«Ich wollte die Welt verstehen»

  13.01.2019 Ueken

Simone Schmid kam über die Geographie zum Film

In Ueken war sie Kind, im Baselbiet wurde sie erwachsen und es begann ihre Suche nach einem Weg, die Welt zu verstehen. Als Drehbuchautorin von «Zwingli» hat die studierte Geographin und ausgebildete Journalistin gerade eben ein wichtiges Etappenziel erreicht.

Simone Rufli

«Ich habe oft überlegt, weshalb ich Geographie studiert habe und später Journalismus.» Simone Schmid hält inne, wie wenn sie gerade noch einmal darüber nachdenken müsste. «Ich glaube», nimmt sie den Faden wieder auf, «beides hat mit meinem Bedürfnis zu tun, die Welt verstehen zu wollen.» Dazu gehört auch ihr Interesse an der Auseinandersetzung mit Menschen, die die Welt bewegten. Einer von ihnen ist Huldrych Zwingli. Seine Welt versteht die 39-Jährige nun viel besser, seit sie vor fünf Jahren angefragt wurde, ob sie das Drehbuch für die Verfilmung des Lebens des Zürcher Reformators schreiben würde. Und dabei hatte sie die Anfrage doch beinahe abgelehnt. Doch alles schön der Reihe nach:

Simone Schmid lebte in Ueken bis sie zehn Jahre alt war. Besuchte im Dorf den Kindergarten und die Primarschule. Als sich die Eltern trennten, zog sie mit der Mutter ins Baselbiet nach Reinach, kehrte für Ferien und an vielen Wochenenden aber immer wieder ins Fricktal zurück. «Zuletzt war ich über Weihnachten in Ueken», so Schmid, die heute mit ihrem Partner abwechselnd in Zürich und im Tessin lebt. «Ich bin gerade daran, italienisch zu lernen.»

Weichenstellung im Nebelwald
Den ersten Kontakt zur Film- und Kunstwelt hatte die junge Frau gegen Ende des Geographie-Studiums. «Ich machte in Costa Rica meine Master-Arbeit. Zu diesem Zweck war ich mit wissenschaftlichen Messungen im Nebelwald beschäftigt, bemerkte aber gleichzeitig, wie mich die Arbeit meines damaligen Freundes, eines Filmemachers, viel mehr interessierte. Die Streifzüge mit der Kamera durch den Nebelwald – eine spezielle Art Regenwald – faszinierten mich weit mehr als meine Messungen.» Rund 15 Jahre ist das nun her. «Damals», erinnert sich Schmid, «hatte ich ganz plötzlich das Gefühl, dass ich völlig das falsche studiert habe.»

Zaghafte Versuche in der Clubschule
Sie begann journalistisch tätig zu werden, schrieb unter anderem über Outdoor-Themen. Später studierte sie Journalismus in Hamburg und Luzern und arbeitete acht Jahre lang in einem 60-Prozent-Pensum als Wissenschafts-Redaktorin für die «NZZ am Sonntag» und im Rechercheteam des «Tages-Anzeiger». «Ich war sehr neugierig und schrieb immer über sehr viele verschiedene Themen.» Immer mehr wurde ihr bewusst, dass da noch andere Geschichten darauf warteten, erzählt zu werden. Und das in einer Form, die die journalistischen Gefässe sprengten. Noch nicht ganz sicher, wohin der Weg führen soll, belegte sie den ersten Kurs im Drehbuchschreiben noch an der Migros-Clubschule in Zürich. «Begleitet von der Angst, dass es nur ein Traum ist und mein Wunsch, ein Drehbuch zu schreiben, im Leben nicht ‹verhebt›.» 2014 schliesslich absolvierte sie berufsbegleitend die Drehbuchwerkstatt München. Bevor nun am Sonntag ihr Kinofilm «Zwingli» in Fricks Monti gezeigt wird, war Simone Schmid unter anderem schon als Co-Autorin bei drei Staffeln der Schweizer Erfolgs-Krimiserie «Der Bestatter» tätig. «Mein Glück war, dass das Schweizer Fernsehen, gerade als ich meine Ausbildung in München abgeschlossen hatte, Nachwuchsautoren suchte.» Blickt Schmid auf diese Zeit zurück, spricht sie von einer «grossartigen Chance» und davon, dass sie im «Bestatter»-Team sehr viel gelernt habe. «Heute kann ich in dem Beruf als Drehbuchautorin bestehen.» In einem Beruf, in dem Teamarbeit zentral und Vernetzungen überlebenswichtig sind.

Um ein Haar abgelehnt
Und wie war das nun mit dem Projekt Zwingli? «Eine Agentin kam in München auf mich zu, sagte, es werde eine Schweizer Drehbuchautorin für einen Film über den Zürcher Reformator gesucht.» Schmid lacht und erzählt, wie sie um ein Haar abgelehnt hätte. Zu streng, zu negativ behaftet erschien ihr die Person des Reformators. «Co-Produzent Mario Krebs hat mir dann Originaltexte von Zwingli geschickt. Was ich an Kämpferischem, Demokratischem und Bewegendem darin las, erstaunte mich und ich dachte mir, viele Menschen werden auch staunen, wenn es gelingt, diese Seiten im Film sichtbar zu machen.»

Vier Jahre und 15 Drehbuch-Fassungen später ist Simone Schmid erneut um wertvolle Erfahrungen reicher. «So ein Drehbuch schreibt sich nur mit Hilfe von wiederkehrenden Diskussionen und im konstanten Austausch mit dem Regisseur und den Produzenten. Mit ihnen musste ich mich über die wichtigen Fragen einigen. Es ist ein permanentes Suchen und Umstrukturieren.» Und dabei ist es nicht das einzige Projekt, das Schmid in den letzten vier, fünf Jahren verfolgte. «Ich arbeite in der Regel an drei Projekten in unterschiedlichen Stadien parallel.»

Apropos Arbeit. «Was ich über Geographie gelernt habe, hilft mir bei meiner Drehbuch-Arbeit zwar nicht direkt. Doch bei der Recherche profitiere ich von der wissenschaftlichen Ausbildung», betont Schmid. Beim Schreiben arbeite sie sowohl sehr strukturiert als auch intuitiv. «Am Ende muss das Drehbuch auf den verschiedensten Ebenen in sich stimmig sein.»

Den Bericht zum Film «Zwingli», der am Sonntag, 13. Januar, in Fricks Monti gezeigt wird, lesen Sie auf Seite 9.


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