernsten Hilfsmitteln arbeitet, sei der Begriff «Tante Emma» etwas «altbacken». «Heute heisst das Alibaba», sagt Windisch. Der Dorfladen hat auch einen sozialen Aspekt; er ist ein Treffpunkt. Und er bietet auch Arbeitsplätze in der Region. Nebst Rolf und Theres Windisch arbeiten noch vier weitere Personen in der Asper Handlung; sie teilen sich total zirka 250 Stellenprozente.

Erhalt des Restaurants
Auch ein Restaurant ist ein Treffpunkt. Deshalb dürften die Asper derzeit doppelten Grund zur Freude haben. Das eingangs erwähnte Restaurant Jura kauft Robert Wernli aus Asp. «Das Hauptziel», so Wernli, «ist der Erhalt des Restaurants im Dorfkern von Asp». Der ehemalige und langjährige Dirigent der Musikgesellschaft Asp will damit ein praktisches Zeichen setzen «gegen das drohende allgemeine Aussterben der Dorfkerne in den ländlichen Gebieten». Wann genau das Restaurant seine Türen wieder öffnen wird, ist noch unklar. Wie Wernli jedoch sagt: «Den ‹Schniider›, so nennen wir das Restaurant, das sich seit 1911, also über 100 Jahre im Eigentum der Familie Schneider befindet, soll nicht lange geschlossen bleiben. Die ersten Gespräche mit interessierten Pächtern finden bald statt. Wir haben jedoch keinen Zeitdruck.»

Übrigens: Der Skilift in Asp war der erste Skilift im Aargau. Und: Windisch verarbeitet pro Monat eine halbe Tonne Mehl (von der Wittnauer Altbachmühle).


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